Science Fiction Almanach 1982
Kopfschmerzen und Übelkeiten. Ihm war zumute, wie einem Menschen, der noch an den Nachwehen einer heftigen Seekrankheit leidet.
Ganz langsam wurden seine Beobachtungen klar, und er wiederholte, was geschehen: Er hatte Licht in der Rakete gesehen, er war die Treppe hinaufgestürmt, in die Kabine gesprungen – damit aus. Er lauschte: Die Wände erzitterten leise die Rakete war in Bewegung. Ihn überkam ein Gefühl unbändiger Freude. Die Rakete war in Bewegung! Dann war also die Abfahrt vorüber. Glücklich vorüber!
Diese Abfahrt, die durch irgend einen ihm noch unerklärlichen Zufall ganz plötzlich gekommen war.
Mit der Überzeugung, daß für den Augenblick sein Leben wahrscheinlich nicht in direkter Gefahr war, wurde er ruhig, seine Hände tasteten an den Wänden empor. Er selbst hatte jeden Griff und jeden Hebel dort angebracht und vermochte ihn auch im Dunkeln zu finden.
Ein kurzer Druck, elektrisches Licht flammte auf.
Egon stand aufrecht und sah in zwei ihm vollständig fremde, entsetzte Gesichter, die zu ihm aufschauten.
Der Ausdruck dieser Mienen, diese todblassen Menschen, die vor ihm hockten, beschmutzt, verstört und gleichzeitig verlegen, wirkten auf Egons jetzt wieder zuversichtliche Stimmung fast komisch.
„Wie kommen Sie hierher?“
„Entschuldigen Sie, mein werter Name ist Korus.“ Auch jetzt konnte der Reporter seine Schnoddrigkeit nicht ganz unterdrücken.
„Ein Deutscher?“
„Korrespondent der Berliner Presse.“
„Und der andere Herr?“
„All Right, Korrespondent der New York Evening Post.“
„Meine Herren, mit welchem Recht kamen Sie in diese Kabine?“
„Mit gar keinem, ganz einfach mit der Kühnheit, mit der ein tüchtiger Reporter für sein Blatt alles wagt.“
„Yes.“
Die Offenheit der beiden gefiel Egon. „Sie hätten beinahe unsere drei Leben zerstört.“
„Das war nicht unsere Absicht. Wir drei, das heißt wir beide und der Japaner Nagao Hazumi, wollten nichts, als die innere Einrichtung der Rakete kennenlernen. Ein Zufall muß verursacht haben, daß einer von uns einen Hebel drehte. Augenblicklich begann ein Uhrwerk zu summen, wir erschraken, wir wußten selbst nicht mehr, welchen Hebel wir gedreht hatten, der Japaner sprang hinaus, Sie stürmten herein, und im selben Augenblick brach der Weltuntergang für uns alle los.“
„Allmächtiger Gott!“
Egon hatte die letzten Worte kaum noch gehört und war zu dem Geschwindigkeitsmesser gesprungen, warf einen Blick auf diesen, öffnete dann eine schmale Türe oberhalb der Polsterbank in der Rückwand der Kabine, kroch hindurch, verschwand einen Augenblick in den hinteren Räumen und ließ die beiden Reporter allein.
Korus stand langsam auf. „Meine Knochen sind merkwürdigerweise noch heil.“
„Meine auch.“
„Die Rakete ist abgefahren.“
„Schade, daß der Doktor dazukam. So hätten wir ganz allein –“
„Unsinn, mein Lieber, wir wären nie wieder auf die Erde gekommen, übrigens, Mister All Right, darf ich Sie um zehntausend Dollar bitten?“
„Wieso?“
„Sie haben um diese Summe gewettet, daß die Rakete bei der Abfahrt explodieren würde.“
Der Amerikaner grinste: „Ich schlage vor, wir waschen uns erst. Wir haben die Wasserkanne ja dort im Schrank gefunden.“
Sie säuberten sich und auch den Fußboden und sahen, wie das Wasser unter diesem versickerte.
„Merkwürdig, wie gut hier die Luft ist.“
„Merkwürdig ist überhaupt alles.“
Egon kam mit sehr ernstem Gesicht zurück. „Meine Herren, es hätte durchaus keinen Zweck, wenn ich Ihnen jetzt noch Vorwürfe über Ihr unverantwortliches Benehmen, durch das Sie Joe Allister um eine Million und uns selbst höchstwahrscheinlich um unser Leben gebracht haben, Vorwürfe machen würde. Durch die falsche Benutzung der Hebel haben Sie die Hilfsrakete wie auch das eigentliche Fahrzeug gleichzeitig in Tätigkeit gesetzt. Es müssen ganz außerordentliche Explosionen stattgefunden haben, und ich vermute, Sie haben außerdem die Insel Nova Atlantis und leider wahrscheinlich auch sehr viele Menschenleben vernichtet.“
„Wir haben wirklich nicht –“
„Ich sagte Ihnen schon, daß es jetzt gar keinen Zweck hat, über diese Dinge zu reden. Wir sind, allerdings sehr gegen meinen Wunsch, zu Reisegefährten geworden, und es bleibt uns nichts übrig, als gute Kameradschaft zu halten. Wir sind jetzt bereits unterwegs. Der durch die vorschnellen Massenexplosionen in das Ungeheure verstärkte Andruck, der uns betäubt hatte,
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