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Science Fiction Almanach 1982

Science Fiction Almanach 1982

Titel: Science Fiction Almanach 1982 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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davon reichen, will ich erzählen. Ich weiß, daß ich langsam fürbaß schritt, der Stadt zu, die im Lichte des Spätnachmittags vor mir lag. Und da –“
    Ein Schauer durchrieselte ihn –
    „– da senkte sich plötzlich eine große, schwere, weiße Wolke auf meinen Weg herab, so dicht und scharf umgrenzt, als sei sie von anderer Materie gebildet als sonst Nebel und Wolken sind.
    Sie ruhte auf meinem Pfade wie ein in Schleier gehülltes Geheimnis.
    Ein Grauen überfiel mich, als wollte mich eine innere Stimme vor ihr warnen!
    Aber ich schüttelte die wunderliche Empfindung ab und schritt auf sie zu: jetzt hatte ich sie erreicht – jetzt trat ich hinein in ihre weißen Massen!
    Und plötzlich sah ich nichts mehr – ein undurchsichtiges, unabsehbares Nebelmeer umwogte mich. –
    Aber ich hatte die Empfindung, als ob ich trotzdem weiter schritte, weiter, immer weiter, schneller, immer schneller, rastlos, endlos …
    Und endlich, mit einem letzten Schritt, gelangte ich heraus aus der verhüllenden Wolke. – –
    Da lag vor mir eine Riesenstadt, wie sie mein Auge nie geschauet. Eine ungeheure Zahl himmelhoher Schornsteine stieg vor mir in die Lüfte. Riesige Häusermassen umgaben mich in langer Reihe. Betäubt schritt ich dahin –
    Dann führte man mich unter fremde Menschen einer fremden Zeit – Das Weitere wissen Sie …“
    – Wir saßen eine Weile unter dem Eindrucke seiner Erzählung stumm da. Vielleicht mangelt ihrer schriftlichen Wiedergabe gerade das, wodurch sie für uns so überzeugend und packend wurde: die ernste, edle Gestalt des Sprechenden, sein offenes, kluges, ehrliches Antlitz, sein jetzt im Feuer leidenschaftlicher Erregung flammendes, jetzt in ruhiger Fassung blickendes, aber immer klares, sicheres Auge, seine bald ruhig fließende, bald vor Aufregung stockende Sprechweise – das alles aber durchweht von einem geheimnisvollen Etwas, das sich nicht definieren ließ, aber dafür auf das Gemüt des Hörers nur um so überzeugender wirkte, das beispielsweise an seinen oft altertümlich gefärbten Redewendungen hing wie der Lavendelduft aus den alten Kleidertruhen der Urväterzeit. – Der da neben uns saß an demselben runden Tische unserer „Abendschule“, keine Handbreit von uns entfernt, war doch seinem innersten Wesen nach von uns getrennt, nicht räumlich, aber zeitlich! Und mochte man die Augen schließen, um nicht seine altertümliche Tracht zu sehen – sein geistiges Ich gehörte nicht mehr hinein in unsere Zeit! Sein seelisches Kleid trug den Schnitt von 1770, selbst wenn er sich nach unserer neuesten Mode gekleidet hätte. – Aber dies alles kann ich nicht so wiedergeben, wie es sich damals meinem Gefühl aufdrängte.
    – Fennmüller saß mir gegenüber. Ich sah ihn an – ich kannte dieses schalkhafte Gesicht und die Wetterzeichen darin, die seine Stimmung verkündeten. Es zuckte bedenklich um seine Mundwinkel. –
    Der Herr Oberlehrer aber sagte: „So haben Sie gar keine Erinnerung davon behalten, Herr Perennius, wo Sie so lange Zeit zugebracht haben?“
    „Nein, Herr Oberlehrer“, entgegnete Adam Perennius bestimmt. „Nicht den Schatten irgend einer Erinnerung, daß ich auf meinem Wege vielleicht krank geworden und irgendwo Aufenthalt gehabt oder Unterkommen gesucht habe – nichts!“
    „Das Rätselhafteste“, meinte Dr. Mathieu, „scheint mir nicht die subjektive Seite des Phänomens zu bilden, das Bewußtsein oder die Vorstellung, die Sie von dem ganzen Geschehnis nach so langer Zeit noch haben, sondern die objektive Erklärung des Phänomens, das Zustandekommen und Bestehen einer solchen Organismusstarre bei der ungestörten Fortdauer aller Lebensfunktionen – volle fünf Menschenalter hindurch. –“
    „Und damals gab es noch nicht einmal Ihre ‚Radiumbremse’, Herr Doktor!“ sagte Fennmüller lachend.
    Ehe Dr. Mathieu noch etwas erwidern konnte, ging die Tür des Lokals auf.
    Frau Ellida, die Jungverheiratete Tochter des Großhändlers Deckers, trat ein, am Arm ihres Gatten.
    Wir waren eben im Begriff, die Ankommenden zu begrüßen, als Adam Perennius mit einem Schrei des Entsetzens auffuhr. –
    Wie von einer Erscheinung gebannt, starrte er auf die junge Frau. Auf seinem Antlitz wechselte die Blässe des Todes mit fieberhaftem Rot.
    „Justina“ – rang es sich dann aus seiner Brust hervor, indes er ihr einen Schritt näher trat, „Justina! Du – Du lebst noch? Du auch! So sind wir beide –“
    Da erst schien ihm die Besinnung wiederzukommen. Sein

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