Science Fiction Almanach 1983
Geheimpolizei, und sein Boß.
Bedford hob die Arme über den Kopf und ließ das kalte Wasser an sich hinunterströmen. Was bedeuteten diese Träume? Wie würde sie ein Psychiater auslegen? Er grinste und stellte die Dusche ab.
Er sah das feierliche Gesicht solch eines Komplexwühlers vor sich, wie es zu ihm sagte: Ja, Mr. Bedford … die Sache ist ernst. In Ihrem Unterbewußtsein fühlen Sie sich … nun wir wollen mal sagen … vom Leben zurückgesetzt, quasi als Stiefkind behandelt. Verschiedene Mißerfolge in Ihrem Leben … hm, und so glauben Sie, vom Schicksal ausgestoßen zu sein. Sie bilden sich ein, eine inferiore Persönlichkeit zu besitzen … hm. Ja, ein ganz simpler Minderwertigkeitskomplex. Und was Ihren Chef angeht, den Sie in Ihren Träumen sehen, so ist sein Erscheinen unter diesen Gesichtspunkten ohne weiteres verständlich. Bei den meisten Fällen von Minderwertigkeitskomplexen, mit denen ich zu tun habe, Mr. Bedford, bietet sich das gleiche Bild. Das Unterbewußtsein sucht sich einen Sündenbock. Sehen Sie, Mr. Bedford, in Ihrem Unterbewußtsein geben Sie Ihrem Chef, Ihrem Vorgesetzten, der eine Ihnen übergeordnete Position einnimmt, die Schuld …
„Verdammt noch mal“, murmelte Bedford, während er sich mit dem Badetuch abrieb, „nicht nur in meinem Unterbewußtsein, lieber Quacksalber!“
Nein, ganz bestimmt nicht. Es war eine Tatsache, die ihn nicht nur in seinen Träumen bewegte, sondern die auch tagtäglich, von früh bis spät vor seinen Augen stand. Er hätte sie vielleicht vergessen können, überlegte er mißmutig, während er sich anzukleiden begann, wenn es ihm möglich gewesen wäre, einen anderen Beruf zu ergreifen. Aber dazu war es jetzt zu spät. Er war 54 Jahre alt und würde bis an sein Lebensende Agent 28 720 der Planetaren Geheimpolizei bleiben. Und bis an sein Lebensende würde er das Gesicht von Paul Logan ansehen müssen, das ihn jedes Mal schmerzlich an sein verpfuschtes Leben erinnerte und daran, wie es in Wirklichkeit hätte aussehen können, wenn nicht …
Bedford schnallte seine Strahlpistole um und ließ das Koppelschloß mit einer wütenden Bewegung einschnappen. Dann betätigte er einen mit „Frühstück“ gekennzeichneten Knopf in einer Wandnische und ließ sich an dem Klapptisch nieder, auf dem in kurzer Zeit die fertig angerichteten Speisen aus der Zentralküche des Polizeigebäudes erscheinen würden.
Er ließ sich noch einmal den Traum durch den Kopf gehen und grinste verächtlich. Paul Logan als Übermensch! Manchmal schien das Unterbewußtsein zu einem Witz aufgelegt zu sein. Um es bis zum Regionalchef PGP zu bringen, brauchte man wirklich kein Übermensch zu sein. Er selbst hätte es auch geschafft, und – genau genommen – war er auch auf dem besten Wege dazu gewesen.
Paul Logan hatte mit ihm zusammen die Schulbank gedrückt, damals in den fünfziger Jahren. Buchstäblich neben ihm! Und warum auch nicht? Sie waren die besten Freunde gewesen, die man sich nur vorstellen konnte. Wie oft hatten sie sich gegenseitig aus einer brenzligen Affäre gezogen, indem einer für den anderen eintrat! Wie Zwillinge hielten sie zusammen, wenn es galt, dem Lehrer einen Streich zu spielen und später die Suppe auszulöffeln, die sie sich eingebrockt hatten. Und nach der Schule gingen sie gemeinsam in die dichten Wälder zum Froschteich, kletterten in der riesigen hohlen Eiche umher, badeten trotz der großen Verbotstafel und fingen Kaulquappen.
Und aus jener Zeit stammte auch ihr Entschluß, später einmal Polizist zu werden. Bedford lächelte grimmig und zog das Tablett mit seinem Frühstück zu sich, das aus der Wandöffnung herausgeglitten war.
Ja – sie
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