Science Fiction Jahrbuch 1983
Leser und dem jungen Erwachsenen Perry Rhodan stillgestellt. Eineinhalb Jahrtausende Handlungszeit sind der Hintergrund für einige Jahre Lebenszeit, für die Spanne vom Jugendlichen zum Mann. Die Rätselstruktur der Geschichte scheint besonders Probleme des Erwachsenwerdens, speziell der männlichen Sozialisation abzubilden. In den Beziehungen des Jugendlichen zur Erwachsenenwelt dominiert die didaktische Leistungsorientierung: In dem diffusen Stadium, in dem gesellschaftliche Anerkennung noch vorenthalten ist, werden von außen Aufgaben gestellt, deren Lösung Bestätigungs- und Identitätsgewinne verspricht.
4. Keuschheit
Oft wurde konstatiert und kritisiert, daß der PR-Kosmos eine vorsexuelle Männerwelt imaginiert. Es gab, da Kritik auch von Lesern kam, Versuche, Frauen in die Handlung einzubauen, aber es gelang nicht, den Roman weiblicher zu gestalten. Die Frauen, die sich behaupten können in dieser Umgebung, sind eigentlich wie die Männer geschlechtslos. Die PR-Serie beugt sich der Ich-Forderung, die Phase der fragilen Männlichkeit vor irritierenden Frauengestalten zu schützen. Die Frau scheint das unlösbare Rätsel der PR-Serie zu sein.
Perry Rhodans Universum ist eine Welt ohne Frauen. In der technischen Welt der PR-Serie spielen Frauen nur untergeordnete Rollen, sie nehmen keine führenden Positionen ein, sie bestimmen nicht die geschilderten Aktionen, sie finden selten die entscheidenden Lösungen, sie sind sogar quantitativ eine verschwindend kleine Minderheit, einige intelligente Völker scheinen sogar ausschließlich aus Männern zu bestehen. Wenn Frauen in der Handlung auftauchen, dann zeichnen sie Eigenschaften aus, die dem Leser von den männlichen Helden her vertraut sind. Als Frauen sind sie neutralisiert. Selbst wenn es zu Beziehungen kommt – Perry war z.B. dreimal verheiratet –, dann geschieht dies ohne jede Schilderung sexueller oder erotischer Spannungen, intime Erlebnisse finden nicht statt (Ausnahme Demeter).
In der PR-Serie wird streng darauf geachtet, jeden Anklang an triviale Liebesromane und jeden Verweis auf das Geschlechtsleben zu vermeiden. Das neutralisierte Frauenbild und die Statistenrollen für Frauen sind die konsequente Folge einer prinzipiell entsexualisierten Welt. Deshalb konnte eine Veränderung der Frauenrolle nie befriedigend gelingen, es ist der Versuch, an Symptomen zu kurieren.
Selbstverständlich erscheint es, daß fast alle PR-Autoren Männer sind, ihre Figuren Männerphantasien. (Band 795 ist der erste von einer Autorin). Neben den „richtigen“ Helden vom Schlag Perry Rhodans existieren im Kosmos noch zahlreiche „Fremdwesen“, solche, die eher als „Hilfsvölker“ (auf sie stürzt sich der ideologiekritische Scharfsinn) in Frage kommen, und höhere Wesen, die im wörtlich unbestimmten ES kulminieren. Die im einzelnen einfallsreiche Vielfalt der Fabelwesen zeigt dennoch Strukturen, z.B. sind viele Wesen auffallend haltlos in einem unmittelbar körperlichen Sinn. Es fehlt ihnen weniger an geistig moralischer Haltung, obwohl sie natürlich weit von dem militärisch disziplinierten vorurteilsfreien Denken Rhodans entfernt sind. Demoliert sind viele Fremdwesen ganz physisch, es fehlen ihnen Gliedmaßen, andere erinnern an gräßliche Mißgeburten mit zusätzlichen seltsamen Körperorganen, manche Körper sind zusammengestaucht gedrungen, andere aufgeblasen und verzerrt, viele Körper zerfließen, scheinen keinen Halt an einem Skelett zu finden, können in unterschiedlicher
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