Science Fiction Almanach 1982
das komisch …
Russin: Was denn, Germaine? Daß ich gern „Gold flake“ rauche?
Französin: Ach … Nein, ich denke eben: Wir beide sind Verbündete. Wir auch, Dorothy. Und ihr beide ja auch!
Russin: Natürlich. Unsere Länder …
Französin: … sind alle miteinander verbündet. Einzeln! Ein Staaten- Bund ist es doch nicht!
Russin: Du hast recht! Seltsam ist das …
Engländerin: Ein staatsrechtliches Novum! würde Sir William Strang sagen!
(Ganz kurz hören wir die drei lachen – sofort hinüberblenden.)
Strang: Ein völliges staatsrechtliches Novum! Das wäre zu bedenken.
C. de Murville: Aber Sie sind trotzdem gegen deutsche Vertreter bei der Konferenz?
Strang: Natürlich.
Murphy: Sie finden vor allem gar keine.
Molotow: Jemand muß doch unterschreiben!
Strang: Das wird später nachgeholt. Wenn es einmal eine deutsche Zentralverwaltung gibt.
Molotow: Warum sie nicht jetzt bilden?
Murphy: Die finden Sie auch nicht.
Molotow: Ja, dann muß dieser Punkt eben vertagt werden.
Stimmen (müde, mürrisch): Bitte sehr – einverstanden!
C. de Murville: Was kommt jetzt noch?
Molotow: Künftige Grenzen Deutschlands …
(Leise abblenden . )
Vlacek: Hier haben wir nun eine nächtliche Kommissionssitzung vor uns. Drüben im Opernhaus: Der glänzende Ballettabend. Hier dagegen scheint produktiv gearbeitet zu werden. Oder …?
(Wieder laut die Debatte.)
Murphy: Nein! Die Oder-Neiße-Linie wurde in Potsdam nicht als Grenze festgesetzt. Das war gar nicht möglich!
Molotow: Wollen Sie die Polen zwingen, ihre Neuansiedler wieder zurückzuführen?
Strang: Polen hat kaum 80 Bewohner auf den Quadratkilometer. Unsere Zone 230. Auf die Dauer können die Flüchtlinge nicht durchgeschleppt werden.
C. de Murville: Meine Herren, blicken wir auf die Karte. Vielleicht findet sich ein Kompromiß. Hier: Wenn nun etwa Niederschlesien bis Liegnitz und Pommern bis Dramburg deutsch blieben?
Murphy: Das ist ein konstruktiver Vorschlag! Rußland könnte Polen etwa in Wolhynien entschädigen. Wir – würden in der Frage der Kredite mit uns reden lassen …
Molotow: Die Sowjetdiplomatie ist ihrem Volke verantwortlich. Und das Sowjetvolk würde nicht verstehen, wenn wir zugunsten der Deutschen …
Strang (unterbricht): Gut, gut, Mr. Molotow. Rechenkunststückchen helfen ja auch nicht viel. Wir brauchen die große konstruktive Lösung, die kein Unrecht verewigt!
Molotow: Eben. Deshalb müssen Sie Polens Anspruch anerkennen.
Strang: Ein Anspruch aus dem 15. Jahrhundert!
C. de Murville: Meine Herren: Sollen wir wirklich unverrichteterdinge in die morgige Sitzung kommen?
Murphy (resignierend): Wir werden sogar unverrichteterdinge von Moskau abreisen, fürchte ich …
Molotow: Es ist gleich zwei. Machen wir für heute Schluß …
(Stühlerücken. Tür schlägt zu. Dann Geräusch anfahrender Wagen. Ausblenden.)
Vlacek: Das waren Ausschnitte aus dem ersten Tag der Konferenz. Was aber meinte am nächsten Morgen die Welt, die mittelbar unterrichtet wurde, durch die Filter der Kommuniques, der Presse, des Rundfunks? Hören Sie Schlagzeilen aus den Hauptstädten der Erde:
(Sehr rasch nacheinander. Dazu Morsezeichen, Schreibmaschine.)
1. Stimme: London: Einigkeit in Hauptpunkten wahrscheinlich.
2. Stimme: Paris: Kurze Konferenzdauer zu erwarten?
3. Stimme: New York: Banken beraten russische Anleihe.
4. Stimme: Moskau: Das Sowjetvolk vertraut der Kraft der Sowjetdiplomatie.
Vlacek: Wiederum muß ich meine Zuhörer warnen: Das alles ist keine Heuchelei. Es ist – Optimismus. Nun ist der Streit uralt: Ob Optimismus ein Zeichen der Stärke oder der Schwäche sei. Wir kennen die Lösung: Optimist sein, macht stark. Optimistisch sein wollen, macht schwach. Wie es scheint, wollte die damalige Welt optimistisch sein … Oder täuschen wir uns? Hören Sie diese Stimmen der Welt:
1. Stimme: Berlin: Wintersaat durch Kälteperiode verloren.
2. Stimme: Wien: Hungerrationen in Österreich.
3. Stimme: Sofia: Ärzte als Steinklopfer.
4. Stimme: München: 100. Kartenperiode Zuteilungen im wesentlichen unverändert.
5. Stimme (Frau): Athen: Not im Überfluß. Volle Läden – leere Mägen …
6. Stimme: Die Welt hofft auf Moskau.
7. Stimme (Frau): Die Welt rechnet auf Moskau!
Stimmen-Chor: Die Welt wartet auf Moskau!
(Im Hintergrund
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