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Science Fiction aus Deutschland

Science Fiction aus Deutschland

Titel: Science Fiction aus Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers und Ronald M. Hahn Hrsg.
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Sie – das muß bald fünfzig Jahre her sein.«
    Nun erinnerte sich auch Tensley: Er hatte zwei Semester lang die Universität besucht, hatte begonnen, Physik zu studieren, dann der Tod seines Vaters, die Anstellung bei dem Bauunternehmen, weil kein Geld zum Studieren da war. Natürlich, Ramsey; er hatte damals im gleichen Semester Physik studiert, war ein vielversprechendes Talent gewesen, hatte die besten Zeugnisse, alle hatten sie ihn beneidet, und nun – Oberpriester einer Sekte? Nicht zu glauben.
    »Ja, der bin ich«, sagte Tensley vorsichtig, denn die Kluft zwischen ihnen war durch das eben Erlebte zu groß und dämpfte die Freude des Wiedererkennens, dann fuhr er fort: »Was, um Himmels willen, hat Sie bewogen, das Fach zu wechseln, und in die Metaphysik zu gehen, mit diesen Chancen als Physiker heute? Ihre Weltanschauung in Ehren, aber was ich vorhin da draußen erlebt habe, hat mich, gelinde gesagt, zutiefst erschüttert.«
    »Sie meinen die Totenmesse für Mr. Stablefield und die merkwürdige Reaktion der Leute darauf. Sie halten mich für den Urheber dieser – nun ja, sagen wir – Geschmacklosigkeit und sind gekommen, um mir die Meinung zu sagen. Also schießen Sie los!« sagte Ramsey lächelnd.
    »Genau das will ich! Erstens: Es ist mir neu, daß Totenmessen vor dem Tod eines Menschen anberaumt werden und der Betreffende während der Messe unter mysteriösen Umständen stirbt. Und zweitens – wenn wir schon offen darüber sprechen – ich finde diesen grotesken Ritus, den Sie dazu veranstalten, nicht nur geschmacklos, sondern auch gefährlich, das ist Massenhysterie, was Sie da entfachen! Was soll dieser Hokuspokus? – Da ist eben ein Mensch in Ihrer Kirche gestorben! Sind Sie sich über die Ungeheuerlichkeit des Vorfalls im klaren? Was sagt die Polizei dazu? Werfen Sie mich hinaus, aber ich halte es für überaus verdächtig, wenn Sie als wissenschaftlich geschulter Mensch diesen Firlefanz inszenieren und bewußt und systematisch Volksverdummung betreiben«, schnaubte Tensley empört. Seine Stimme war immer lauter geworden, er zitterte vor Wut.
    »Um Himmels willen! Hören Sie auf!« sagte Ramsey begütigend und drückte ihn lächelnd in einen Sessel. »Sie haben nur keine Ahnung, was hier vor sich geht.«
    »O doch! Da draußen ist ein Mensch gestorben!« erwiderte Tensley entrüstet und wurde noch wütender, weil Ramsey lachte und er sich über den mysteriösen Vorfall so echauffierte.
    »Mr. Stablefield wäre ohnedies gestorben«, erwiderte Ramsey ernst. »Er kam schon seit Jahren zu mir, und als er merkte, daß es soweit war, ließ er sich in den Altar führen, ins Jenseits.«
    »Ins Jenseits führen!« höhnte Tensley. »Welch ungeheuerliche Anmaßung!« Er bereute, daß er hierher gekommen war, denn im Grunde ging ihn die ganze Geschichte nichts an.
    Ramsey sah ihn eine Zeitlang nachdenklich an, dann sagte er, während er an einem Gerät drehte, das wie ein Transistorradio aussah, aber keinen Ton von sich gab: »Nun zugegeben, es ist nicht das Jenseits im religiösen Sinn, eher ein Diesseits, ein recht diesseitiges sogar, aber im Verhältnis zu unserer Lebenserwartung von ungeheurer Dimension, in gewissem Sinn sogar ein ewiges Leben. Sie sehen, ich bin ganz offen zu Ihnen. Ich will kein Geheimnis daraus machen. Es gibt zwar nur wenige Eingeweihte, aber …«
    »Ich verstehe kein Wort!«
    »Dann lassen Sie es mich erklären. Es ist halb so mysteriös, wie Sie vielleicht annehmen. Ich war Physiker und bin es heute noch. Sehen Sie …« Er wies in den Hintergrund der Sakristei, und Tensley sah, daß die eine Wand mit einer Vielzahl physikalischer Geräte bedeckt war. Das Halbdunkel des Raums trug nun noch mehr als vorher den kühlen Hauch technischer Nüchternheit, er glich eher einer Sendestation oder einem physikalischen Labor. Er strahlte Sachlichkeit aus, die Tensleys Erregung dämpfte, aber der Gegensatz zu dem Erlebten wurde dadurch nur um so krasser. Wie sollte er die beiden Welten, die hier aufeinanderstießen, gedanklich verbinden? Er hatte keine Ahnung, wie sich das alles zusammenreimte.
    Aber Ramsey erklärte weiter: »Vor fünfzehn Jahren gelang es mir, einen Sender zu entwickeln, der in Nullzeit arbeiten konnte, das heißt, nahezu. Mit dieser Anlage wäre es möglich, ein galaktisches Funkverkehrsnetz aufzubauen, Voraussetzung für eine interstellare Raumfahrt. Ich stieß auf Unverständnis, ja auf Widerstand in Kollegenkreisen, wurde angefeindet und verlacht. Die Regierung war

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