Science Fiction Almanach 1981
das Glück hätten, heutzutage zu leben und nicht damals, vor der Geschlechtergleichheit und der Aufklärung. Und sie überlegen sich, ob wir nicht leeres Stroh dreschen, wenn wir dieses Problem ansprechen.
Das macht es schwer, den Erfolg der Chronicles of Cou n ter-Earth zu erklären, einer kürzlich erschienenen Reihe von Fantasy-Romanen, die aus den gleichen bekannten Zutaten bestehen: die bizarren und blutrünstigen Abenteuer eines jungen Mannes, die mit „prüder Lüsternheit“ 6 erzählt we r den. Manchmal geben die Studenten zu, daß solche Romane an der High School als „Schweinerei“ gelten und mit ihren exotischen Schauplätzen und ihren spärlich bekleideten G e stalten eine starke sexuelle Botschaft vermitteln. Allein in einem Kapitel von Priest-Kings of Gor (1968) wird die ju n ge Sklavin Vika als „hübsch anzuschauen“, mit „blauen und düsteren“ Augen und „vollen, roten Lippen, die … sinnlich, voller geheimer Rebellion und vielleicht subtiler Verachtung waren“, beschrieben; sie zeigt „hilflose Wut“ und „trotziges Aufbegehren“ und gibt sich als ein „wildes, verwöhntes, ehrgeiziges, Mädchen“. Der männliche Protagonist beobac h tet „die Lockung ihres Fleisches, die deutliche Herausford e rung in ihren Augen und ihrer Haltung“. Viel später in der Geschichte, nachdem er ihr den Kopf rasieren lassen und sie in einen Käfig gesperrt hat, spricht er sich bei ihr scheinbar voller Mitleid über „die Qualen der weiblichen Sklaverei“ aus. An diesem Punkt gibt Vika zu, daß sie eine solche E r niedrigung die ganze Zeit gewollt hat. Er widerspricht ihr zwar die ganze Zeit zu heftig, läßt sie aber dann die Disku s sion mit den Worten gewinnen: „Jede Frau möchte in ihrem Herzen … die Ketten eines Mannes tragen … In jeder Frau ist etwas von der freien Gefährtin und etwas von der Skl a vin.“ 8 (Was in jedem Mann ist, das bekommen wir nie zu hören.)
Dieser und andere Romane schmieren sich offensichtlich an ein Publikum, das an der gedachten Erniedrigung der Frau durch den Mann ihren Spaß hat, an einer Perversion der Sexualität, die auf Gewalt und Grausamkeit basiert. Für die männlichen Teenager, die die Hauptzielgruppe sind, u n terstützen Romane dieser Art deutlich die Allmachtsphant a sien und den Sadomasochismus. Ich halte sie letzten Endes für gefährlich, weil sie eine Vergewaltigungsmentalität u n terstützen: Behandle die Frauen grob, das wollen sie insg e heim; zeig ihnen, wer die Hosen anhat; Frauen wie wilde Pferde müssen gebrochen werden – und du hast deinen Spaß dabei.
Aber das ist ja „Sword and Sorcery“, die sind sowieso nicht ganz sauber, protestieren Sie? Was ist mit den bekan n teren Autoren von typischerer SF? Robert A. Heinlein, um nur einen zu nennen, ist für die Feministinnen eine ebenso widersprüchliche Figur wie für Kritiker im allgemeinen. In seinen neueren Romanen spricht er es auf der einen Seite deutlicher aus, daß seine Charaktere sexuelle Wesen sind, scheint aber auf der anderen Seite mehr dazu geneigt, die Frauen Haremsphantasien ausfüllen zu lassen. Obwohl er dadurch dem Feld um Jahre voraus war, daß er in manchen seiner Geschichten viele vitale, interessante Frauen auftreten läßt, hat er doch oft ihr Bedürfnis nach Schutz durch einen starken (oder stärkeren) Mann betont. Heinlein kommt als Kandidat für einen Gleichberechtigungspreis kaum in Frage.
Es gibt aber schlimmere – Gordon R. Dicksons populäre Dorsai-Reihe zum Beispiel. Am Schluß von Necromancer steht die Sängerin Kantele folgendermaßen da: „Den Kopf gesenkt, die Augen auf den Teppich zu ihren Füßen geric h tet, als sei sie eine Jungfrau, die die Gefangene von Bogen und Speer des Fremdlings ist.“ Ich wünsche nur, das wäre eine Parodie der Spielart Frau als Eigentum/Kriegsbeute, aber im Kontext ist das ganz ernst gemeint. Im nächsten Roman Tactics of Mistake ist ein wesentliches Handlung s element die Beziehung des militärischen Helden zu Melissa. Als sie ihre Hochzeit absagt, zwingt er sie zur Durchführung der Zeremonie, indem er ihren Vater bedroht, und auf ihre Frage in der Hochzeitsnacht „Dann … hast du mich nie g e liebt?“ gibt er eine ausweichende Antwort. Siebenundvierzig Seiten später beschwört der Autor das Bild von der Frau als Heilerin und Gedankenleserin herauf:
„Du hast mir gesagt, daß du mich liebst“, sagte sie. „Das ist alles, was ich wissen wollte.“ Er rollte seinen Kopf auf dem Kissen ein wenig,
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