Schwur des Blutes
ihrer erhitzten Haut eiskalt wirkte, und hängte die Kleidung über Äste in den Wind.
Sie japste nach Luft, während sie bis zum Kinn untertauchte. Ihr Körper brannte wie unter tausend Nadelstichen, als sie sich abrubbelte und sich mit den Füßen am steinigen Grund gegen den Strom stemmte. Als flüsterte das Säuseln des Flusses mit ihr, tänzelte ein Wort sprudelnd um sie herum.
Warum?
Sam wollte nicht denken, doch nun stand die Antwort von innen an ihre Stirn tätowiert und sie konnte sie nicht ignorieren. Sie würde sich gegen die Ungerechtigkeit zur Wehr setzen, Chris’ und ihren Traum vom florierenden ‚ExtremE‘ weiterführen, ihren Ruf reinwaschen, für ihren Bruder, ihre Eltern und die entlassenen Mitarbeiter. Koste es, was es wolle. Dazu musste sie noch einmal an den Ort der Tat zurück, Gewissheit über den Täter erlangen. Außerdem musste sie sich beweisen, dass sie nicht über ihrem Seelenschmerz verrückt geworden war, Dinge sah, die nicht existierten.
Sie stockte. Gott, wenn sie tatsächlich halluzinierte, dann hatte sie Timothy grundlos stehen lassen. Es musste für ihn ausgesehen haben, als hätte sie ihren Spaß daran gehabt, ihn eiskalt abzuservieren. Holy shit! Sie hoffte nur, dass sie eine Chance bekam, es ihm zu erklären. Sie zweifelte daran. Auch die Werwölfe, die im Wald beinahe in ihre Falle gegangen wären, schwirrten ihr durch den Kopf wie ein schwindender Traum. Als hätte sie fantasiert oder nicht alle Kröten im Teich. All dies verursachte Angst und dabei wollte sie nur stark sein, die Angelegenheiten korrekt anpacken und das Richtige tun.
Und weshalb wanderte sie dann diese schwierige Strecke mit doppeltem Gepäck und fuhr nicht wie Hunderte Touristen bis zum Einstieg der drahtseilbespannten Wegstrecke, die zum Gipfel führte? Ein Abschied von ihrem sorglosen Leben, von der lähmenden Trauer. Ein Abschied vom risikoreichen Kindsein. Sie war unbewusst sicher gewesen, dass sie sich ohne die extreme Belastung niemals zu einem Entschluss hätte durchringen können. Und das hatte sie getan. Gestern war sie aus dem erdrückenden Schatten der Trauer getreten und würde so lange kämpfen, bis sie meinte, dass Chris stolz auf sie wäre. Unsicherheit schlich sich ein, die sie rasch verdrängte. Amy hatte ihr geglaubt. Und Timothys Worte erfüllten sie immer noch mit herzerwärmendem Respekt.
Sam wand sich im Wasser und ließ es über ihre aufgerichteten Nippel sprudeln. Die Mittagssonne stach an einigen Stellen durch das dichte Gewirr von natürlich gewachsenen Kiefern, malte glitzernde Lichtspalten auf das sprudelnde Gletscherwasser. Inzwischen fühlte sie sich von außen wie ein Eiszapfen, doch innerlich war ihr wohlig warm wie seit Wochen nicht.
~~
Die Wunden durch die Explosion heilten schlecht, weil Timothy seinen durstigen Körper nur auf eines ausrichtete: Sam zu finden. Die Befreiung glich einem Vulkanausbruch, als er sie in einigen Meilen Entfernung endlich aufspürte. Er schickte seine Sinne durch die wilde Landschaft. Niemand befand sich in ihrer Nähe. Kein Feind lauerte hinter dem nächsten Baum oder der kommenden Biegung. Zumindest keiner, den er wahrzunehmen vermochte. Erleichterung erfüllte ihn, seitdem er ihr Motorrad an einer Bergsteigerstation aufgespürt und in geklauter Kleidung ihre Spur aufgenommen hatte. Doch jetzt, da er ihr mit jedem Laufschritt näher kam, spürte, dass sie wohlauf war, überflutete ihn die Erlösung beinahe, schleuderte seine unermessliche Sorge ins All, holte ihn aber seltsamerweise auch auf den Boden der Tatsachen zurück. Er hatte keinen anderen Gedanken zugelassen, seit er krampfhaft versucht hatte, ihrem Duft und seinem Instinkt zu folgen. Nun fragte er sich kurz, was zum Teufel er hier eigentlich wollte – bis er Sam durch das dichte Grün im Wasser des Flusses entdeckte.
Er klammerte sich an den nächstbesten Stamm, um nicht auffällig durch ein Gebüsch die Böschung hinabzubrechen, als all sein Blut ihm in den Schwanz fuhr und das Gefühl in der Spitze ihn fast zum Explodieren brachte. Er keuchte auf und biss sich in den Unterarm, damit sie es nicht hörte. Das Stöhnen zu unterdrücken verschlimmerte die Nicht-mehr-richtig-stehenkönnen-Krise, weil er seine verbliebene Kraft vollumfänglich in Anspruch nahm. Erotischer Druck prickelte durch seine Genitalien, doch Timothy konnte seinen Blick nicht von Sam wenden, obwohl er es versuchte. Seine Gier siegte über seine Rücksichtnahme, Bewunderung über Distanziertheit.
Ihr
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