Science Fiction Almanach 1981
die in der Science Fiction vo r kommen, nur selten der Erinnerung wert, werden selten a u ßerhalb einer Beziehung zu einem männlichen Protagonisten dargestellt und verhalten sich fast immer so, wie es einem konventionellen Rollenverhalten und sexistischen Vorurte i len entspricht. Wenn wir tatsächlich die Hälfte der Mensc h heit ausmachen; wenn wir tatsächlich unsere Würde, Bede u tung und Unabhängigkeit haben; wenn wir tatsächlich für die Zukunft eine Alternative haben, dann haben die Frauen das sicher „niemals von unserem Bild in der Science-fiction erfahren“. 15
Frauen als Nicht-Fans der SF –
Mauerblümchen beim Tanz der Fans
Science Fiction ist ein Feld voller Paradoxe. Wally Kerrigan verwendet die Einführungsvorlesung seines SF-Kurses an der Universität von Virginia dafür, auf die Spannungen hi n zuweisen. Wenn man davon ausgeht, daß es bei Science um Dinge geht, die existieren – unter Anwendung fester und rationaler Methoden –, und daß es in der Fiction um Dinge geht, die nicht existieren – unter Anwendung phantasievoller und intuitiver Methoden –, dann ist der Bereich Science-fiction ein Widerspruch in sich selbst.
Die immer wiederkehrende Debatte über Old Wave/New Wave ist nur ein Symptom für die Schwierigkeit, auf die man bei der Synthese von Science und Fiction trifft. 1972 postulierte Richard Lupoff einen Unterschied zwischen Ve r nescher und Wells’scher SF, um den Unterschied zwischen optimistischen und pessimistischen Themen, zwischen den Falken und den Tauben zu erklären, und subsumierte daru n ter auch die technologische Old Wave auf der einen Seite und die humanistische New Wave auf der anderen Seite. 16 Wie jeder, der eine Meinung zu der Old Wave/New-Wave-Frage geäußert hat, wurde Lupoff wegen Übersimplifizi e rung angegriffen, und zu seiner Interpretation von Wells gab es einige Meinungsverschiedenheiten, aber ich denke, er hat grundsätzlich recht. Wie wir sie auch immer nennen mögen, so ist kaum abzustreiten, daß bestimmte Stories Gruppen bilden. Nehmen wir zum Beispiel die Stories aus der Gold e nen Zeit mit den Spitzenprodukten von Asimov, Clarke und Heinlein – ungebrochene Erzählungen, in denen die Han d lung über alles geht und die klassischen Naturwissenscha f ten die Quelle für die Ideen sind – und nennen sie (mit e i nem Flüstern) Old Wave. Kontrastieren wir sie nun mit Pr o dukten von Delany, Ellison, Russ, Zelazny – mit einem e x perimentelleren Stil, mit der Betonung eher auf Charakte r darstellung als auf Handlung und Psychologie oder mit e i nem Mythos als Angelpunkt der Extrapolation – und nennen sie (aber leise) New Wave.
Lenken Sie nun Ihren Blick auf die amerikanische Gesel l schaft des zwanzigsten Jahrhunderts, in der und für die viel von dieser Fiction verfaßt worden ist. Wenn man von der Prämisse ausgeht, wie das viele Leute tun, daß männliche Wesen rational und logisch sind und über eine (angeborene) Begabung für Mathematik und Naturwissenschaft verfügen und daß Frauen emotionale, intuitive Wesen sind, die über eine (angeborene) Begabung für Literatur und die schönen Künste verfügen, dann läßt es sich leicht erklären, warum Frauen als Fans von SF nur eine untergeordnete Rolle g e spielt haben. Soweit SF früher Old Wave und eine naturwi s senschaftliche Basis bedeutet hat und in einer Gesellschaft veröffentlicht worden ist, die an logische Männer und em o tionale Frauen geglaubt hat, war und ist Old Wave SF de facto eine Männerwelt.
Wenn die Statistiken auch zeigen, daß in den letzten Ja h ren die weibliche Leserschaft zugenommen hat, so ist ein solcher Zuwachs nur relativ, weil von einer winzigen Basis ausgegangen worden ist.
Ein Blick auf die Leserbriefe in den Fanzines, die Mi t gliedschaft in SF-Clubs und die Teilnehmerlisten bei Fan-Kongressen macht es überdeutlich, daß diese Szene noch immer das Betätigungsfeld für heranwachsende Jungen ist.
Auch die Erwähnung der wenigen Frauen, die ausg e zeichnete Fanzine-Herausgeberinnen und enthusiastische Fans waren, widerlegt diese Behauptung nicht. Wer den Vorwurf der ungleichen Darstellung dadurch widerlegen will, daß er die seltene Ausnahme erwähnt, dann ähnelt dies älteren Argumenten, mit denen der Beweis erbracht werden sollte, daß Sidney Poitier im Film und Ralph Bunch in den Vereinten Nationen ein Anzeichen für die Rassenintegrat i on in der Gesellschaft der Vereinigten Staaten seien. Selbst wenn wir stolz darauf sind, daß es
Weitere Kostenlose Bücher