Science Fiction Almanach 1983
hatte seine Stimme im Satz erstarren lassen.
„Größenwahnsinnige Träume und Taten enden immer abrupt“, kommentierte der Alte das plötzliche Verstummen hämisch, dann überließ er sich ganz den ersten schmerzfreien Augenblicken der Dämmerung, als unvermittelt etwas Weiches gegen ihn stieß.
Ein heiserer Schrei antwortete einem schrillen. Dann erkannte Stoh, was ihn angerannt hatte und er griff fester zu. Es war eine Frau, sie wand sich ängstlich, beruhigte sich aber dann unter seinem sanften Zureden.
„Die sind auch nicht kaltblütig genug, um in der Nacht zu erstarren“, dachte er. Die Frau bemerkte, daß sie von ihm keine Grobheiten zu befürchten hatte und schmiegte sich jetzt an ihn. Dann schlief er von seinem Tagesschmerz erschöpft ein.
Die lohglühende Grelle des Sonnenaufgangs traf ihn wie ein Beilhieb zwischen die Augen. Mit einem stummen Schrei fuhr er hoch. Unter den dumpf tobenden Schmerzwogen der Tagsiede hörte er Lichtklinge spotten: „Wohl auf der Jagd gewesen heute nacht. Alter, hat sich wirklich gelohnt, ein besonders schönhäutiges Wiesel hast du dir da gegriffen.“
Das Mädchen an seiner Seite zitterte merklich, doch Licht klinge kümmerte sich nicht weiter um sie, sondern schrie auf einmal: „Zur Seite, lauft!“
Er sprang fast unhörbar einige Schritte fort, seine Füße schliffen leicht über den Kies aus Weißzünde, als spränge er hastig hin und her, dazu klapperte Metall wie eine hektisch bewegte Schere. Nach einer Weile erklang ein schleifendes Geräusch, als würde eine Klinge an der anderen geschärft.
Die Stimme des Jägers klang stolz wie immer: „Der Morgen fängt gut an. Es war ein Schaumfalke. Er ist klar wie die Luft, nur kurz vor dem Angriff verrät er sich durch ein leichtes, kaum wahrnehmbares Aufschäumen seiner Schwingen. Wenn er sich auf dich niedersetzt, verbrennt er deine Haut, du bist dann unrettbar verloren. Und nie gibt er einen Angriff auf, er ist ein stolzes Tier. Man kann ihn nur zwischen zwei Klingen fangen und zu einer festen Kugel rollen, anders ist er nicht zu bezwingen.“
Stoh spürte eine elastische Kugel in der Hand, seine Hand zuckte zurück.
„Keine Sorge“, lachte der Jäger, „die Kugel ist ungefährlich und sogar eßbar, du laß es besser, gib sie dem Wiesel, und laß dich von ihm führen, es kann wenigstens etwas mehr sehen als du.“
Während der Blinde, von der Halbblinden geführt, hinter dem Helden herstolperte, dachte er: ‚Schaumfalke, klingt wie ein surrealistischer Gedichtanfang … vielleicht eine schweifende Säure, die sich durch mechanische Behandlung neutralisieren läßt – oder tatsächlich eine neue Kreatur? … Aber eine solche Frage kommt mir gar nicht zu, mir, einem lebenden Anachronismus, nur sein Begriff von der Wirklichkeit kann zutreffend sein, meiner repräsentiert eine Kultur, die verglommen ist … Also eine neue Kreatur. Schaumfalke, wieso darf etwas so Grauenhaftes in Worten so schön klingen …?’
Die Tage vergingen in gleichförmig pulsierendem Schmerz. Das Wiesel führte ihn sorgsam. Mehrmals durchwateten sie Gewässer, die Lichtklinge tickende Bäche nannte. Einmal wichen sie hastig einem Geruch aus, vor dem sie der Jäger warnte; der blauweiß-süßliche Duft, das Gift, das Stoh für allgegenwärtig hielt und für seine Langlebigkeit verantwortlich machte.
Am siebenten Wandertag zur Zeit der Hochsonne kommandierte Lichtklinge plötzlich, als folge ihm eine Armee junger Jäger: „Den Kettenflor über die Hornhaut hochgezogen und schiebt den Dorn über die Pupille! Es kommt eine große, blendende iselweiße, spiegelnde Fläche!“
Das Komische dieses vergeblichen Befehls vergaß der Alte sofort unter dem Schmerz, der ihm
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