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Science Fiction aus Deutschland

Science Fiction aus Deutschland

Titel: Science Fiction aus Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers und Ronald M. Hahn Hrsg.
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und sind sich über den Sinn ihres Daseins ebensowenig bewußt wie wir. Ihre Zivilisation ist beängstigend vollkommen strukturiert, aber es treten Stagnationserscheinungen auf, da sie als Roboter über keine künstlerisch schöpferischen Kräfte verfügen. Ihr Einwanderungsamt bemüht sich deshalb bei allen Rassen, die im All gefunden werden, um befruchtende Elemente, die sie in ihre Zivilisation einschleusen, um ihr sozusagen die notwendige Phantasie immer wieder aufzupfropfen.«
    »Das klingt ungeheuerlich. Aber ich verstehe den rituellen Mummenschanz nicht, den Sie hier um die Sache machen. Tarnung?«
    »Ja, auch. Sie werden es nicht für möglich halten, wieviel Narrenfreiheit Sie haben, wenn Sie eine Sekte gründen. Keine Behörde schert sich darum, was Sie treiben und den Leuten erzählen, solange Sie niemand anzeigt, aber …«
    »Was aber?«
    »Mr. Tensley …«
    »Ja?«
    »Können Sie ermessen, was diese Schritte auf den Altar zu für einen Menschen bedeuten, welchen Mut sie erfordern? Der Ritus macht es leichter. Es ist der physische Tod, den man an der schwarzen Metallwand des Altars stirbt? Haben Sie das Geräusch der abgleitenden Hände gehört, den dumpfen Aufprall des Körpers? Der Mensch stirbt von Geburt an, Stück für Stück entgleitet ihm, altert, zersetzt sich, bis der Organismus eines Tages jenen Punkt unterschreitet, den er als Minimum an körperlicher Leistungsfähigkeit braucht, um sein aktives Selbst zu erhalten. Und diesen Tod stirbt man vor dem Gerät. Das dahinter, – ist es dasselbe? – Sicher nicht. Ich weiß nicht viel darüber, weniger, als ich den Leuten verspreche. Zwar wurde mir versichert, daß sozusagen der leibliche vom geistigen Tod eines Individuums durch diese Anlage getrennt würde; die Leute können also das Produkt ihrer geschichtlichen Entwicklung, ihre Erinnerungen, ihre Gedächtnisinhalte, mit hinübernehmen. Dieses Ich, das sich als individuelle Einheit empfindet, wird sozusagen nur in einen anderen Behälter umgefüllt. Es erhält einen mechanischen Körper, der um vieles leistungsfähiger ist als der organische, und der ihm eine fast unbegrenzte Lebensspanne garantiert. Aber wissen wir, inwieweit uns unser Leib mit seinen Mängeln, Fehlern und Unzulänglichkeiten prägt, mit diesem Ich eine Einheit bildet, die sich als Selbst begreift, und die an der Altarwand vielleicht doch zerrissen wird? Dieser irdische Leib ist nicht nur ein altes Kleidungsstück, das man wegwirft, wenn es abgetragen ist. Deshalb gehen in der Regel nur alte Leute hinüber, oder Todkranke, denn es gibt kein Zurück. Es ist eine Einbahnstraße. Denn in derselben Sekunde, in der Sie vor der schwarzen Wand in die Knie brechen, beginnt der Körper, den Sie zurücklassen, in Verwesung überzugehen.«
    »Trotzdem ein verlockendes Angebot. Allein der Gedanke an eine ungeheuer vergrößerte Lebensspanne.«
    »Haben Sie sich aber schon einmal vorgestellt, was es heißt, ewig zu leben? Sie kennen doch die alte Geschichte von dem Vogel und dem Diamantberg. Und in dieser Zeit wird Sie der mechanische Organismus, der Ihrem Ich unterstellt ist, beeinflussen, der für Sie persönlich zu demselben Ergebnis führen wird, an dem die ganze Rasse krankt: Stagnation, Phantasielosigkeit. Irgend jemand hat einmal gesagt, da reden die Menschen vom ewigen Leben, und wissen nicht, was sie mit einem verregneten Sonntagnachmittag anfangen sollen. Sie überlegen sich nicht, was ein ewiges Leben bedeutet, – weil ihnen die Phantasie fehlt, sich das vorzustellen.«
    »Sie haben recht. So ein Dasein ist sicher nicht jedermanns Sache.«
    »Es besteht aber ein großzügiges Euthanasieprogramm. Sie können sich jederzeit löschen lassen.«
    »So stirbt also der Rest; das, was noch übrig geblieben ist. Die Seele?«
    »Hm. – Ihr Gehirninhalt wird gelöscht, der Körper anderen zur Verfügung gestellt. Was mit der Seele geschieht, liegt außerhalb meiner Zuständigkeit als Wissenschaftler. Vielleicht existiert das Zentrum selbstvergessen, ohne Bewußtsein, passiv in einer unbekannten Energieform im Raum, wie eine winzige Spore, bis sie zu irgendeinem Zeitpunkt wieder von einer Kraft angesprochen wird, die sie befruchtet und zu neuem Leben erweckt, Bewußtsein aufglimmen läßt in einem neu sich selbstreflektierenden Ich. Oder sie bleibt passiv und schlummert im Nichts für alle Zeiten, geht auf im erlösenden Nirwana. – Aber das sind Spekulationen, mein lieber Tensley, Glaubensdinge, jenseits unserer Aussagemöglichkeiten.

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