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Science Fiction Almanach 1981

Science Fiction Almanach 1981

Titel: Science Fiction Almanach 1981 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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meisten der großen Türme verlassen und verfielen lan g sam im Lauf der Jahre.
    „Hohe Plätze mag ich nicht, Juan. Das weißt du doch.“
    „Wir sind alle beide nötig, um den Nachschub zu schle p pen, Mann. Soll ich dich vielleicht allein zurücklassen?“ Juans Stimme hatte nun einen harten Klang, den Willie nur zu gut kannte. Selbst bei ihm, seinem Seelenbruder, konnte Juan unangenehm werden.
    „Du weißt doch, daß ich mit dir gehe, Juan.“ Willies Stimme klang resigniert. Für Juan würde er das Empire State Building besteigen, wenn Juan sagen würde, er solle kle t tern.
    „Zuerst müssen wir allerlei Zeug besorgen.“ Das konnte Juan gut, besser als Willie. Aber Willie ging mit, als der starke Rücken, auf den Juan alles laden konnte. „Ich habe mir die Dreizackteufel genau angesehen. Ich weiß, welche Drachen am besten fliegen. Man muß sie leicht aber fest machen, mit großen Deltaflügeln. Und ich habe keine Lust, da droben in dem Wind an meinen Armen zu hängen. Die kugelt man sich aus. Wir bauen uns kleine Sitze, die von den Flügeln runterhängen – da sitzen wir drauf und fliegen ganz bequem über den East River.“
    Der Gedanke an die riesige Höhe und wie er da an einem zerbrechlichen Plastikflügel hängen würde, löste bei Willie einen starken Brechreiz aus.
    „Anders geht’s nicht, Juan?“
    „Anders geht’s nicht.“
    Sie verbrachten Tage damit, das Material für die beiden Drachensegler zusammenzustellen. Zum Schluß ging Juan allein auf die Suche, während Willie allein in ihrem Ve r steck zurückblieb, einem stinkenden Kanalisationsschacht, um Wache über das zu halten, was sie schon gesammelt ha t ten.
    „Wach darüber mit deinem Leben, Mann. Wenn das Zeug hier geklaut wird, dann schlitze ich dich auf, das schwör’ ich dir.“
    „Juan, ich bin dein Seelenbruder.“
    „Genau – also bewach’ es mit deinem Leben.“
    Manchmal hatte sogar Willie Angst vor Juan. Wenn er diesen leisen, kalten Tonfall gebrauchte, dann hatte Willie einen Eisklumpen im Bauch.
    Es kam der Tag, an dem Juan nur Essen zurückbrachte.
    „Mann, wir essen vielleicht gut! Wo hast du denn die ganzen Algenfladen her?“ Willie streckte hungrig eine Hand aus, aber nur, um einen scharfen Schmerz zu verspüren. „He, Mann, du hast mich in die Hand geschnitten.“
    „Laß die Finger weg, Willie. Die Fladen müssen eine Zeitlang reichen. Wir gehen jetzt nicht mehr zu den Spe i sungsstationen. Heute abend klettern wir auf den Turm – und runter kommen wir nicht mehr, außer mit Flügeln.“
    Willie hatte fast Angst zu fragen, sagte aber: „Welcher Turm?“
    „Empire. Der Wind kommt vom Hudson, der bläst uns nach Long Island.“
    Das war für Willie zuviel. „Du spinnst, Juan. Empire – der geht bis in die Wolken. Und was ist, wenn der Wind uns auf das Meer bläst? Ich habe gehört, das geht immer weiter, Wasser und Wasser und sonst nichts. Wenn wir da reinfa l len, sind wir tot.“
    „Nennst du das hier leben? Ich würde lieber vom Empire runterfallen und auf die Straße knallen, als hier noch weite r zuleben. Entweder gehst du mit mir, Willie, oder ich geh allein.“
    Schon während er protestierte, wußte Willie, daß er mi t gehen würde. Er würde wahrscheinlich umkommen – aber er würde immer dorthin gehen, wohin Juan ihn führte. Nachdem er sich einmal entschlossen hatte, machte sich Willie praktische Gedanken. Juan hatte Verstand, sicher; aber manchmal war er ein Träumer, der sich Pläne zurech t legte, die nie klappen würden.
    „Hör mal, wie kommen wir denn auf das Empire? Sie wohnen doch auf den Treppen. Es ist zu hoch, um an der Seite hochzuklettern .“
    „Und dir wird übel, wenn du runtersiehst.“ Da war wieder dieser harte Tonfall, den Willie haßte und fürchtete. „Wir kämpfen uns den Weg nach oben frei – Treppe um Treppe, Willie.“
    „Du spinnst.“
    „Das müssen wir. Einer bleibt unten, um auf das Zeug aufzupassen. Das machst du, Mann, du bist größer. Ich m a che mir den Weg nach oben frei, lasse ein Seil runter und ziehe alles hoch.“
    „Und dann?“
    „Dann kommst du allein hoch.“
    „Mann, die mögen keine Fremden, die Treppenbewo h ner.“
    Juan zuckte die Achseln. „Dann schneidest du sie eben ein bißchen auf. Du bist groß, Willie. Bedränge sie. Wenn ich es schaffe, kannst du es auch.“
    Willie hatte zwar schon eine Menge Leute aufgeschnitten, aber er hatte es nie gern getan. Aber wenn Juan zu ihm „schneiden“ sagte, dann würde er ein Dutzend oder

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