Schwur des Blutes
springen lassen, ihn so lange schütteln, bis die Geschehnisse aus ihm herauspurzelten, aber er bewegte sich keinen Deut von seiner Frau weg. Irgendetwas war hier vorgefallen und er würde dahinterkommen, was! Dass Cira ihm die Wahrheit erzählen würde, war sonnenklar. Aus diesem Grund nötigte er seinen Kumpel mit starrem Blick, endlich das Maul aufzumachen, doch Nyls Miene blieb verschlossen wie eh und je, als wäre er ein Unschuldsengel und kein Tribor. „Was ist los, verdammt?“
„Sie hat mich beim Trinken überrascht.“
Jonas checkte nochmals das Innere und Äußere von Ciras Körper, indem er seine Wahrnehmung durch ihre Nervenbahnen schickte. Druckstellen an ihrem Hals … Zorn brodelte auf, bis ihm einfiel, dass diese auch vom Kampf gegen den Satyr stammen könnten. Aber waren die Verletzungen an den Blutgefäßen unter der Haut nicht zu frisch? Ihr Puls ging beinahe normal, dennoch wühlte sie etwas auf. „Du solltest auf sie achten und dir nicht das Gehirn rausvögeln lassen.“
„Das habe ich.“ Nyl stand langsam vom Schreibtisch auf und baute sich vor Jonas auf. Die oberflächliche Ruhe konnte nicht über das von Nyl ausgeschüttete Adrenalin hinwegtäuschen. „Ich hätte jeden gewittert, der sich der ‚Silver Angel‘ genähert hätte. Dich spürte ich, bevor du meilenweit entfernt ins Wasser gesprungen bist.“
Jonas’ Zähne knirschten. Es kostete ihn Überwindung, sich Cira mit einem sanfteren Gesichtsausdruck zuzuwenden. Sie nickte ihm zu, warf einen Blick auf Ny’lane und presste die Lippen kurz aufeinander.
Mit einem Räuspern bestätigte sie: „Ja, er hat dich zuerst gespürt.“
Jonas witterte, dass das nicht gelogen war. Dennoch flatterten seine Nasenflügel, als wüssten sie, dass eine Giftgaswolke jeden Augenblick um die Ecke gefegt kommen würde. Streit lag in der Luft. Cira drückte seinen Arm beiseite und schob sich zwischen Nyl und ihn. Es mutete lächerlich an, wie die um einen Kopf kleinere zarte Frau erst ihn und dann Nyl böse anfunkelte und ihnen die Hände auf die Brust legte. Als bestrebte man, einen Gletscher mit einem Eispickel zu spalten. Doch Cira verfehlte die beabsichtigte Wirkung nicht. Sie führte ihn, egal wie viel Kraft er besaß. Ruhe senkte sich über ihn, obwohl er Nyls Sonnenbrille immer noch anstierte. Sein Kumpel neigte zuerst das Haupt. Holla! Hier war wirklich etwas oberfaul!
„Jungs. Es sind schwierige Zeiten. Wenn ihr euch die Schädel abschlagen oder euch Pflöcke in die Herzen rammen wollt, bitte. Aber setzt mich vorher mit unserem weiblichen Gast an Land ab. Ja?“
„Sie ist bereits von Bord gesprungen, bevor ich ankam“, unterrichtete er Cira.
„Na wunderbar.“ Cira wandte ihm den Rücken zu, was ihm nicht schmeckte und sah zu Nyl auf. „Entschuldige, dass ich dich gestört habe.“
Das klang ein wenig steif. Außerdem musste sie sich doch nicht …
Nyl machte einen Schritt rückwärts und hob das Kinn. „Geht klar.“
Am liebsten hätte Jonas mit den Fäusten auf den Schreibtisch gehämmert. Verflucht! Was ging hier ab? Seine Fänge stachen zwischen seinen Lippen hindurch, ein Knurren bemächtigte sich seiner. Cira wirbelte zu ihm herum und tippte ihm auf die Brust.
„Wir reden noch. Gute Nacht zusammen.“
Kaum fiel die Tür hinter Cira ins Schloss, packte er Nyl am Kragen seines Hemdes. Der feine Stoff spannte sich, als er seine Faust wie einen Schraubstock drehte. „Ich rieche nicht nur das Blut der Schwarzen, sondern auch deines und Schmauch. Warum hat Cira auf dich schießen müssen?“
„Frag sie.“
Jonas stieß ihn von sich. „Shit! Was ist nur los mit dir in letzter Zeit?“
Nyl richtete sein Seidenhemd, schnappte sich eine Flasche aus einem Getränkewägelchen und nahm einige tiefe Schlucke. Jonas riss sie ihm aus der Hand und tat es ihm gleich. Die Kupferreflexe in dem Mahagoniton verrieten ihm neben dem leichten Kirscharoma, dass es Nyls Lieblingsgetränk war, ein Single Barrel. Jonas rieb sich über den Zweitagebart, der ziemlich kratzte. „Sei froh, dass Cira dich schützt. Warum zur Hölle auch immer.“
Nyl entriss ihm den Jack Daniel’s, als wäre er am Verdursten und der Whiskey das unwiderstehliche Blut seiner Seelenverwandten. Er trank, dann starrte er ihn durch die Brillengläser an. Jonas spürte den intensiven Blick seiner besonderen Pupillen, er las seine Gedanken.
„Es tut mir leid, Jonas.“
Jonas hob die Brauen und gönnte sich erneut einen tiefen Schluck, als müsste er die Bedeutung der Worte erst
Weitere Kostenlose Bücher