Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
konnte er sie erkennen, so klar wie er sie gesehen hatte, als er sie besucht und ihren schrecklich bitteren Kräutertee getrunken hatte. Sie hatte gelächelt, wie sie auch jetzt lächelte. Nur damals hatte er die Wand hinter ihr nicht durch ihren Körper hindurch sehen können.
Sie war tot, doch sie sah zu, wie er sich vor Schmerzen auf dem Boden wand und seine Verzweiflung hinausheulte.
„Kath! Es tut mir leid!“, schrie er ihr zu. „Ich weiß nicht, wie das geschehen konnte. Ich hatte es bis dahin immer unter Kontrolle . Es tut mir leid. Vergib mir. Du musst mir vergeben. Bitte!“
Schon war sie verschwunden. Vielleicht war sie auch nie dagewesen. Wie auch? Sie war tot.
„Na also. Das war doch schon fast ein Geständnis“, sagte der Pfarrer. „Weiter! Dir wird es besser gehen, wenn du gestanden und bereut hast. Gott mag dir vielleicht sogar vergeben. Wir sind sein Feuer und sein Schwert. Und du bist nichts, nicht der Besitzer dieser Ländereien. Auch kein Bürger dieses Königreichs! Kein gesetzestreuer Mann. Menschenrechte gelten nicht für Ungeheuer. Du bist nichts als ein seelenloses Tier. Werwolf! Wolfsbestie! Gib zu, dass du ein Hexenmeister bist. Gib zu, dass du dich in eine seelenlose Kreatur verwandelst, um dich an Christenmenschen gütlich zu tun. Gestehe, und alles wird besser. Der Schmerz kann enden. Stell dir nur vor – der Schmerz hört auf.“
Eine neue Welle an Agonie schnitt durch seinen Körper, und ein eisiger Nebel legte sich über seine Gedanken. Mit jeder Attacke stießen sie ihn weiter, machten ihn zu etwas, das er nicht sein wollte. Sein Körper flüchtete sich aus der Menschlichkeit. Er versuchte, sich daran festzuhalten, doch er hatte schon verloren.
„Ich wollte das nicht!“, hörte er sich schreien. „Es ist einfach geschehen. Sie hat mir etwas zu trinken gegeben, und dann …“
Da stand sie wieder, diesmal direkt neben dem Priester, und lächelte wehmütig mit ihrem beinahe zahnlosen Mund.
„Kath“, rief er. „Es tut mir leid! Was immer du mir da gegeben hast, das muss …“ Er konnte nicht weitersprechen. Der Schmerz war inzwischen unerträglich. Er brannte ihn zur bewegungslosen Statue.
„Löwenschwanz und Bärenschweif, Wolfskraut, Herzkraut, Engeltrank“, skandierte die alte Frau, deren Stimme direkt in Richards Ohr zu schallen schien. „Hat nichts genützt.“
Nun bewegte sich der Magier, sprang hinüber zum Priester, nahm ihn am Ärmel und zog.
„Kommen Sie schnell weg da!“, drängte er. „Da ist irgendetwas bei Ihnen. Ich kann es nicht erkennen, aber es beugt die Energielinien. Eine Art Erscheinung.“
Für einen so korpulenten Mann konnte der Pfarrer sich erstaunlich schnell bewegen.
Der dritte Mann rührte sich nicht von der Stelle. Als wäre Richard schuld an der Erscheinung, trat er ihn gerade noch einmal.
„Was ist es?“, zischte der Priester. „Hat er es beschworen?“
„Ich weiß nicht, was es ist. Wenn er es beschworen hat, so verfügt er über Kenntnisse und Möglichkeiten, die weit über das hinausgehen, was ich ihm bislang zugetraut habe.“
„Wir sollten ihn besser gleich töten“, schlug der Mönch vor, der aufgehört hatte, Richard zu treten, aber dennoch nicht auf die andere Seite des Raumes wich. Er blieb, wo seine Pflicht ihn hingestellt hatte.
Richard konzentrierte sich auf seine Atmung. Der Schmerz machte das schwierig.
„Ich wollte dir nicht wehtun. Ich kam, um zu helfen“, flüsterte Richard beinahe stimmlos. Er konnte die Erscheinung nicht mehr sehen. Und er nahm auch nichts mehr so wahr, wie er es sonst tat. Seine Sehweise hatte sich verändert. Er veränderte sich.
„Ich wollte dir nicht wehtun. Ich kam, um zu helfen“, erschallte das Echo in seinem Kopf, das von ihm selbst stammen konnte oder auch aus einer anderen Quelle.
„Weg. Es ist weg. Vollständig verschwunden“, sagte der Magier.
„Was kann es gewesen sein?“
„Tote Energie. Das Residuum einer vergangenen Existenz vielleicht. Eine Erinnerung, die diese Mauern bergen? Wer weiß?“
„Ein Geist?“
„Vielleicht. Wünschen Sie, dass ich nach dem Phänomen suche? Oder wollen wir lieber in der Befragung fortfahren?“
„Könnte es zurückkommen?“
„Theoretisch ist das immer möglich. Der Äther ist in dieser Gegend angefüllt mit aufgestauter Energie. Ihre Wildheit unterstützt die Mächte der Verdammnis. Zivilisation ist Ordnung und …“
Der Priester unterbrach ihn.
„… und Unordnung ist des Teufels Vorbote. – Führen Sie die
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