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Science Fiction Almanach 1982

Science Fiction Almanach 1982

Titel: Science Fiction Almanach 1982 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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sonderbare Wolke denkend, die mich so erschreckt. –
    – Aber er kehrte nicht wieder! –
    Vor uns auf dem Tische lag als unanfechtbares Beweisstück noch immer das Exemplar der „Minna von Barnhelm“ mit Lessings Widmung.
    „Haben Sie irgendeine Erklärung für diesen Fall?“ fragte der Herr Oberlehrer unsern Dr. Mathieu.
    „Nein, Herr Oberlehrer“, sagte dieser. „Ich war anfangs versucht, das rätselhafte Phänomen auf eine Art Starrkrampf, einen kataleptischen Zustand von außergewöhnlich schwerer Form zurückzuführen, wobei die subjektiven Erscheinungen, z. B. die einhüllende seltsame Wolke, von der er sprach, auf Störungen in der Funktion des Sehnerven hindeuten, wie wir ja bei eintretender Ohnmacht das Schwarzwerden vor den Augen wohl alle kennen; aber bei längerer Überlegung muß man diese Annahme doch wieder fallen lassen. –“
    „Und eine Art Hypnose, vielleicht hervorgerufen durch Autosuggestion!“ – warf ich dazwischen.
    „Auch diese Möglichkeit ist mir eingefallen“, sagte Dr. Mathieu fortfahrend – „aber eine Hypnose von so langer Dauer? Das möchte ich doch bezweifeln.“
    „Freilich, freilich – unmöglich!“
    – „Und meine Erklärung wollen die Herrschaften nicht gelten lassen?“ fragte Fennmüller spöttisch.
    „Du hältst die ganze Sache für Schwindel, nicht wahr?“ erwiderte der Herr Oberlehrer – „aber du bist doch sonst ein so guter Menschenkenner, Paule! Hast du die Augen dieses Mannes beobachtet? Waren sie nicht rein und klar wie Kristall! Willst du solche Zeugnisse nicht auch gelten lassen? Von dem überzeugenden Eindruck seiner altertümlichen Persönlichkeit will ich dabei gar nicht reden.“
    „Also ein menschliches Rätsel!“ Damit faßte Großhändler Deckers das allgemeine Urteil über Adam Perennius noch einmal zusammen – „ein menschliches Rätsel, ein Phänomen, an dem die Natur in Schöpferlaune einmal das vollbracht hat, was die Abenteurer früherer Jahrhunderte, ein Graf von St. Germain, Cagliostro u. a. ihren gläubigen Anhängern gegenüber zu sein behaupteten, Menschen mit ewiger Jugend!“ –
    „Papa“, sagte Frau Ellida im Laufe des weiteren Gesprächs, „Du hattest doch sonst immer in deiner Brieftasche auch ein derartiges Miniaturbild, wie es Frau Dr. Mathieu mir eben beschrieben hat, und von dem ich noch aus meinen Kinderjahren weiß, daß es aus der Zeit unserer Urgroßeltern stammt. – Vielleicht interessiert das am heutigen Abend, der so ganz der Vergangenheit gewidmet ist, die ‚Abendschule’ besonders. –“
    „Ja, richtig“, sagte Deckers, seine Brieftasche hervorziehend. „Das kleine Ding, nicht viel größer als ein Pfennig, in Email auf Gold gemalt, scheint einmal in der Familie meiner seligen Frau eine Rolle gespielt zu haben. Sie selbst kannte die Geschichte der kleinen Reliquie nicht mehr genau; nur soviel wußte sie, daß es von einer Urahne ihrer Familie stamme, die in ihrer Jugend eine unglückliche Liebe gehabt, lange Jahre in Schwermut gelebt und erst sehr spät sich verheiratet habe. Das kleine Miniaturbild fand man bei ihrem Tode an einem Kettchen auf ihrer Brust. –“
    Er öffnete eine Klappe seiner Brieftasche.
    „Hier ist es!“
    Einen Blick warfen wir alle auf das zierliche Bildnis.
    „Sollen denn die Rätsel und Wunder heute abend gar nicht aufhören?“ rief Fennmüller in großer Überraschung.
    „Das Porträt unseres geheimnisvollen Gastes!“ rief Frau Dr. Mathieu – und wir alle mußten das bestätigen, sprachlos vor neuer Verwunderung.
    – Ihr Gatte aber erbat sich das kleine Bildchen und besichtigte es eine Weile sehr genau, namentlich den Rand, wo das Email auf der Goldplatte auflag.
    „Wissen Sie auch, daß es sich aufklappen läßt, wie ein Medaillon unser heutigen Art?“ fragte er den Großhändler.
    „Nein“ – rief Deckers überrascht.
    „Da – sehen Sie!“ – Mit dem Fingernagel eine Stelle des Randes berührend, hob er das Bild von der Unterlage ab. –
    Ein kleines, vergilbtes, zusammengefaltetes Papier fiel heraus.
    Deckers ergriff es und faltete es vorsichtig auseinander.
    Es löste noch eins der vielen Rätsel von heute abend; denn es enthielt die Worte:
     
    „Meiner geliebten Justina.
    Berlin, im Jänner 1770.
    Adam Perennius.“
     
    – Darunter in zierlicher Mädchenhand:
     
    „Ich verlor Dich durch ein Geheimnis –
    aber einst finde ich Dich gewiß!
    Am 10. Jahrestage unseres letzten Wiedersehens,
    den 16. September 1780.
    Deine Justina.“
     
    Das

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