Science Fiction Almanach 1983
Badetuch als Wickelrock um die Hüften geschlungen. Das kurze, nasse Haar klebte ihr am Kopf. Die Wassertropfen liefen ihr über Wangen und Hals und netzten die lederfarbenen Spitzen ihrer festen Brüste.
„He, Küken!“ Sie klatschte Chalila aufmunternd auf die Kehrseite.
„Laß uns doch mal gemütlich faul sein“, nuschelte diese und streckte sich träge.
„Sag mal“, fragte Muja gedehnt, „hast du etwa schon wieder zugenommen?“
Aus war es mit der Gemütlichkeit! Chalila setzte sich erschrocken auf, wobei sie automatisch den Bauch einzog. Ihr Busen war eindeutig zu groß für ihr Alter.
„Vorsicht, Küken, Übergewicht zählt hier zu den gesetzlichen Straftaten“, drohte Laserma spielerisch.
Doch damit nicht genug. „Außerdem gibt es Minuspunkte in der Kartei der Gesundheitssünder. Nimm dir ein Beispiel an der nackten Muja!“ flachste Tyra.
„Ich kenne nur die nackte Maja“, erwiderte Laserma und lächelte mit Unschuldsmiene.
„Sehr witzig!“ Muja setzte sich auf die vierte Liege, riß aus einer keimfreien Hülle eine Schutzbrille und setzte sie auf. „Tja“, meinte sie bedeutungsvoll, „seit unserer Schlankheits-Verordnung ist es mit dem Schokoladenboom Essig!“
Laserma schüttelte sich leicht. „Essig und Schokolade, das wirkt schon akustisch als Abführmittel!“
„Wenn du bei unserem nächsten Body-Tüv wieder vier Pfund zuviel auf die Waage bringst, schicken sie dich auf eine der Hungerfarmen in der Dritten Welt.“
„Ach, laßt mich doch in Ruh’!“ Chalila sprang auf, hüllte sich in ihr Badetuch und verschwand in Richtung Umkleidekabinen.
„He, du hast vergessen deine Brille abzunehmen!“ Zum Dank für die Ermahnung flog sie Muja prompt an den Kopf. Die Mädchen lachten. Ab und zu konnte auch das Katzengesicht einen kleinen Scherz vertragen.
„Apropos Ex-Schokoladenparadies – brauchst du für dein Blut Ersatz, wend’ dich an die Schweiz, mein Schatz!“ reimte Tyra. Im gelobten Land des Käses kontrollierten mittlerweile professionelle Blood Brooker, die Blutmakler, rund achtzig Prozent des gesamten Import- und Exportvolumens.
„Darum hat die Rotkreuz-Weltliga erneut das strikte Verbot jeder kommerziellen Blutausbeutung gefordert. Die Neomortenbanken in den USA sind durch die Intervention der Totenrechtskommission bereits abgeschafft worden“, führte Muja das Thema fort.
„Neomorten?“ fragte Chalila, die aus lauter Angst, etwas zu versäumen, im Slip aus dem Kabinentrakt trat.
Tyra erklärte ihr, daß es sich dabei um Menschenkadaver handelte, die an künstliche Beatmungsgeräte angeschlossen wurden. Nach Erlöschen ihrer Hirnstromkurven galten sie als tot. In einem geschlossenen Lager System konnte man sie jedoch relativ billig „am Leben“ erhalten; ein ideales Organ-Entnahmedepot für Transplantationen.
„Wirklich reizende Freizeitgespräche!“
Muja grinste. „Das gehört doch zur Allgemeinbildung, Küken!“
„Zum Glück haben wir mit der sogenannten Organ-Mafia nichts zu schaffen“, atmete Chalila auf und nahm einen Schluck Biomaris-Kurwasser aus der Plastikflasche, die sie aus dem Automaten gezogen hatte. „Wer will, wer mag?“
Laserma winkte ab.
„Und Tyra trinkt nur aus der Entsalzungsanlage, genau wie Tessa!“ Muja konnte sich die Stichelei nicht verkneifen.
Entschlossen kletterte Tyra von der Liege und griff nach ihrem Badetuch. „Damit du nicht wieder mit deinem Gestänker loslegst, verschwinde ich lieber von hier!“
Chalila wollte wissen, wohin sie denn gehen wolle.
„Zu den Fischen, die sind wenigstens stumm!“
„Irrtum, Tyra, die Unterwassermikrophone registrierten längst eine
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