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Science Fiction Almanach 1983

Science Fiction Almanach 1983

Titel: Science Fiction Almanach 1983 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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sei­ner Stim­me. „Es kommt al­lein auf die Hel­lig­keit des Blicks an, ganz al­lein.
    Und ich kann selbst dann, wenn die Son­ne am höchs­ten steht, auf ei­nem spie­geln­den, kie­sel­wei­ßen Stein­pla­teau den Feind er­ken­nen, der aus der Son­ne kommt.
    Ich ha­be den hells­ten Blick der gan­zen Wüs­te, vom fau­len­den Fluß bis zu den Wol­ken­ber­gen. Dar­um hei­ße ich Licht­klin­ge, das hat­te Stein­zwin­ger ver­ges­sen.“
    „Und ein Feind, der dich aus dem Rück­halt an­fällt?“
    Der Jä­ger lach­te hell auf. „Iß, du Dumm­kopf, red kei­nen Un­sinn. Wer aus dem Hel­len auf dich zu­tritt in das Dunk­le­re, aus dem du kommst, oh­ne sei­ne waf­fen­lo­se Hän­de zu wei­sen, der ist ein Feind. Ein Feind kommt nie aus dem Dun­keln. Und hin­ter dir, wo dein Blick nicht hin­reicht, ist es am dun­kels­ten. Kein Geg­ner greift dich im Rücken an, ge­nau­so­we­nig, wie du das Fleisch da mit dei­nem Hin­tern frißt, Al­ter. Aber da­von ver­stehst du nichts.“
    Der Al­te nick­te. Er ver­stand wirk­lich nicht, war es nur das über­trie­be­ne Ehr­ge­fühl die­ses Jüng­lings, war es be­reits ein kon­di­tio­nier­ter Re­flex oder schon et­was Drit­tes, das er wirk­lich nicht ver­ste­hen konn­te?
    „Und weil ich den hells­ten Blick ha­be“, fuhr Licht­klin­ge mit sei­nem Ei­gen­lob fort, „wird mich nie ein Feind über­ra­schen. Ich brau­che nie­man­den zu fürch­ten, nie­man­den und nichts – –nichts – – bis auf das Ei­ne.“ Sein Prah­len hat­te sich zu ei­nem klein­lau­te­ren Ton ge­mä­ßigt. „Bis auf das Ei­ne“, wie­der­hol­te er au­to­ma­tisch.
    Der Al­te nick­te. „Bis auf das Ei­ne und bis auf die Nacht … bis auf die Nacht, die euch hilf­los über­fällt wie ei­ne Ah­nung des Einen, das schlim­mer ist als der Tod.“ Sei­ne Stim­me klang jetzt lau­ter und ihr Tri­umph über­täub­te sei­nen Licht­schmerz.
    Lan­ges Schwei­gen blieb jetzt zwi­schen ih­nen. St oh leg­te es als mo­men­ta­ne Über­le­gen­heit aus und wag­te die Fra­ge, die zu stel­len er sich bis­her im­mer ge­fürch­tet hat­te: „Warum hast du mich nicht er­schla­gen, Licht­klin­ge, wie es die an­de­ren Jä­ger mit ih­ren Ah­nen ge­tan ha­ben?“
    Wie­der war lan­ges Schwei­gen, und der Al­te fürch­te­te schon, was er für ei­ne be­grün­de­te Scho­nung ge­hal­ten hat­te, wä­re wirk­lich nur ei­ne groß­zü­gi­ge Lau­ne ge­we­sen, und die ein­zi­ge Ant­wort auf sei­ne her­aus­for­dern­de Fra­ge könn­te nur die Tat sein, die die Sit­te er­füll­te.
    Zum ers­ten­mal seit lan­gem zö­ger­te der Jä­ger leicht, wäh­rend er sprach: „Du kannst das Ei­ne – oder du hast es in dei­ner Ju­gend ge­konnt, und die Nacht macht dich nicht wehr­los. In dei­ner Zeit mußt du sehr tap­fer ge­we­sen sein. Du hast das Ei­ne ge­konnt, dich in die schma­len Ka­ver­nen der Schrof­fen vor­ge­wagt, was kei­ner der Jä­ger heu­te mehr fer­tig­bringt. Ich könn­te mich nicht mehr be­we­gen, wenn der drit­te Zug mei­nes Atems von jen­seits des Fel­sen kom­men müß­te. Und ich wür­de mich wehr­los füh­len in ei­ner der en­gen Höh­len, wo ich nicht mei­nen Blick wen­den kann, so daß mein Au­ge einen Punkt fin­det, der weit ge­nug ist, daß es ru­hen kann. Wenn du dich in die Gän­ge der Klip­pen vor­wa­gen konn­test, dann mußt du sehr tap­fer ge­we­sen sein.“
    Der Al­te biß kräf­tig in das Fleisch, um nicht schal­lend auf­zu­la­chen. Tap­fer! Aus­ge­rech­net tap­fer! Er war ei­ner der ers­ten ge­we­sen, die von hys­te­ri­scher Klaustro­pho­bie be­fal­len wur­den, als die Räu­me in den Häu­ser­tür­men im­mer en­ger wur­den und sich wie Pan­zer um die hu­ma­noi­den Weich­tie­re zu schlie­ßen be­gan­nen, bis schließ­lich al­le wie pa­ni­sche Lem­min­ge ins Freie zu strö­men be­gan­nen, von der in­ne­ren in die äu­ße­re Un­be­wohn­bar­keit.
    Und vom blei­chen Star wur­de er auch als ei­ner der ers­ten be­fal­len. Er hat­te schon im­mer emp­find­li­che Au­gen ge­habt, und wäh­rend die frei in der Luft schwei­fen­den Gif­te, die die oh­ne­hin schon fast kalk­hel­le Stadt­wüs­te im­mer stär­ker zu die­ser ste­chen­den Bleich­heit ent­färb­ten, ent­glitt ihm die Fä­hig­keit plas­ti­scher

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