Schwur des Blutes
würde, sollte sie jetzt noch ihr Vergnügen auskosten dürfen. Veyt schob die Sekretärin an den Hüften bis an die Tischkante und presste sich mit gebändigtem Temperament an sie. In ihren glasigen Augen sah er, dass sein ehemals hüftlanges Haar in den zwei Tagen Völlerei bis zur Schulter nachgewachsen war. Die grau melierte Mähne schimmerte im Licht, das durch die Lamellen der Fensterläden stach, die er Kraft seines Willens zugeklappt hatte.
Er entblößte grinsend seine Fänge. Mehr! Nach gierigen Schlucken versiegelte er den Biss an ihrem Hals mit einem intensiven Zungenspiel, dass sie wollüstig aufstöhnte. Er beherrschte die Kunst der Verführung ebenso wie die Steigerung der Lust ins Unermessliche. Leider spielte sein Äußeres bis auf das Haar nicht so mit, wie er erwartet hatte, daher war es anfangs nötig gewesen, die Frau seiner hypnotischen Wirkung auszusetzen.
Veyt drehte die Bürokraft herum und drückte sie mit den Brüsten voran auf den leer gefegten Schreibtisch. Weil sein zweiter Arm verfluchterweise nicht nachwuchs, musste er ihren Nacken loslassen, um sich in Stellung zu bringen. Doch die Frau in den besten Jahren war längst seinem Schwanz und natürlich auch seinem betäubenden Speichel verfallen. Abermals keuchten sie gemeinsam auf, als er und seine Zähne in sie eindrangen. Er gönnte ihr mit harten und weichen Stößen im Wechsel einen erneuten Orgasmus, während er sie bis zur lebensgefährlichen Grenze austrank.
Nachdem das Rehkitz in der Fischerhütte in New Orleans ihm so weit Stärke geschenkt hatte, dass er seine Reise antreten konnte, hatten unzählige Weitere seinen Durst kurzfristig gestillt – seinen Durst nach Heilung, nach Schönheit und nach Rache.
Veyt drapierte die Sekretärin in liebevoller Pose neben dem toten Makler, der schneller Timothys Adresse ausgeplaudert hatte, als er hatte Buh sagen können. Er versiegelte die letzte Bissstelle und besah sich das umschlungene Paar. Ihre Haut schien beinahe so blass wie die des Immobilienmaklers. Er schmunzelte. Ein ganz Schlimmer war er, bekam nie genug. Wie beiläufig ritzte er der Schreibkraft die Pulsader mit einem ausgefahrenen Fingernagel der Länge nach auf und verließ den Bürokomplex.
Unaufhaltsamer Groll stieg auf. Zu einfach! Viel zu einfach! Wo blieb der belebende Rausch der Jagd? Ein wenig Recherche im Internet und schon spuckte die Kiste den Namen Fontaine aus. Inserate – Haus- und Grundstücksverkäufe – San Francisco. Derjenige, der ihm alles genommen hatte, musste doch mehr Verstand in seiner beschissenen Rübe haben. Zu seinem Familienbesitz zurückzukehren. Also wirklich, verflucht dämlich. Vielleicht benötigte Timothy das Geld aus dem Verkauf? Wesentlich wahrscheinlicher war, dass das Halbblut sich in Sicherheit wiegte, nicht ahnte, dass er – Veyt Constantin – seinen zugegebenermaßen unvorhersehbaren Anschlag überlebt hatte.
Veyt drang in den dichten Kiefernwald weit oberhalb der Hafenstadt ein und bewegte sich besonnener. Die Dämmerung des Waldes schirmte ihn vor der mittäglichen Sonne ab. Er ballte die Hand zur Faust und spaltete einen Findling. Mochte er auch noch aussehen wie von den Klauen eines Höllenwesens zerfetzt, seine Kraft war zurückgekehrt und entsprach wieder seinem reinen Geblüt.
In der Nähe einer hohen Ziegelsteinmauer verharrte er. Bevor er seine Sinne ausschickte, stieg ihm Brandgeruch in die Nase und ließ ihn stutzen. Nicht älter als einen Tag. Scheißegal, was Timothy veranstaltete, er hätte ihn für klüger gehalten. Sich genau dort niederzulassen, wo schon seine jüngere Schwester Josephine den Tod gefunden hatte. Veyt leckte sich die Lippen in Gedanken an das Vergnügen von vor über hundert Jahren.
Blubb, blubb und sie war auf Nimmerwiedersehen im Morast versunken. Ihr Blut hatte vorzüglich gemundet. Nun ja, kein Wunder. Josephine war schließlich seine Tochter gewesen.
~~
„Timothy. Du musst aufwachen! Jetzt!“
Schmerz überflutete ihn wie feurige Lava.
„Wach endlich auf, du sturer Bock!“
Er schlug die schweren Lider auf. Grelles Licht blendete ihn und er kniff die Augen wieder zu. Fremde Stimmen wirrten
verzerrt durcheinander, verursachten stechende Kopfschmerzen. Nein, halt. Er erkannte sie. Jemand entfernte die starke Lampe und beugte sich vor. Beinahe hätte er reflexartig zugegriffen. Trotz seiner Lage musste er sich zurückhalten. Langsam öffnete er erneut die Augen. Was zum Teufel …?
„Sag ich ja. Die Cops, die Sanis, die
Weitere Kostenlose Bücher