Schwur der Sünderin
damit sie wusste, wo er zu finden war.
Und Else würde seinen Schlupfwinkel nur ausgewählten Menschen verraten, das wussten die Männer.
Zufrieden sagte Joß: »Erzähl mir, warum dich dein Vater zu mir schickt.«
»Es geht um Pfeddersheim, soll ich dir ausrichten.«
Als Joß den Namen der freien Reichsstadt hörte, blickte er erstaunt auf. »Ich bin vor einigen Jahren in dieser Stadt gewesen, als ich zum Reichstag nach Worms unterwegs war. Wo will mich dein Vater treffen?«, fragte er sofort, da ihn ein ungutes Gefühl beschlich.
»Es war schlau von dir, deinen Sohn vorzuschicken, Eckbert«, sagte Joß und schaute den Mann anerkennend an. Sie saßen unter einem dicken Baum am Waldesrand, von wo aus sie über eine weite Ebene blicken konnten. Mit einigem Abstand hatten sich die Getreuen von Joß Fritz postiert, um den Wald zu beobachten, damit sie aus dieser Richtung nicht von ungebetenen Gästen überrascht würden.
»Ich wusste, dass Heinrich dich finden würde«, sagte der Bauer stolz. »Da man einem Kind kaum Beachtung schenkt, konnte ich mir sicher sein, dass ihm niemand folgen wird.«
»Was hast du mir zu sagen?«, fragte Joß Fritz, der immer noch nicht glauben konnte, dass ihn sein Weggefährte aus vergangener Zeit gefunden hatte.
Eckbert blickte seinen ehemaligen Anführer ernst an, um dann mit starrem Blick über die Weide zu schauen. »Fast jeder im Reich weiß, dass Joß Fritz wieder da ist und einen neuen Bundschuh-Aufstand plant. Viele bauen auf dich und sind erneut entschlossen, gegen Adel und Klerus loszuziehen.« Mit einem tiefen Seufzer, den Joß nicht deuten konnte, sagte der Freund: »Deine Rückkehr ermuntert manche Menschen aber auch, Dinge zu tun, die sie und andere das Leben kosten.«
»Wie meinst du das?«, fragte Joß, und Eckbert erklärte:
»Im Alzeyer Land haben wild gewordene Bauernscharen aus Wut über zu hohe Abgaben und ungerechte Frondienste zahlreiche Klöster und Adelsgüter geplündert und verwüstet. Ihr Vorgehen ist rohe Gewalt. Aber nicht nur die Bauern leiden unter den Abgaben, sondern auch die Einwohner von Pfeddersheim. Dort besitzen Klerus, Adel und die Stifte über ein Drittel der Anbauflächen, und es ist fast ausschließlich ertragreiches und wertvolles Land, das ihnen gehört. Den Pfeddersheimer Bürgern hingegen gehört das schlechte Land, aus dessen Ertrag sie auch Abgaben bezahlen müssen. Durch den Aufmarsch der rebellischen Bauernschar sahen die Pfeddersheimer eine Möglichkeit gekommen, sich zu wehren, und öffneten dem Bauernhaufen die Tore. Fast 8000 Männer strömten in die Stadt, aus der sich ihnen manch böser Bube anschloss. Es sind viele Aufrührer darunter, die niemand sonst will, weil sie vor nichts zurückschrecken.«
Joß nickte. »Ich kenne diese Sorte Mensch, die solche Gelegenheiten nutzen, um Unruhe zu stiften.«
»Du kannst dir vorstellen, Joß«, fuhr sein Freund fort, »dass Kurfürst Ludwig von der Pfalz das nicht duldete und mit seinem Heer aufmarschiert ist.« Eckbert schluckte schwer. »Obwohl das Bauernheer zahlenmäßig fast gleich stark wie das Fürstenheer war, hatten die Bauern ebenso wie die Pfeddersheimer keine Aussicht, den Kampf zu gewinnen.«
»Ich kann mir denken, warum«, erklärte Joß nachdenklich und zeigte es mit Hilfe der Finger auf: »Der Bauernhaufen hatte keine geschulten Führungsleute, nur unzureichende Waffen und keine Strategie.«
Eckberts Mund formte sich zu einem zaghaften Lächeln. »Du hast den Weitblick, der anderen fehlt. Daran merkt man, dass du zu Höherem geboren bist«, schmeichelte er seinem Freund und fuhr fort: »Gegen Kavallerie und Artillerie des Fürsten waren die
Aufständischen hoffnungslos unterlegen. Ähnlich wie in Frankenhausen haben einige tausend Menschen ihr Leben verloren. Die Söldner metzelten sie regelrecht nieder. Zahlreiche Gefangene, vor allem die Pfeddersheimer Rädelsführer, wurden nach der Schlacht auf dem Marktplatz hingerichtet.« Eckbert wischte sich über die Augen. »Erneut haben die Bauern verloren.«
Joß Fritz pflichtete ihm kopfschüttelnd bei: »Wieder ist eine Schlacht zugunsten der Fürsten ausgegangen. Aber warum erzählst du mir das, Eckbert?« Joß blickte seinen einstigen Kampfgefährten nachdenklich an.
»Ein übler Bursche, dem ein Ohr fehlt, erzählt, dass du die Bauern in den Tod geführt hättest.«
»Was?«, rief Joß und glaubte, sich verhört zu haben.
»Es ist ein Mensch der übelsten Sorte«, wollte Eckbert erklären, als Joß ihn zornig
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