Schwur der Sünderin
nach Hause machen, während Joß und Kilian Richtung Elsass reiten wollten. Bevor er sich endgültig von seinen
Anhängern verabschiedete, bat er: »Einer von euch muss zu meiner Frau Else nach Lehen reiten und ihr erklären, warum ich fort musste.«
Die Männer nickten. »Du kannst dich auf uns verlassen«, sagten sie.
»Das mit der Schwarzen Hofmännin dürft ihr meiner Frau nicht unter die Nase reiben«, befahl Joß verschmitzt lächelnd, worauf lautes Gelächter ausbrach.
»Auch das versprechen wir dir«, gluckste einer der Männer.
Nachdem sie sich ein letztes Mal die Hände gereicht hatten, saßen sie auf und ritten von dannen.
Joß Fritz und Kilian ritten rastlos, bis Rosse und Reiter nassgeschwitzt waren. Da sie jegliche Siedlungen mieden, mussten sie zeitaufwendige Umwege in Kauf nehmen. Erst am frühen Abend sahen sie den Rhein vor sich, an dessen Ufer die Stadt Neuenburg lag. Von dort wollten sie auf die andere Seite des Flusses gelangen.
Die Männer blickten von einer Anhöhe auf die Stadt und trauten ihren Augen nicht. Schon von Weitem konnten sie die Verwüstung erkennen, die sich auf Gassen und Plätzen abzeichnete. Da sie keine Ahnung hatten, was geschehen war, wollten sie eine alte Bäuerin fragen, die sie bei der Feldarbeit sahen. Kilian und Joß gaben ihren Pferden die Sporen und rissen erst kurz vor der Frau an den Zügeln, sodass die Gäule stehen blieben. Erstaunt schaute die Alte zu ihnen hoch und erhob sich schwerfällig von den Knien.
»Kannst du uns sagen, Bäuerin, was in der Stadt dort drüben am Rhein geschehen ist?«, fragte Joß und zeigte in die Richtung.
Sie streckte ihr krummes Rückgrat durch und zog ihr Kopftuch aus der Stirn, dann krächzte sie: »Vor wenigen Tagen hat Neuenburg ein furchtbares Hochwasser heimgesucht. Die halbe Stadt ist zerstört, und sogar vom schönen Münster ist nur
noch der Chor stehen geblieben.« Mit bekümmertem Blick sah sie zum Himmel und bekreuzigte sich.
»Können wir hier dennoch den Rhein überqueren?«, wollte Joß wissen, worauf die Frau heftig den Kopf schüttelte.
»Bist du von Sinnen? Die Brücken wurden weggeschwemmt, und überall liegen Baumstämme und Geröll umher. Auch ist der Boden dick mit Flussschlamm bedeckt. Ihr müsst euch schon einen anderen Übergang suchen, wenn ihr auf der anderen Seite ankommen wollt«, sagte sie und wandte sich ab, um sich wieder ihrer Feldarbeit zu widmen.
»Kannst du uns raten, wo wir über das Ufer setzen können?«, fragte Kilian und hielt ihr, als sie sich ihm zuwandte, einen Viertelpfennig unter die Nase.
Die Augen der Frau glänzten, als sie das Geld sah, und sie griff sofort danach.
Doch Kilian zog die Münze lachend weg. »Erst musst du uns einen Übergang nennen.«
Die Alte griente und erklärte: »Ihr müsst in Richtung Bamlach reiten, denn die Ortschaft besitzt die Fähre zu Rheinweiler. Es ist die einzige Überfahrt zwischen Istein und Neuenburg. Und ich verrate euch noch etwas: Der Fährmann wird sich nicht mit einem Viertelpfennig abspeisen lassen.« Sie lachte laut, sodass die beiden Männer in ihren zahnlosen Mund blicken konnten.
Als Kilian und Joß die Fähre erreichten, war es schon spät, und der Fährmann setzte nicht mehr über. Selbst als Joß den Fahrpreis erhöhte, blieb der Mann hartnäckig.
»Ihr müsst bis morgen früh warten oder hinüberschwimmen«, schimpfte er. »Durch das Hochwasser der letzten Tage treiben Baumstämme und Unrat im Rhein, den ich bei Nacht nicht sehen kann. Ich lasse mir wegen euch nicht die Fähre zerschlagen«, brummte er und ging ins Haus, ohne die beiden Männer eines weiteren Blickes zu würdigen.
Da die Nacht mild und trocken war, beschlossen Kilian und Joß, auf einer Obstbaumwiese in der Nähe des Rheins zu nächtigen.
»So sind wir morgen als Erste auf der Fähre«, sagte Joß und sattelte sein Pferd ab. Anschließend rammte er einen dicken Stock in den Boden, an dem er den Führstrick des Gauls befestigte, sodass er grasen, aber nicht weglaufen konnte. Kilians Pferd fraß bereits in sicherem Abstand das raue Gras und schnaubte leise vor sich hin. Die Männer suchten unter den Bäumen trockene Äste zusammen und entfachten ein Feuer. Nachdem sie ihr karges Abendessen zu sich genommen hatten, zündete sich Joß seine Pfeife an.
»Was sind deine Gründe, Ulrich von Württemberg aufzusuchen?« , fragte Kilian wie beiläufig am Rande ihres unverfänglichen Gesprächs, das sie, ins Feuer starrend, führten.
Joß kaute auf seinem
Weitere Kostenlose Bücher