Science Fiction Almanach 1983
Fülle biologischer Geräusche, die deine ‚stummen’ Lieblinge von sich geben. Es gibt Fische, die quiekende, pfeifende, brummende, brüllende, trompetende und schnalzende Laute von sich geben; und die Wale in der Tiefe des Ozeans singen sogar!“ Muja verfolgte Tyra bis zur Umkleidekabine.
„Aber die verstehe ich wenigstens nicht“, entgegnete Tyra und schlug mit einem „Adjiis“, dem helgoländischen Tschüs, ihrer Wohnspiralengenossin die Türe vor der Nase zu.
„Ach, du heiliger Hummer!“ staunte das Küken. „So ein Schnalzfisch könnte doch glattweg die neuen Zungenschlaghalter an unseren Türen bedienen.“
„Spielend!“ stimmte Muja zu. „Ein Schnalzlaut“, – sie imitierte mit ihrer Zunge einen Peitschenknall –, „und schon summt unsere Schlafzimmertür auf … und das glitschignasse Biest springt dir geradewegs auf den nackten Bauch!“
Chalila fühlte eine Gänsehaut über ihren Rücken laufen. Zungenschlaghalter – als ob sie keine Hände hätten, um eine Tür zu öffnen …
Mit einem Schnarrton schaltete sich die Sonnenflutautomatik aus. Laserma strich sich stumm eine Locke aus der Stirn. Das Einsink-Gefühl griff wieder nach ihr.
Neben dem großen Seewasseraquarium der Biologischen Anstalt Forsetisland, das als ‚Schaufenster zum Meer’ gepriesen wurde, befand sich in einem Anbau das neue Kampfhummer-Aquarium. An drei Seiten von arenaartig ansteigenden Sitzreihen umgeben, bot es optimale Sichtverhältnisse auf die beliebten Kampf spiele der Zehnfuß-Gladiatoren. Wetten waren jedoch verboten. Der wissenschaftliche Status der Inselshow mußte gewahrt bleiben. Auf dem Festland herrschte bei den sich immer größerer Beliebtheit erfreuenden Hundekämpfen hingegen schon das gleiche Wettfieber wie einstmals bei großen Pferderennen.
Tyra lehnte sich bequem in ihren Sitz zurück. In der linken Seitentasche unter der Armlehne befanden sich für die Freunde erhöhter Reiz-Rückkopplung keimfreie Hirnsondenfühler. Sie ermöglichten die Stimulation cerebraler Frequenzbereiche. Das Mädchen verzichtete jedoch auf deren Gebrauch.
Die elektronische Helligkeitsautomatik sorgte für die optische Einstimmung des bevorstehenden Seh-Erlebnisses. Der wechselnde Rhythmus der in dem Spezialbecken hochsprudelnden Luftperlenvorhänge aktivierte unaufdringlich die Aufmerksamkeit. Ein Stimmautomat forderte mit sympathischem Timbre zu freier Atemgymnastik auf: „Die Geruchsmolekül-Übertragung erfolgt life-intensiv. Entspannen Sie sich … entspannen Sie sich …“
Tyra hörte hinter sich ein kurzes Spieluhrenmotiv erklingen. Nur ganz leise …
Sie versuchte sich auf die beiden riesigen Kampfhummer zu konzentrieren, die sich mit ihren charakteristischen Stielaugen gegenseitig anpeilten.
Als Tyra sicher war, die Spieluhr nur in ihrer Einbildung gehört zu haben, erklang sie zum zweiten Mal. Tyra hielt den Atem an und lauschte. Litt sie an Halluzinationen? Das ist doch … das ist doch, dachte sie, und wandte sich mit einem Aufschrei um: „Tessa!“
Psst, machte es in ihrer Umgebung.
Tyra sah in das kühle Gesicht einer Blondine, die ihr Haar straff nach hinten gekämmt trug und den Zeigefinger ihrer Rechten warnend an die Lippen legte. Mit einem Wink bedeutete die fremde Dame ihr, sich wieder dem Aquarium zuzuwenden. Den Atem der Worte im Nacken fühlend, hörte sie eine Flüsterstimme sagen: „Nennen Sie keine Namen. Vertrauen Sie mir und benehmen Sie sich so unauffällig wie möglich.“
„Aber wer sind Sie?“ fragte Tyra mit leicht schräg gehaltenem Kopf.
„Ich heiße Jill. Ich habe Sie
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