Science Fiction Almanach 1981
kratzendes Gleiten an dem Holz, dazu eine Stimme, die menschlich hätte sein können. Sie bewegte sich auf die Tür zu, eckig, gefangen von plötzl i cher, erschreckender Vorahnung. Ihre Hand zitterte, als sie den Riegel der oberen Türhälfte löste und öffnete … „Nein!“ Ihre Hände bedeckten ihr unverschleiertes Gesicht, um den Alptraum, der sich ihr darbot, nicht sehen zu mü s sen.
Der Mann vom Feld ihres Vaters klammerte sich mit ve r brannten, geschwärzten Händen an die untere Tür. Eine kla f fende Wunde zog sich über eine Hälfte seines Gesichts hin, sie sickerte schmutzigrot; seine Augen glänzten weiß in e i ner Totenmaske aus verkrustetem, geronnenem Blut und Schmutz.
„Heiliger Ángel!“ flüsterte Amanda und taumelte zurück, ihre Hände verbargen noch immer ihr Gesicht. „Ich kann Euch nicht helfen! Geht weg, geht weg …“ Hund kauerte sich nieder, die Muskeln gespannt.
„Bitte …“ Tränen rannen über das Gesicht des Fremden, zerfurchten die verkrustete Maske. Sie fragte sich, ob er sie überhaupt sah. „Bitte.“
Sie legte Hund eine Hand in den Nacken und kraulte ihn, und sie fühlte, wie seine gespannte Aufmerksamkeit nac h ließ. Sie entriegelte die untere Tür und öffnete sie.
Der Fremde taumelte vorwärts in den Raum. Amanda fing die zerschlagene Masse seines Körpers auf und führte ihn zu ihrem Lager, wo sie ihn niedergleiten ließ, auf die Decke, die über dem Stroh ausgebreitet war. Dort lag er, g e dankenlos weinend wie ein Kind. „Obrigado, obrigado …“ Hund beschnüffelte seine Beine.
Am Faß bei der Tür schüttete sie Wasser in eine Schüssel und durchquerte den Raum erneut, um den neugewobenen Stoff vom Webstuhl zu nehmen. Er wird trotzdem sterben … Sie zögerte, sah zurück, dann biß sie sich auf die Lippen und begann, den Stoff in Streifen zu reißen.
Er sank durch gewundene, rauchige Korridore, verloren in den endlosen Hallen des Traumes, wo jegliche Konvolution ihn zurückbrachte in die Vergangenheit, wo es keine Zukunft gab. Er öffnete die Türen seines Lebens und trat hindurch …
Er öffnete die Tür zum überfüllten äußeren Büro, bahnte sich einen Weg durch die verwirrte Menge der dichtg e drängten Rekruten, die vor dem Einschreiber Schlange sta n den. Er fühlte, wie sein Blutdruck bei jedem Anrempeln stieg, jedesmal, wenn er eine Militäruniform sah. Endlich war er hindurch und rannte fast hinunter zum Büro Mario Coelhos.
„Wo, zum Teufel, ist Hoffmann!“
Er verlangsamte seinen Schritt, als er seinen Namen und die Stimme von Esteban Vaca vom Korps der Ingenieure hörte.
„Ruhig“, sagte Coelho. „Wenn er nur eine halbe Stunde zu spät ist, dann ist das früh für ihn. Sie wissen das. Ich glaube, er macht das unabsichtlich.“
„Mutter Gottes; ich weiß nicht, warum Sie ihm auch noch zur Seite stehen!“
„Sie wissen ja, warum ich das tue. Er ist der allerbeste Prospektor, den ich jemals gesehen habe; er weiß mehr über Metalle als die Hälfte sämtlicher Chemiker in Brasilien. Er ist unschlagbar im Auffinden von Vorkommen …“ Coelhos Stuhl knarrte.
„Wieviel Instinkt wird er brauchen, um das Los-Angeles-Becken zu finden? … Ich nehme an, nur ein verrückter Narr, der in einer Menge mit sich selbst spricht, ist bereit, es übe r haupt nur zu versuchen.“
„Sie würden auch mit sich selbst reden“, sagte Coelho, „wenn Sie den größten Teil ihres Lebens irgendwo im Ni r gendwo verbringen würden …“
„Und überdies bin ich sicher, niemals selbst hinter me i nem Rücken zu reden.“ Hoffmann grinste, als er den Raum betrat, und sah, wie Coelhos massiger Nacken sich vor Ve r legenheit rötete. „So, Sie wollen also von mir, daß ich das Los-Angeles-Becken finde.“ Er angelte nach einem Stuhl und stützte die Arme auf dessen Rückenlehne. „Das ist neu. Ich dachte, wir verfügten nicht über die Vorräte an fossilen Brennstoffen, um im nordwestlichen Territorium zu schü r fen. Oder haben wir etwa Venezuela eingenommen, wä h rend ich schlief?“ Das Los-Angeles-Becken … Er verspürte eine plötzliche Ungeduld, das Gefühl von Freiheit und E r füllung, das nur das Schürfen in sein Leben brachte.
„Haben wir nicht; doch man glaubt, daß dies nicht mehr lange dauern wird. Wenn es dazu kommt, ist das Korps der Ingenieure bereit für eine Wiederöffnung des Panamakanals. Und wenn das möglich ist, dann ist das Transportproblem gelöst. Und die Küste ist bewohnt – was uns einen Vorrat an lokalen
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