Science Fiction Almanach 1983
konnten. Was für ein Widersinn liegt darin, daß wir Nachkommen haben, von denen einige, jung und stark, eine Zeitlang in dieser entsetzlichen Umgebung glücklich sind.
Doch wenn sie älter werden und mit männlicher Zielstrebigkeit Hand anlegen, um diese Wüste in ihrem Sinn weiter zu verändern, so werden sie doch nur eine Welt schaffen, die auch sie verwüstet.’
Während er nachdachte, sah er genausowenig wie der junge Jäger die helle Gestalt, die, einen Säbel schwingend, aus dem Sonnenlicht trat. Ein einziger Hieb trennte Lichtklinges Kopf vom Rumpf, schneeweiße Glutgeysire schossen zum Himmel.
Rosemarie und Jörg Liebenfels Stempel in meinem Fleisch
Hier spielte der Wind nicht mit ihren langen, blonden Haaren, hier peitschte er sie. Doch Tessa genoß dieses Gefühl des Ausgeliefertseins. Sonst hätte sie eines der Kopftücher ihrer Inseluniform umbinden können. Breitbeinig stemmte sich das große, schlanke Mädchen am Nordrand des Klippenwegs dem Sturm entgegen. Hier konnte ihr Blick frei bis zum Horizont schweifen. Frei …
Und worin besteht deine kleine, verstümmelte Freiheit? In einem Gedicht, in einem Oldie, in Literaturschrott, wie die offizielle Bezeichnung lautet! überlegte Tessa. Sie aber liebte diese Zeilen. Und weil niemand in der Nähe stand und ihr der Nordwest jedes Wort von den Lippen riß, begann sie die Sätze laut vor sich herzusagen:
„Die Zeit ist, was ihr seid. Und ihr seid, was die Zeit. Nur daß ihr weniger noch, als die Zeit ist, seid. Ach, daß doch jene Zeit, die ohne Zeit ist, käme – und uns aus dieser Zeit in ihre nähme.“
Obgleich über Forsetisland, auch Helgoland genannt, während des ganzen Tages aufdringliche Möwenschwärme kreischten, meldete sich auch die Insel-Information nach einem elektronisch verfremdeten Möwenschreithema: „Wasser regt an, Wasser macht lebendig! Inselleben – Aktivleben. Sie hören die Stunde für unsere Aktiv-Kurlauberinnen! Mens sana in corp…“
Laserma schaltete mit einem leichten Fingerschnipsen die Holo-Projektion aus.
„Aber das war Argo, unsere Projektleiterin!“ protestierte Muja, während sie sich vor dem kleinen Wandspiegel ihre Kurzhaarfrisur zurechtzupfte.
Laserma lehnte an der Wand, als suche sie nach einer Stütze. „Ich habe plötzlich das Gefühl zu versinken.“
„Zu versinken?“ fragte Chalila, das Küken. Sie war erst siebzehn Jahre alt und die jüngste der vier Mädchen, die in dieser Wohnspirale zusammenlebten.
„Ja, wegzusinken.“
„Aber der Buntsandsteinfelsen unter uns reicht 400 Meter tief in den Meeresgrund. Und darunter liegt noch ein Steinsalzsockel von über 3000 Meter Dicke. Über dreitausend Meter!“ redete Tyra beruhigend auf Laserma ein.
Diese schüttelte gequält ihren rotbraunen Lockenkopf. „Ich kann mich nicht dagegen wehren, aber in letzter Zeit glaube ich manchmal den Boden unter den Füßen zu verlieren.“
„Typisches Inselkollersymptom“, erklärte Muja ohne Mitgefühl.
„Laserma, du zählst zu den Klassifizierten. Zu den Auserwählten. Wir sind in der Leistungsgruppe der Finalistinnen“, schwärmte das Küken mit roten Wangen.
„Was leisten wir?“ fragte Laserma zurück.
„Na, du bist gut“, ließ sich Muja vernehmen, „wir kuren aktiv. Wir verwirklichen das neue Lebensmodell – Vorwärts zur Natur!“
Ein Schatten der Ungewißheit glitt über das hübsche Gesicht Lasermas. „Aber keine von uns weiß, welche Leistung wir dafür im Finale werden erbringen müssen.“
„Wir müssen der Großmeisterin blind vertrauen! Sonst vitalisieren wir die neue Regulativordnung nicht“, rief Chalila.
„Muja wandte sich endlich von ihrem
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