Science Fiction Almanach 1983
er.
Sein Begleiter zog ihn schnell mit sich fort, daß er in der Eile stolperte. An sich waren so plötzliche Aufbrüche nichts Ungewöhnliches. Der junge Jäger gab gerne augenblicklichen Launen nach, aber er hatte sich dabei noch nie durch den Alten beeinflussen lassen.
„Vorsicht, es kommt eine lange Folge gestufter Platten, stolper nicht dauernd, mach größere Schritte, ich habe ein bestimmtes Tempo, das erfordert die Sicherheit.“
Stoh überließ sich ganz dem sicheren Griff und den gelegentlichen Warnkommandos. Die Eile seines Begleiters zwang ihn zu einem Dauerlauf, einem unablässigen Hetzen durch ein Meer aus Schmerz und Glut.
„Ich taumle durch ein Nichts aus Migräne“, dachte er stolpernd.
„Der Boden sinkt schräg ab“, warnte Lichtklinge.
,Eine Rampe’, dachte Stoh, ‚seine Warnungen machen wir die Wüste fast heimisch.’
Plötzlich zischte der Jüngling einen scharfen Warnruf: „Ein schwerer Zyklamengeruch kommt dort aus der Senke, schnell hier rauf!“
Während er mitgerissen wurde, dachte der Alte: ‚Wohl ein Blausäuregas … sonderbar, er benutzt Farben, die er nicht kennt, zur Bezeichnung von Gerüchen, die ich nicht mehr wahrnehmen kann.’
Abends lagerten sie auf einer groben Kiesfläche, die ziemlich hoch zu liegen schien. Der Untergrund eines ehemaligen Dachgartens, vermutete Stoh. Lichtklinge war etwas beunruhigt von den vielen tieflagernden, gefährlichen Gerüchen dieser Gegend, von denen er in der Nacht nicht überrascht werden wollte.
Der Kies glomm heiß unter Stohs nackten Füßen, oft tanzte er mit verzweifelten Bewegungen nach kühleren Plätzen. Vor seinen Augen flimmerte ein Hitzeregen.
Lichtklinge war belustigt. „Die Steinchen sind Weißzünde, sie glimmen unter der Hohen Sonne, dann sind sie warm wie das lustvolle Innere eines schönhäutigen Wiesels.“
Kurz vor Sonnenuntergang, als der Stolz des Jägers ein wenig nieder dämmerte, wiederholte Stoh seine Frage: „Warum tust du das? Warum nimmst du mich mit?“
„Weil man dich ohne meinen Schutz erschlüge“, sagte der Jäger gleichgültig und fuhr dann, um nicht den Irrtum irgend eines Zartgefühls aufkommen zu lassen, fort: „Ich brauche dich noch.“ Seine Stimme begann wieder in Prahlerei zu schäumen. „Wenn ich zurückkomme, dann fange ich alle Wiesel ein, bis ich den einzigen Harem besitze, vom faulenden Fluß bis zu den Wolkenbergen. Denn kein Mann kann mich daran hindern, weil ich den hellsten Blick habe. Und dann müssen die anderen Männer für mich auf die Jagd gehen, und für die Wiesel müssen sie zahlen.“
Während der grelle Schein vor seinen Augen schmerzhaft nach außen zerfloß, dachte Stoh wie stets in höchster Pein zynisch: ‚Dieser mein entsetzlicher Urenkel … oh nein, er muß bereits der siebenten Generation nach mir angehören, das Exemplar einer stammesgeschichtlich neuen Gattung, des Homo brutalis… und dieses Exemplar einer neuen grauenhaften Nomadenrasse erfindet so etwas Zivilisiertes wie die Zuhälterei … oh Darwin, die Auslese gilt der Muskulatur der Gemeinheit, und der Mann war auch noch stolz, so ein Gesetz zu entdecken …’
Der Jüngling neben ihm hatte währenddessen mit hartverträumter Stimme fortgefahren: „Und wenn ich sie lange genug fernhalte von den Wieseln, dann werden sie für mich sogar das Eine tun.“
Stoh lachte auf. „Das werden sie nie tun.“
„Sie werden es tun. Für die Wiesel tut ein Mann alles. Aus den Höhlen und Grotten der Felsen werden sie mir die Dinge aus deiner Zeit holen. Und du wirst sie mir erklären. Darum brauche ich dich noch. Damit du zu meinem strahlenden Licht den Glanz der Vergangenheit hinzu …“
Die Kühle der plötzlich hereinbrechenden Nacht
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