Schwingen der Lust
den frühen Morgenstunden aufgehört hatten.
Wir sehen uns wieder.
Bald!
Axel
Das war alles, was auf dem kleinen Grußkärtchen stand - und gleichzeitig, wie sie gerade merkte, auch alles, was es brauchte, Maggie noch einmal lächeln zu lassen.
Jetzt kannte sie also seinen Namen. Axel.
Mit der Fingerspitze fuhr sie versonnen die fein gezogenen, aber dafür weit geschwungenen Linien der vier Buchstaben nach. Sie musste daran denken, wie sie gestern Nacht dasselbe mit den manchmal blasser, manchmal intensiver erscheinenden feinen Linien auf seiner Brust und Schulter getan hatte.
Diese Linien hatten es ihr angetan. Sie nahm einen Zettel und einen Stift und zeichnete sie aus dem Gedächtnis nach. Von unten nach oben. Vom Zentrum seiner Brust, über die breiten Schultern hinweg, wo sie zwischen den Schulterblättern wieder zusammenliefen.
Gleich nach dem Schreiben war Zeichnen ihr zweites großes Hobby, und es fiel ihr nicht schwer, das verschlungene Muster in all seinen Feinheiten wiederherzustellen.
Wieder fiel ihr auf, wie seltsam vertraut ihr einzelne Elemente des Musters erschienen, und sie betrachtete es genauer. Eine ganze Weile lang konnte sie es nicht zuordnen und malte es immer und immer wieder nach. Und dann nur einzelne Teile davon. Da endlich erkannte sie, was ihr so vertraut erschienen war.
Es waren Buchstaben. Buchstaben aus dem Hebräischen Alphabet. Sie hatte sie einmal für die Recherche zu einem ihrer historischen Romane studiert.
Sie schrieb sie heraus: Dann ging sie an ihr Notebook und suchte unter ihren Arbeitsdateien nach dem Alphabet. Schon nach wenigen Momenten war sie fündig geworden und verglich die Tabelle mit den drei Lettern. Von rechts nach links in der Schreibart des Hebräischen gelesen, waren das Ayin, Alef und Lamed. Jeder von ihnen tauchte in der
Zeichnung vier Mal auf. Gespiegelt und gedreht und dann kunstvoll miteinander verbunden.
Was mochten sie wohl bedeuten? Vor allem, was mochten sie Axel bedeuten, dass er sie sich auf den Körper hatte zeichnen lassen? Obwohl Maggie nicht einmal sicher war, ob es sich bei den Linien um ein besonders filigran gearbeitetes Tattoo oder um ein Cutting handelte - fein mit einem Skalpell in die Haut geschnittene Muster, die als Narben nur feinste Linien hinterließen.
Sie beschloss, Axel bei ihrem nächsten Treffen danach zu fragen. Jetzt musste sie sich erst einmal fertig machen. Sie brauchte ein neues Auto.
Und sie musste sich unbedingt mit Larry, ihrem Lektor, treffen, ehe der Verlag ihr Buch wie angekündigt aus dem Programm nahm. Denn sie hatte da eine Idee.
Vier Stunden später betrat Maggie das Verlagsgebäude in noch besserer Laune. Sie kam gerade aus dem Diamond District - 1 West 47th Street - und hatte dort die fünf Diamanten verkauft, die Axel ihr gestern Nacht als Entschädigung für ihren Wagen gegeben hatte. Nachdem sie sich in dreien der Läden Angebote machen lassen und sie sorgfältig miteinander verglichen hatte, war es ihr nach einigem Feilschen tatsächlich gelungen, dafür einhundertfünfzigtausend Dollar herauszuschlagen. Ein Vielfaches des Wertes, den der Pfandleiher behauptet hatte.
Maggie hatte noch nie so viel Geld in den Händen gehabt, und die vielen großen Scheine bei sich zu tragen, hatte sie nervös gemacht.
Kaum hatte sie damit die Straße betreten, hatte sie das Gefühl gehabt, dass man ihr an der Nasenspitze ansehen konnte, dass sie so viel Geld bei sich trug und jeder zweite Fußgänger, dem sie begegnete, schien sie eingehend zu mustern, was augenblicklich die Erinnerung an den Überfall von gestern Abend zurückgebracht hatte. Deswegen hatte sie sich beeilt, einen großen Teil der Summe umgehend auf die Bank zu bringen, wo sie auch gleich die überfällige Miete überwies. Dann war sie mit dem Bus zu einem Autohändler gefahren und hatte sich ein funkelnagelneues, schnuckeliges Audi A3 Cabrio in mitternachtsschwarz mit roten Ledersitzen gekauft.
Das erste neu gekaufte Auto ihres Lebens. Ein umwerfendes Gefühl. Wie sehr unterschied sich doch dieser Vormittag von dem gestrigen.
Anschließend war sie direkt und ohne Umwege hierhergefahren. Nun ja - beinahe ohne Umwege. Nach zwei, drei kleinen Zwischenstopps in der einen oder anderen Boutique ... einem neuen Kleid, einem Paar Jeans, ein paar Shirts und Blusen, zwei winzigen, aber für ihre Verhältnisse sündhaft teuren Sets Spitzendessous und einem traumhaft weichen und bequemen Paar Stiefel. Maggie fand, dass das nicht zu viel war dafür, dass
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