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Science Fiction Almanach 1982

Science Fiction Almanach 1982

Titel: Science Fiction Almanach 1982 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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fragten die kleineren Junonen, die nicht weitab vom Rande lebten und gewohnt waren, sehr oft mit ihren Schlangengliedern über den Rand hinüberzufassen – zur anderen Seite des Sterns hinüber.
    „Bratengeruch!“ sagten die beiden Antipoden der Mitte noch einmal ganz deutlich. Und die anderen Junonen öffneten alle ihre Porennasen und sagten dann auch: „Bratengeruch!“
    Nun entwickelte sich ein derartig lebhaftes Gespräch, daß man viele Stunden hindurch kaum sein eigenes Wort verstehen konnte; natürlich: Worte im irdischen Sinne wurden dabei gar nicht „gesprochen“.
    Die Erinnerungen der Junonen hatten plötzlich eine ganz neue Richtung bekommen. Und der ganze Stern wurde immer lebhafter – alle Luftballons glühten wie bunte Blumen, so daß jetzt tatsächlich die beiden Kegel des Sterns wie zwei riesige Blumenbuketts aussahen.
    Und da sagte dann schließlich der eine der mittleren Antipoden zusammenfassend:
    „In der Tat, liebe Freunde, wir haben’s endlich entdeckt; wir sind früher Wesen gewesen, die mit einem sogenannten Maule versehen waren. Und wir haben mit diesem Maule Dinge in uns aufgenommen, die wir Braten nannten. Was diese Braten waren, wissen wir auch: Es waren diese Braten andere im Feuer geröstete Lebewesen! Kurzum: Wir haben uns früher gegenseitig aufgefressen!“
    Ein allgemeines Oh- und Ah-Geknister folgte dieser Rede, und die Junonen bogen sich alle nach dem Rande zu, so daß der Stern nicht mehr wie zwei Blumensträuße wirkte.
     
    Die Antipoden in der Mitte ragten hoch in die Lüfte – ganz allein; die anderen Junobewohner hatten sich von ihnen zurückgezogen. Da vernahmen alle die Stimme des zweiten Antipoden – der sagte laut und deutlich:
    „Liebe Freunde, so einfach ist die Geschichte doch nicht gewesen. Jeder Baumriese stellte früher ein ganzes Volk vor – wir bestanden aus unsäglich vielen kleinen, winzig kleinen Lebewesen, die einander zuweilen sehr haß- und zornvoll gegenübertraten. Und so kam’s zuweilen zum Bratengeruch. Jetzt merken wir aber, daß diese kleinen Völker alle zusammen in uns vereint leben – und daß es gar nichts mehr zu bedeuten hat für uns, daß sich unsere kleinen Lebewesen früher mal befehdeten und auch zuweilen einander auffraßen. Jetzt sind ja all die Kleinen in uns friedlich vereint, und wir sind durchaus berechtigt, unser früheres Leben für einen kleinen Scherz zu halten.“
    Danach hörte man auf der Juno ein ganz neues Geknister, das sich wie ein irdisches Lachen anhörte.
    Und die Randjunonen sagten:
    „Unser Leben war früher ein kleiner Scherz. Es ist durchaus bedauerlich, daß wir unser jetziges Leben nicht zu einem großen Scherz gemacht haben.“
    „Oh“, tönte es da aus der Mitte heraus, „das können wir nachholen.“
    Und sie holten es folgendermaßen nach: Sie erinnerten sich an ihr früheres Leben, in dem sie ganze große Völkerscharen vorstellten, immer deutlicher, und es kam allen immer wieder das damalige Leben mit all dem Haß – und all der Wildheit und Gegensätzlichkeit – sehr spaßhaft vor. Und man konnte sich auf der Juno gar nicht darüber beruhigen, daß man früher das ganze Leben mit all dem Zwist, Eifer und Bratengeruch so ernst genommen hatte.
    „Nehmen wir auch jetzt unser jetziges Leben als Baumriesen, deren Wurzeln ganz harmonisch durcheinandergeschlungen sind, abermals zu ernst?“ fragten sehr viele Junonen.
    Und sie wiesen auf ein späteres Leben hin und ermahnten alle, doch ja das, was sie erlebten, recht fest in der Erinnerung zu behalten, damit nicht später abermals solche lange Zeiten des Suchens entstünden. Es könnten doch später auch wieder Zeiten der Uneinigkeit entstehen – und da wär’s doch so wichtig, wenn auch die Zeiten der Einigkeit fest in der Erinnerung haftenblieben. Hauptsächlich dürfe man das Scherzhafte in allen Dingen ja nicht vergessen.
    „Es ist aber wirklich furchtbar drollig“, meinten da wieder die Randjunonen, „daß es früher so viele Gegensätze in uns gegeben hat. Jetzt, da wir alle diese Gegensätze in uns freundlich wieder vereint haben, merken wir gar nicht mehr, daß sie mal was Feindliches gegeneinander hatten. Man kann so vollkommen auch im andern leben, daß der andere gar kein anderes mehr für uns ist. Unsere Antipoden sind uns so vertraut. Wir glauben, daß wir bald alle zusammen nur ein einziges großes Gesamtwesen sein werden.“
    „So schnell geht das nicht!“ meinten danach die Antipoden der Mitte.
    „Es wäre auch schade“,

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