Science Fiction aus Deutschland

Gedanken. Ich werde ihn fragen, und Gnade ihm Gott, er sagt mir nicht …«
    »Warte noch, warte. Ich muß dir erst alles erzählen. Ich habe ihm nämlich gesagt, was du gerade eben gesagt hast, und daß wir ihn in eine O-Klinik bringen müßten, wenn er wirklich an all das glaubt und seine Lehre vernachlässigt und uns ins Unglück stürzt. Da hat er gelacht und gesagt, das sei ihm nur recht. Da habe ich ihm von den Negern erzählt, die vor vielen Jahren, als sie noch nicht nach Australien geschickt worden waren, die gleichen Dinge behauptet haben. Weißt du noch? Die bezeichneten die Politiker als rassistische Orgonräuber und so weiter. Und daß man sie alle verbannen mußte, als sie anfingen, ihre verrückten Ideen mit Gewalt durchzusetzen. Da fing er an zu singen!«
    »Zu singen? Was hat er denn gesungen?«
    »Ich glaube, es war jenes scheußliche Lied, das die Neger damals immer gesungen haben. Das gemeine Lied, du weißt schon …
     
    Ein kleines Negerlein
    verdiente viel Orgon
    gab es seinem kranken Bruder
    da waren es schon zwei
     
    Zwei kleine Negerlein
    lud’n zu einem Feste ein
    teilten brüderlich ’s Orgon
    da waren es schon vier
     
    So geht es immer weiter. Du erinnerst dich doch?«
    »Ja, ja, jetzt erinnere ich mich wieder. Das ist furchtbar. Woher kennt er das bloß …? Nein, da gibt es kein Aufschieben mehr. Wir müssen ihn von dem schlechten Umgang, den er hat, isolieren. Wir müssen ihn in eine O-Klinik bringen. Wir können nichts anderes tun. Wir wären ja verantwortungslose Rabeneltern. Till ist krank. Noch kann man ihn heilen. Oder willst du, daß man ihn staatlicherseits eines Tages aufgreift und …«
    »Nein, Vater, nur das nicht. Nein, lieber finde ich mich mit dem Gedanken ab … Wir bringen ihn in die Klinik, ja, wir müssen es tun.«
    »Es ist einfach notwendig. Beruhige dich, er kommt ja wieder. Gesund, hörst du? Er kommt gesund wieder. Aber ich glaube, es ist besser, wenn wir ihn abholen lassen. Freiwillig wird er doch nicht gehen.«
    »Ich weiß nicht, da bin ich nicht so sicher. Er redet immer so komisch, daß man meinen möchte, er wünscht sich dort hin.« »Unsinn, Mutter. Laß mich nur machen.«
    »Ich verstehe ihn nicht … Till, oh, Till …«
     
    »Es ist soweit. Die Eltern ziehen die bitteren Konsequenzen.«
    »Der Kulminationspunkt ist damit erreicht, nehme ich an?«
    »Ja, ich mache ihn erlebbar anhand eines Psycho-Tests, der den Fall gleichzeitig als hoffnungslos aufdeckt.«
    »Hoffnungslos? Ist das nicht ein Irrtum?«
    »Natürlich, aber das ergibt sich erst aus dem Schluß der Story. Weil …«
    »Gut, das sehen wir nachher. Was ist das für ein Test?«
     
    STAATLICHE ORGONKURKLTNIK Abt. Test und Diagnose Psychotest zur Allgemein-Einschätzung des Patienten (Für jede bejahte Frage gilt der angegebene Punktwert)
    Frage: Ist es lobenswert, Erfahrungen und Erkenntnisse über Bord zu werfen und Meinungen wie Hüte zu wechseln? (10 Punkte)
    Antwort: Heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hole ich der Königin ihr Kind.
    Frage: Sollte ein charakterfester Mensch seinen Grundsätzen treu bleiben? (1 Punkt)
    Antwort: Bäumlein rüttle dich, Bäumlein schüttle dich, wirf goldene Kleider über mich.
    Frage: Interessieren Sie sich für Einzelheiten über den Klatsch Ihrer Nachbarn? (20 Punkte)
    Antwort: Ein Satz, rhythmisch gesprochen und mehrmals zerhackt, geht in Musik über.
    Frage: Finden Sie es lächerlich, wenn ein Freund sich unkonventionell kleidet? (20 Punkte) .
    Antwort: Wie gut, daß jeder weiß, daß ich nicht Rumpelstilzchen heiß.
    Frage: Nennen Sie es eine Leistung, wenn ein Sechzigjähriger Vater wird? (15 Punkte)
    Antwort: Laßt uns nochmal Kinder sein, vielleicht schaffen wir es diesmal, Menschen zu werden.
    Frage: Fällt es Ihnen schwer, über Segen oder Unsegen des Orgon-Systems zu sprechen? (1 Punkt)
    Antwort: Blut ist im Schuh, der Schuh ist zu klein, die rechte Braut ist noch daheim.
    Frage: Sehen Sie Kompromißbereitschaft als einen Höflichkeitsakt an? (5 Punkte)
    Antwort: GroßKRIEGen geht über KleinKRIEGen.
     
    Auswertung des Tests: Der Patient hat eine Auswertung des Tests verunmöglicht. Die Art und Weise seines Widerstands läßt auf einen Fall paranoider Provenienz schließen. Näheres läßt sich aus dem Test mit Sicherheit nicht feststellen. Die Psychotechnische Abteilung rät, den Patienten bis zur endgültigen Diagnose in der Beobachtungs-Station zu isolieren.
     
    »Aha. Er reagiert provokativ infantil. Wie vor der Einlieferung.