Science Fiction Almanach 1982
ausgekleidet, und zwar derartig, daß sich dieser Stoff, den sie die künstliche Haut nannten, um den Hals ganz eng an die natürliche Haut ansaugte. Gerade dieser Punkt war besonders gefährlich, weil sonst das ungeschützte Gesicht von der Kälte betroffen worden wäre.
Wochen hatten Apels Chemiker dazu gebraucht, aus demselben Stoff eine durchsichtige, flüssige Lösung herzustellen, um mit ihr auch die Augengläser, die wegen des Schnees und des grellen Lichtes wie Schneebrillen gefärbt und aus feinstem Kristall geschliffen waren, innen zu bestreichen und gleichfalls kältefest zu machen.
Auch der Mund war natürlich von der Außenwelt abgesperrt und ihm gegenüber, um eine Verständigung zu ermöglichen, eine Telephonmembrane eingearbeitet.
Daß eine Sauerstoffbombe und ein Apparat zur Ermöglichung einer freien Atmung eingefügt waren, verstand sich von selbst.
Die drei Männer, die jetzt selbst mehr vorweltlichen Ungeheuern ähnelten, waren bereit.
Der Amerikaner trug auf dem Rücken eine Axt und einen Sack mit Werkzeugen.
Korus hatte eine ähnliche Ausrüstung, während Egon an gleichfalls mit der künstlichen Haut überzogenen Schnüren Thermometer, Fernrohre und Entfernungsmesser nebst anderen wissenschaftlichen Instrumenten trug. Außerdem hielt ein jeder einen Bergstock in der Hand. Irgendwelche Nahrungsmittel oder Getränke nahmen sie nicht mit. Diese wären zwecklos gewesen, weil sie doch nichts hätten essen oder trinken können, ohne den Taucherhelm abzusetzen und also augenblicklich zu erfrieren.
Egon trat an die Türe, die zu dem Luftschlauch führte. „Ich werde zuerst hinaustreten. Für den Fall, daß ich trotzdem etwa sofort getötet werden sollte, kümmern Sie sich nicht um mich, sondern schließen die Türe und denken an Ihre eigene Rettung.“ Merkwürdig fremd klangen Rede und Antwort durch die Membrane des Helmes.
Es war auch eigentlich Torheit, was Egon sagte. Gelang es ihnen nicht, auf dem Monde durch irgend einen glücklichen Zufall, durch irgend eine unvermutete Entdeckung eine Möglichkeit zur Rückkehr zu finden, dann war ein plötzlicher Tod das beste für sie.
Egon stand jetzt im Luftschlauch und öffnete vorsichtig die Türe nach außen, nachdem er vorher die Türe nach der Kabine sorgfältig geschlossen hatte. Es war dringend notwendig, diese Schleuse mit unglaublicher Vorsicht zu benutzen, damit möglichst wenig von der Luft der Innenkabine verlorenging.
Egon sah, daß die Rakete immer noch über dem Monde schwebte. Dieser selbst schien vollständig mit einem eigenartigen, schneeweißen Moos bedeckt zu sein.
Jedenfalls hatte Egon durchaus kein Gefühl der Kälte, er überlegte einen Augenblick, bückte sich, um das Ankerseil zu erfassen, und stand dann mit den Füßen in dem weichen, weißen Moose, das zu untersuchen er vorläufig keine Zeit hatte.
Er sah, daß der schwere Anker, den sie herabgelassen, gar nicht gefaßt hatte, sondern frei auf dem Boden lag.
Ihn erfaßte ein furchtbarer Schrecken und in Sekunden stürmten die Gedanken durch sein Hirn. Wenn jetzt ein Sturm kam – was wußte er, ob es Stürme auf dem Mond gab? Wenn irgend eine Kraft die Rakete forttrieb? Die Möglichkeit, ganz allein in dieser grausigen Umwelt zu sein, deren überwältigende Furchtbarkeit auf ihn einstürmte, erfüllte ihn mit Entsetzen.
In dieser Sekunde empfand er, daß die Anwesenheit der beiden ungewollten Gefährten die größte Wohltat war, die ihm das Schicksal geschenkt hatte.
Er wollte zu dem Anker hingehen, tat einige Schritte, sah sich verwundert um und merkte, daß er schon weit an ihm vorbei war. Welch ein eigentümlicher Gang. Eigentlich gar kein Gang, sondern eine Art hüpfenden Schwebens auf einer gewaltigen Sprungfedermatratze.
Jeder Schritt brachte ihn unendlich viel weiter als auf der Erde. Wie er versuchte, an dem Bergstock über eine Spalte zu springen, schoß er hoch in die Luft und landete zwanzig Meter weiter. Er lächelte innerlich. Auf dem Monde zu gehen, muß gelernt werden, er mußte erst begreifen, seine Muskelkraft so viel geringer einzustellen, wie es die so viel verkleinerte Anziehungskraft des Mondes erforderte.
Dabei bereitete das erhebliche Gewicht seiner Ausrüstung ihm durchaus keinerlei Beschwerden.
Endlich war er nach vielem Hin- und Herspringen neben dem Anker und suchte nach einer Möglichkeit, ihn zu befestigen. Das war vollständig unnötig, denn wie er versuchte, den Anker zu heben, bemerkte er, daß er ihn gar nicht zu bewegen
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