Science Fiction Almanach 1982
Hersey, der meisterliche Schilderer der Atombombe von Hiroshima, ein Buch. Den Bestseller des Jahres. Es hatte denselben Titel, den dreißig Jahre zuvor John Reed seiner berühmten Schilderung der russischen Oktoberrevolution gab:
Stimme: „Zehn Tage, die die Welt erschütterten“.
Vlacek: Noch heute, nach hundert Jahren, ist Herseys Buch aufschlußreich. Hier einige seiner Kapitel-Überschriften:
7. Stimme (ruhig, lesend): Die Parlamente tagen.
2. Stimme (ebenso): UNO-Vertreter geht nach Paris.
7. Stimme: Weltbund nach Paris eingeladen.
2. Stimme: Churchills Verzicht.
7. Stimme: Zum letzten Male in der Geschichte: Weizen ins Feuer, Kaffee ins Meer!
2. Stimme: Drei einstimmige Parlamentsbeschlüsse an einem Tage.
1. Stimme: Die Zustimmung des Papstes.
2. Stimme: Das Ende der Furcht.
1. Stimme: Eine ungewöhnliche Tagesordnung!
Vlacek: Damit war die Tagesordnung für Paris gemeint. Sie war ungewöhnlich. Einmal deshalb, weil sie überhaupt veröffentlicht wurde, vier Tage vor Beginn der Ministerbesprechungen. Zweitens, weil darin alle Punkte genau festgelegt waren. Vor allem aber durch die Mitteilung, die Zusammenkunft würde höchstens fünf Tage dauern, um keine unnötige Zeit zu verlieren. Sofort erfaßte die Weltöffentlichkeit die völlige Abkehr von alten diplomatischen Gewohnheiten. Erste wohltätige Folgen wurden spürbar. Vor allem in Deutschland, wo zum ersten Male begründete Hoffnung auf Besserung entstand. Die Ruhrkohlenförderung stieg daraufhin innerhalb von drei Tagen um 24 Prozent.
Einen interessanten Beweis für den plötzlichen Stimmungsumschwung gerade in Deutschland, dem Anlaß dieser ganzen Entwicklung, erbrachte eine Untersuchung durch das englisch-amerikanische Gallup-Institut zur Erforschung der öffentlichen Meinung. Hersey schreibt darüber:
Stimme (lesend): Ein halbes Jahr früher hatte der Nordwestdeutsche Rundfunk seine Hörer durch ein Preisausschreiben veranlaßt, einen bestimmten Tag ihres schweren Lebens schonungslos zu schildern. 35 000 Briefe waren eingegangen. Dies Material wertete Gallup nun im August nochmals aus. Damals hatten kaum 10 Prozent der Briefe ein Bekenntnis zum Leben und zum Lebensmut enthalten. Nun wurde an alle 35 000 Absender die eine Frage gerichtet, ob sich nach ihrer Meinung die Lage durch Paris ändern würde. 57 Prozent antworteten mit Ja! Angesichts der drückenden Not in Deutschland ein erstaunliches Ergebnis.
Vlacek: Die Ja-Sager behielten recht. Am 28. August begann die Pariser Tagung. Am 2. September war sie zu Ende. Am 3. wurde das Schlußprotokoll veröffentlicht. Hier seine Verlesung:
Stimme (vorlesend):
1. Deutschland erhält weder Friedensvertrag noch Statut. Es ist kein Staat mehr, sondern Mandatsgebiet der UNO. Zentralverwaltung. Aufhebung der Zonengrenzen bis 31. Dezember 1947.
2. Derselbe Zustand tritt bis 30. Juni 1948 für folgende Gebiete in Kraft: Ostgrenze: Peipussee-Taganrog. Südgrenze: Warna-Kreta-Neapel-Rhone-Nantes. Westgrenze: Kanalküste. Nordgrenze: Ostsee Flensburg-Leningrad. Auch diese Gebiete unterstehen dann der UNO-Hoheit.
3. Dies Kerngebiet Europas gibt sich einen eigenen Namen. Vorläufig wird es als C. E. (Central Europe) bezeichnet. Es bildet ein einheitliches Zollgebiet nach dem Muster der im Januar 1947 probeweise abgeschlossenen Zollunion zwischen Bulgarien und Jugoslawien.
4. Für C. E. gilt ein völliges außenpolitisches Moratorium für vorläufig vier Jahre. Aufhebung vieler einzelstaatlicher Rechte. Einzelheiten regelt C. E.-Verwaltung, der Minister der beteiligten Völker (auch deutsche) angehören. Bis 31. Dezember 1948 Wahlen zum C. E.-Parlament.
5. Rußland und Frankreich verzichten auf gewisse Hoheitsrechte in ihren zu C. E. gehörenden Gebieten. Dasselbe wird von allen anderen Staaten erwartet. Österreich und die Tschechoslowakei haben bereits zugestimmt. Mit Italien und Polen wird mit Aussicht auf Erfolg verhandelt.
6. C. E. ist einheitliches Welt-Notgebiet. Vor allem hilft es sich selbst. Den Deutschen erwächst hieraus die besondere Pflicht, diese letzte Chance wahrzunehmen. Die Not ist noch nicht vorüber! – Reparationen werden für vier Jahre ausgesetzt. Nazireinigung und Entmilitarisierung durch UNO.
7. Am 31. Oktober 1947 wird C. E. durch die UNO im Namen der Welt der aktive „Friede“ erklärt. Dieser neue Ausdruck bezeichnet Aktivierung der wirtschaftlichen und verkehrstechnischen Weltkräfte im gleichen Maßstabe
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