Science Fiction Almanach 1983
einige Nervenbreit unter ihr, so war er wie enthäutet der sengenden Hitze ausgeliefert.
,Es wird Nacht’, dachte er in einer der Pausen, die ihm der Schmerz ließ, wenn er leicht fortebbte, um dann als eine mit gleißenden Kristallnadeln gespickte Welle des Glutmeeres zurückzuschießen.
‚Jede Folter hat ihren Rhythmus, wenn sie gekonnt ist’, dachte er beim nächsten Absinken des Schmerzes, ‚oder besser, sie hat den Rhythmus des Opfers, ist sie gut organisiert. Darum hatten menschliche Folterknechte fast immer ein Verhältnis zur Musik, wenn ich mich richtig erinnere …’, ein stummer glutgellender Schrei in seinem Hirn unterbrach diesen Gedanken, um ihm dann eine kurze Fortsetzung zu gestatten“ … wenn ich mich richtig erinnere, wofür es keine Gewähr gibt in diesem verwüsteten Nervenbündel, das man mit großspuriger Sachlichkeit einmal Gehirn nannte …’, stumm gellend unterbrach er sich wieder für einige Augenblicke selbst“ … du solltest die Ironie lassen’, warnte er sich dann, ‚die Schmerzanfälle sind danach jedesmal stärker. Die Natur läßt sowieso in ausgeklügelten Rhythmen leben und foltern, aber ob ihre infamen Kräfte tatsächlich empfänglich und sogar empfindlich sind für Ironie …?’
,Es wird Nacht’, dachte er wieder und hob mit vergeblicher Geste die Hände vor die Augen; auch sie schützten nicht vor der Helligkeit. ‚Alles rudimentäre Gesten eines lebenden Fossils, früher bedeuteten sie Kummer, Sammlung, Müdigkeit – heute sagen sie wahrscheinlich gar nichts mehr, nicht einmal mir …’
,Es wird endlich Nacht’, wimmerte er jetzt leise. Wie als Antwort darauf klang irgendwo in der Nähe der schwachverzweifelte Klageruf einer Frau herüber, dann peitschenartig klatschende Schläge, längeres Wimmern, das in Stöhnen überging und endlich unter langgezogenem röhrenden Triumphgeschrei verstummte.
Der Alte lauschte furchtsam zwischen seinen pulsierenden Schmerzanfällen auf das kleine Alltagsdrama in seiner Nähe.
,Ich habe Angst vor jedem Mann, der sich nähert, und dann wieder verfluche ich das Gift, das mich nicht sterben läßt, es gibt keinen absurderen Gemütszustand als ein sinnlos endloses Leiden …’, seine Gedanken zerflossen vorübergehend in brennenden Schreien ‚… Jedenfalls empfinde ich kein Mitleid mehr, ein bißchen schon hat die Wüste meinen Charakter adoptiert. Ich sollte für eine schmerzhafte Sekunde stolz sein.’
Es näherten sich gleichmäßig starke Schritte, von einer Galerie schwacher Echos begleitet, die sie multiplizierten; dem Alten schien es für einen Moment der Klang einer marschierenden Truppenformation, die unerbittlich über ihn wegstampfen müßte. Dicht neben ihm verstummten die Schritte.
„Bist du es, Lichtklinge?“ fragte der Alte mit ängstlicher Hast und wandte schnell den Kopf in die Richtung, aus der die Schritte geklungen hatten, falls er nicht durch die vielen Echos getäuscht worden war. Die schreckliche Pause – wie immer auf diese Frage – schien ihm einen Herzschlag zu lang. Schon erwartete er, den Glutfluß seines Atems anhaltend, den tödlichen Schlag, da erlöste ihn die bekannte Stimme aus dem furchtbaren Bann.
„Ich bin’s Stoh, du solltest meinen Schritt kennen. Auch darin unterscheide ich mich von den anderen.“
Der Alte nickte eifrig. „Sollte ich, sollte ich wirklich, den lebensspendenden Schritt von den todbringenden … Aber wie das Weiß dieser Wüste zu hell ist für meine Augen, ohne Schatten und Konturen, läßt auch das Unterscheidungsvermögen meines Gehörs nach. Die Wüste hat sich zu stark verändert für meine Sinne. Ich kann sie nicht mehr deuten.“
„Immer wenn du
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