Science Fiction Almanach 1982
wir, wenn dieser Punkt auf der Tagesordnung steht.
C. de Murville: Einverstanden. Vielleicht erledigt sich das durch direkte Fühlungnahme.
Bevin: Das glaube ich nicht. Aber – vertagen wir es ruhig.
Molotow: Punkt vier: Deutsche Reparationen. Und zwar:
a) insgesamt, b) nach den einzelnen Ansprüchen, c) Sachleistungen, d) Lieferung aus der laufenden Produktion, e) bereits erfolgte Ablieferungen.
Murphy: Wir erheben gegen die Reihenfolge Einspruch. Zuerst müssen die bereits erfolgten Demontagen festgestellt werden.
Bevin: Ich unterstütze diesen Antrag.
C. de Murville: Darf ich vorschlagen, auch dies Problem zunächst einer Sonderkommission vorzulegen?
Mehrere Stimmen: Ausgezeichnet! – Wir sind einverstanden! –
Molotow: Ich bitte um Benennungen für diese Kommission.
(Wegblenden)
Raizew (halblaut): Na, Stone?
Stone (ebenso): Abwarten.
Raizew: Sitzung Nummer eins ist gleich vorbei. Ohne Beschlüsse!
Stone: Die Kommissionen arbeiten. Tag und Nacht!
(Sofort übergehen: Ballettmusik)
Vlacek (erläutert): Wir sind, am selben Abend, in der großen Oper von Moskau. Im Hause ein festliches, aber – wie wir bemerken – nicht unbedingt aufmerksames Publikum. Zwar jüngere Attaches und ältliche Sekretäre, auf den Rängen, lassen sich durch die Vorgänge auf der Bühne fesseln. Aber im Parkett wird getuschelt und notiert. Hier sitzen die Vertreter der kleineren Länder; heute abend dürfen sie dabei sein. Und nun erst die Logen! Die Delegierten der Konferenzmächte amüsieren sich durchaus nicht. Sie tagen weiter. Sie tagen eigentlich erst jetzt. Ohne sich durch das Ballett „Der sterbende Schwan“ stören zu lassen. Beobachten Sie etwa, dort in der dunklen Logenecke, den polnischen Diplomaten und den amerikanischen Sachverständigen. (Die Namen dieser Männer sind uns nicht überliefert.) Ist es die schützende Dunkelheit, die diese beiden so offenherzig macht?
(Musik leise im Hintergrund)
Pole: Neunzig Prozent unseres Volkes bestehen auf der Odergrenze. Die Wahlen haben es bewiesen.
Amerikaner: Demokratische Wahlen. Ich weiß …
Pole: Unsere Demokratie ist eben anders als Ihre amerikanische. Direkter. Ehrlicher.
Amerikaner: Demokratie ist dasselbe wie Rücksicht. Das setzt Einschränkung des Egoismus voraus. Wenn Sie das unehrlich nennen …
Pole: Allerdings. Denken Sie an Ihre Trusts. Sind Sie mit denen jemals fertiggeworden?
Amerikaner: Nun, im Kriege …
Pole (unterbricht): Im Kriege geht alles! Aber gesunde Rücksichtslosigkeit gegen jeden Gegner, auch im Frieden: Das ist das Wesen unserer, der modernen Demokratie.
Vlacek (halblaut): Oder dort gegenüber: Der englische Offizier mit dem großen eleganten Jugoslawen: Auch sie nehmen hier kein Blatt vor den Mund!
Engländer: Die Forderungen Jugoslawiens sind absurd! Der Friede ist doch kein Wohltätigkeitsunternehmen!
Jugoslawe: Aber auch kein Geschäft, wie Sie in England manchmal anzunehmen scheinen.
Engländer: Wenn das so ist, dann ist er ein verdammt schlechtes Geschäft.
Jugoslawe: Aha, Sie halten den Krieg für ein besseres?
(Musik laut. Final-Akkorde. – Dann Beifall. Wieder leiser.)
Engländer: Um Gottes willen! Für einzelne – vielleicht. Nie für ein Volk. Aber dieser Friede ist nur eine Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln. – Übrigens: Vom „Sterbenden Schwan“ haben wir nicht viel gesehen.
Jugoslawe (sarkastisch): Ich habe den Eindruck: Es war die „Sterbende Taube“. Die Friedenstaube nämlich …
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Vlacek: Große Pause! – Wir sind hier im Foyer. Alles promeniert. Dort an dem reichgedeckten Büfett stehen einige Damen. Sind es Delegierte? Nein. Weibliche Diplomaten haben wir überhaupt noch nicht bemerkt. Die waren damals äußerst selten. Von den wenigen Ausnahmen wurde um so mehr gesprochen … Nein, diese jungen Damen, das sind Sekretärinnen verschiedener Delegationen. Sie scheinen rasch Kontakt gefunden zu haben, herzlichen Kontakt.
(Lachen weiblicher Stimmen.)
Hören wir ihnen einen Augenblick zu:
Französin: Oh! Kein Kaviarbrötchen mehr?
Russin: Beißen Sie ab, Germaine. Wir sind schließlich Verbündete!
Engländerin: Rußland und England auch, Tamara!
Russin: Richtig! Beißen Sie auch ab, Dorothy!
Engländerin: Danke. – Hier – eine „Gold flake“, liebe Verbündete.
Französin: Eigentlich – ist
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