Schwur des Blutes
in die richtige Abteilung seines Gehirns spülen. „Oha! Was denn genau?“
Nyl leerte den Inhalt, während er auf das Wägelchen zuging. Er entkorkte eine neue Whiskeyflasche. Unbewusst zog Nyl mit seinem Becken einen Kreis, um seinen Schritt zu ordnen. In Jonas’ nasser Hose pochte es ebenfalls und das nicht erst seit dem überschwemmenden Alkohol in seinem Blut, sondern seitdem Cira sich zwischen sie gestellt hatte. Der Drang, sie zu beißen, sie als Sein zu markieren, in sie einzudringen, überwältigte ihn stets, wenn sie ihn überraschte. Nyl hob die Flasche und sank gleichzeitig im Schneidersitz auf den farbenfrohen Teppich. Nicht, dass Jonas sich noch nie aus Frust betrunken hätte, doch definitiv nicht in dem Tempo. Naja, früher vielleicht ein, zwei Mal.
Ny’lane legte den Kopf schief und hielt den Whiskey einladend in die Höhe. Ein Friedensangebot von der stärkeren Seite? Als Jonas vor ihm stand und sie beide den Flaschenbauch umfassten, hielt sein Kumpel ihn fest.
„Es tut mir leid, dass du das in der Limou mit ansehen musstest.“
„Ach …“
„Lass mich ausreden.“
Jonas zog seinen nassen Mantel aus und setzte sich zu Nyl auf den Teppich. Es dauerte, bis er für sich und sein bestes Stück eine bequeme Position fand.
„Du kennst die Sucht. Ich brauch dir nichts vorzumachen. Glaub mir, ich bin kein schlechter Vampir. Was ich tu, muss ich tun. Doch es tut mir leid, dass du … und Cira es mit ansehen musstet.“
Jonas fuhr über das schwarz-weiße Etikett, die Prägungen auf dem Glas. „Mach dir keinen Kopf. Seitdem ich von Cira trinke, ist meine Gier nach weiblichem Blut verschwunden, als hätte sie nicht 100 Jahre lang meinem Körper regiert.“
„Dann wollen wir beten, dass Cira allzeit an deiner Seite weilen wird.“ Nyl nahm die Flasche entgegen.
Und alles dafür tun , ergänzte Jonas den Satz in Gedanken und sah aus dem Augenwinkel, wie Ny’lane kräftig nickte. Eine längere Pause senkte sich wie ein mit Gewichten behängter Nebel über sie. Jonas’ Schultern wogen schwerer als sonst. Sie tranken und schwiegen, grübelten und tranken.
„Ich bin ein Arschloch“, brummte Nyl plötzlich.
„Du bist süchtig.“
„Das auch.“
„Warum änderst du das nicht?“
„Hm?“
„Such dir ne Frau. Is ziemlich cool.“ Gott, Cira würde ihm den Kopf abreißen, aber er konnte Nyl schlecht erzählen, wie abgöttisch vernarrt er in Cira war, und dass er gerade unter körperlichem Entzug litt, weil er nicht neben ihr im Bett lag, eine Hand vielleicht auf ihrer Hüfte oder der weichen Rundung ihres Hinterns.
„Dafür bin ich nicht geschaffen.“
„Dachte ich auch mal.“
„Hm.“
„So miserabel siehst du doch gar nicht aus.“ Jonas linste zu Nyl, ob er ihm ein Lächeln entlockt hatte, und entdeckte einen definitiv Steifen in der Hose des Bergchens Elend. „Hol dir die, an die du grad denkst.“
„Ha! Scheiße.“ Nyl erwachte abrupt aus seiner Starre und trank, als kippte er Wasser. „Sie darf diese Scheißwelt seit 88 Jahren von unten betrachten.“
Jonas senkte die Lider. Also hatte es tatsächlich mal jemanden für Nyl gegeben. Das war schön zu hören, aber ebenso todtraurig. Ny’lane legte sich auf einen Arm gestützt lasziv auf die Hüfte und rückte seinen Schwanz in eine bequeme Stellung. Er war von Cira bei seiner Trinkorgie wohl vor dem Abschuss gestört worden. Jonas grinste über Nyls weibliche Pose, vor allem in Zusammenhang mit dem offenen Silberhemd, das zerknittert einen männlichen Brustmuskel entblößte. Doch es verging ihm rasch. Es gab nur eine Person, bei der er gerade sein wollte. „Verflucht, sie hasst mich, weil ich sie allein gelass’n hab.“
„Yep.“
„Was kann ich tun?“
„Das fragst du mich?“
„Ja. Und?“
„Hm. Leck sie in den siebten Himmel.“
Jonas lachte und zog sich einen Sessel heran, an dessen Sitz er sich anlehnte. Der 45-prozentige Jackie trudelte ihm wie Nitroglyzerin durch die Adern. Gott, er musste sich zurückhalten, egal wie verlockend ein Komabesäufnis gerade war, sonst würde Cira wieder ohne ihn aufwachen. Er überprüfte die ‚Silver Angel‘ – alles ruhig. „Ich hab sie übrigens.“
„Alle Tassen im Schrank?“
„Sie gefunden.“
Nyl sah auf. „Ciras Kind?“
„Nein, aber ihre Mutter.“
„Cool.“
„Kommst du mit?“, fragte Jonas.
„Was soll ich da? Tee trinken?“
„Ich dachte, ich statte danach Ciras Stiefbrüdern einen Besuch ab.“
Nyl entblößte seine Reißzähne, hob die Handfläche und Jonas schlug ein.
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