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Science Fiction Almanach 1981

Science Fiction Almanach 1981

Titel: Science Fiction Almanach 1981 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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heiraten lassen …“
    „Das kann ich nicht. Ich kann nicht an einem Ort bleiben, zu viele Plätze habe ich noch nicht gesehen. Komm mit mir, wir wollen sie gemeinsam besuchen … Du möchtest sie doch auch sehen, ich sehe es in deinen Augen! Ich werde dir Ketten aus Opal kaufen, um das Feuer deines Haares zu ve r schönern … himmelblaue Schmetterlingsflügel, die in ihrem eigenen Licht funkeln … Wir werden die Berge in einem Ballon überfliegen. Komm mit mir, Amanda!“ Er ergriff ihre Hände und küßte sie erwartungsvoll, während er sie zur Straße zog.
    Die Glocken der Stadt riefen zum Abendgebet. Sie riß sich los, Tränen standen ihr in den Augen. „Ich kann nicht – der Prophet verbietet es!“
    Voller Furcht vor der Strafe Gottes und der ihres Vaters, vor der Schande, die es über ihre Familie und über sie selbst bringen würde … ängstlich, daß keiner dieser Umstände sie davor bewahrt hatte, in seinen Armen zu liegen, wandte sie sich um und floh schluchzend zurück unter die Bäume.
    „Amanda … ich liebe dich! Ich werde zurückkehren, wa r te auf mich …!“
     
    Beim Klang der Morgenglocken öffnete Amanda die Augen, und ihr Körper schmerzte. Sie erschrak, als sie die nackte Seite des Fremden sah, der sich gegen sie lehnte, doch sie besänftigte ihren Drang wegzulaufen, als die Erinnerung ihre Furcht besänftigte. Sein Kopf ruhte auf ihrer Schulter, in ihr wallendes Haar gebettet, die Bandagen hatten eine dunkle Farbe angenommen, sein Gesicht brannte noch i m mer. Er lag sehr ruhig, seine Rippen hoben und senkten sich kaum. Mit unendlicher Sorgfalt zog sie ihren Arm unter ihm weg und deckte ihn wieder zu. Hund kratzte an der Tür. Sie ließ ihn hinaus in die Dämmerung, ließ gleichzeitig die kl a re, kräutergeschwängerte Luft herein, die bald die stickige Atmosphäre der Hütte verdrängte. Sie sah eine Spur dunkler Flecken, die den Weg des Fremden von der Tür zum Bett markierten. O Gott, warum mußtest Du mir diese neue Pr ü fung senden?
    Den langen Tag hindurch schwebte der Fremde am Rande des Todes, in der Nacht hielt sie ihn wieder in ihren Armen, ihr Schlaf verfolgt von den Geistern seiner Fieberträume. Namen von Leuten, Städten und bedeutungslosen Objekten, Worte in einer unbekannten Sprache, sie alle erfüllten ihren eigenen, unruhigen Schlummer mit seltsamen, unnatürlichen Träumen … und dann, hin und wieder, nannte er die Namen von Orten, die sie kannte: Losangeles, Palos Verdes und ihr eigenes Zuhause, Sanpedro.
    Die Träume umklammerten ihn wie die Hand des Todes. Zwei Tage vergingen, drei, dann vier. Amanda trug Wasser vom Fluß herbei, wusch die Verbände und bedeckte seine Wunden. Sie badete seinen zerschundenen Körper und zwang ihn, Flüssigkeit zu trinken. Er war verdammt, doch in seiner Eigenwilligkeit und seinem sündigen Stolz kämpfte er um seine Zukunft und trotzte den Kräften der Natur und Gottes. Sie nahm Anteil an seinem Widerstand gegen das Schicksal, da sie sich fürchtete, aufzuhören und nach dem Warum zu fragen.
    Endlich kam eine Nacht, in der er in ihren Armen lag und sein Atem regelmäßig und ruhig ging. Keine Träume suc h ten ihn mehr heim. Als sie am Morgen sein Gesicht berüh r te, da wußte sie, er hatte gewonnen. Wieder weinte sie, wie sie in der ersten Nacht geweint hatte.
    Spät am Nachmittag erwachte der Fremde. Amanda sah von ihrem Hocker auf und sah, wie er stumm ihr Gesicht betrachtete. Geistesgegenwärtig zog sie ihren Schleier hoch. Sie fragte sich, wie lange sie sich ihm schon unverhüllt g e zeigt hatte und kniete an seiner Seite nieder. Er versuchte zu sprechen, ein rauhes, krächzendes Geräusch bildete sich in seiner Kehle; sie gab ihm Wasser, das er dankbar trank.
    „Wo … wo bin ich?“ Durch seine geschwollene Zunge hatten die Worte einen undeutlichen Klang.
    „Ihr seid in meinem Haus.“ Wie gewöhnlich antwortete sie auf das, was ein Mann fragte, und sagte nichts weiter.
    Seine Hand fuhr unter die Bettdecke und bemerkte seine Nacktheit. Verwirrt betrachtete er sie erneut. „War ich … sind wir …? Ich meine, sind Sie eine …“ Sie errötete und wich zurück. „Tut mir leid … ich kann mich nicht erinnern, mein Kopf …“ Mit Anstrengung hob er seine Hand, und seine Finger wurden starr, als sie über die dicken Verbände glitten. Er starrte auf seine Hand, die ebenfalls bandagiert war. „Meu Deus … ein Unfall? Hatte ich einen Unfall?“ Er wandte seinen Blick ab, sah sich in dem winzigen, fensterl o sen Raum

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