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Schwur der Sünderin

Schwur der Sünderin

Titel: Schwur der Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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Die Augen des Alten bekamen einen eigentümlichen Glanz, als er in die Ferne starrte. »Fritz sprach, und kaum einer wagte zu atmen, denn er hat die besondere Begabung, die Menschen in seinen Bann zu ziehen. Ich stand in der letzten Reihe und konnte ihn hören, aber nicht sehen. Seine Stimme werde ich nie vergessen.« Der Alte sah Joß fest in die Augen: »Ich fühle mich geehrt, den großen Joß Fritz endlich auch zu sehen«, flüsterte er und reichte ihm die Hand.
    Hauser ließ sein Messer los. »Gehörst du zu denen, die sie gefangen genommen haben?«, fragte er.
    Der Alte nickte. »Wie wir wissen, wurde auch dieser Aufstand verraten und viele unserer Mitstreiter getötet und andere gefoltert. Mir haben sie die Finger abgehackt und den Rücken … Ach, es ist lange her«, seufzte er. »Wir alle waren erleichtert, dass sie dich nicht erwischten, Joß.«
    Hauser nickte, als Johann mahnte: »Die Zeit drängt.«
    Joß nahm die kleine Glasflasche mit dem Gebräu, das Veit in einen Tiefschlaf versetzen sollte, aus der Innentasche seines Umhangs und zählte die Tropfen, die in das Wasser fielen. Mit dem Zeigefinger rührte er das Gemisch um.
    »Heb den Kopf deines Bruders«, sagte er zu Johann.
    Kaum fasste er Veit an, stöhnte dieser auf.
    »Veit, ich bin es, dein Bruder«, flüsterte Johann dicht an seinem Ohr. »Wir sind gekommen, um dich zu befreien. Anna Maria wartet auf dich. Aber du musst das Gebräu trinken. Hörst du? Du musst es hinunterschlucken, damit der Schmerz nachlässt.«
    Joß hielt ihm den Becher an die aufgeplatzten und geschwollenen Lippen. Langsam ließ er das Wassergemisch in Veits Mund fließen. Veit würgte und hustete und schrie vor Schmerzen auf.

    »Trink!«, flüsterte Joß. »Schon bald wirst du nichts mehr spüren.«
    Und Veit schluckte, bis der Becher leer war.
    Joß wartete einige Augenblicke, damit das Mittel wirken konnte. Zur Probe hob er Veits zertrümmertes Bein an, und als er sich nicht regte, wusste er, dass das Mittel ihn betäubt hatte. »Es ist so weit«, murmelte er. Johann und Hauser hoben den Verletzten hoch.
    Joß’ Blick streifte den Alten. »Bist du bereit?«
    Der Kerkermeister nickte und folgte ihnen nach oben.

    Anna Maria stand hinter dem Haus und übergab sich zum wiederholten Male.
    »Was hast du?«, fragte Fleischhauer besorgt.
    »Der Geruch in deinem Haus schlägt mir auf den Magen«, sagte sie und setzte sich auf einen Stuhl, den der Arzt ihr hinschob. Verlegen räumte Fleischhauer die leeren Schnapsflaschen und den Krug mit dem sauren Wein vom Tisch. Anna Marias Blick folgte ihm, als sie plötzlich glaubte, draußen ein Geräusch zu hören. Hastig sprang sie auf und lief zur Haustür hinaus, um nachzuschauen. Aber da war niemand. Die Gasse wirkte in der Nacht wie ausgestorben.
    Anna Maria kam enttäuscht zurück ins Haus, schloss die Tür und sah, wie Fleischhauer in ranzigen Käse biss. Der Geruch stieg ihr in die Nase, sodass sie wieder zur Hintertür hinausstürmte. Nach einer Weile setzte sie sich erschöpft auf den Stuhl zurück.
    »Seit wann geht das so?«, fragte Fleischhauer besorgt.
    »Was?«
    »Dass dir unwohl ist.«
    »Seit ich aus Lehen zurück bin. Else meint, dass ich ein Fieber ausbrüten würde.«

    Fleischhauer blickte sie lachend an. »Vielleicht hat das Fieber zwei Beine und zwei Arme.«
    »Wie meinst du das?«
    »Im Herbst wirst du es vielleicht selbst herausfinden.«
    Anna Maria dämmerte, was er meinte. »Du solltest dir eine Frau suchen, die Ordnung schafft«, fauchte sie. »In diesem Haus ist es dreckiger als in unserem Schweinestall. Kein Wunder, dass mir übel wird.«
    Fleischhauer sagte nichts dazu und verschlang den Rest des Käses.
    »Wie lange dauert das nur?«, murmelte Anna Maria und blickte Fleischhauer an, der sich ihr gegenüber hinsetzte. »Hoffentlich werden sie nicht entdeckt«, sagte sie besorgt.
    Endlich waren hinter dem Haus Geratter und leise Stimmen zu hören. Anna Maria sprang auf und öffnete die Hintertür einen Spalt, als sie grob zur Seite gestoßen wurde.
    »Du stehst im Weg«, schnauzte ihr Vater verhalten und drängte sich an ihr vorbei. »Wo können wir ihn hinlegen?«, erkundigte sich Joß bei dem Arzt, der nach oben zeigte.
    »Wie sollen wir ihn die enge Stiege hinaufschaffen?«, fragte Joß gereizt.
    »Dort oben wird ihn niemand vermuten!«, verteidigte Fleischhauer seinen Vorschlag.
    Johann trat neben sie beide und schaute zur Stiege. »Veit ist leicht wie eine Feder geworden. Ich kann ihn allein

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