Science Fiction Jahrbuch 1983
Gestalt auftreten, sich verkleinern oder ohne Rest ganz unsichtbar werden. Körperlichkeit wird deformiert oder zum Verschwinden gebracht, durch Entmaterialisierung können Entfernungen durcheilt werden. Organische tierische Lebewesen können ins Pflanzendasein verwandelt werden, sich als widerlich wuchernde Pilze verbreiten. Diese Wesen signalisieren körperliches Unbehagen, denn die Schattenseite des Traums von der geistigen Freiheit vom Körper ist seine Entwertung, der Wunsch, ihn zu deformieren oder ihn zum Verschwinden zu bringen, also eine sadomasochistische Phantasie.
Die höheren Wesen sind, wie man es erwarten darf, eher unkörperliche Wesen, Produkte des Geistes: ES, die Superintelligenz, könnte ein rein isoliertes Gehirn (hochgezüchtet) oder ein Wunder Computer sein. Jedenfalls sind die Höheren von allen körperlichen Regungen und Triebansprüchen gereinigt. An die Stelle der aggressiven Körperfeindlichkeit tritt die Utopie der Körperlosigkeit. Die Intelligenz, ES, verhält sich zu den Fremd wesen, wie sich in Bildern von Hieronymus Bosch der unsichtbare Gott zu den teuflischen Phantasiegestalten verhält, die von ihren Lastern gezeichnet sind: Die christlichen Sünden haben alle in Körperregungen ihre Ursache. Was in der christlichen Tradition in Himmel und Hölle säuberlich getrennt ist, mit der Erde im Mittelpunkt, wiederholt sich profanisiert in der PR-Serie: auch der Auftritt eines Menschensohns mit Beziehungen zum höchsten Wesen.
Selbst Motive wie die Teufelbesessenheit und ihre Austreibung spielen eine Rolle. Man muß nur statt Capin das Wort Teufel setzen, denn diese suchen sich einen Körper, den sie dann beherrschen. Der Körper bzw. sein Geist kann nur befreit werden, gerettet werden, indem der Capin Teufel ausgetrieben wird. Dabei geht es so gewaltsam zu, daß der Körper auch mal umkommen kann, bevor ihn der Teufel verläßt.
Die aus der christlichen Erziehung bekannten typischen Jugendkonflikte, die Schuldverstrickung als Folge der Verurteilung unleugbar angenehmer Triebbedürfnisse, die Neutralisierung und Rationalisierung versagter Triebbefriedigung, das sind Themen, die in der PR-Serie versteckt aber unverfehlbar dargeboten werden. Der jugendliche Leser kann davon Gebrauch machen.
In dieser dreigeteilten Welt ist den Frauen kein eigener Platz eingeräumt. Wenn Frauen auftreten, die oft auffallend phantasielos erfunden sind, dann sind sie klar einer der drei Personengruppen zu- und untergeordnet. Frauen können zu den höheren Wesen gehören, dann sind sie ohnehin extrem neutralisiert, sie können sich zwischen den Fremdwesen bewegen, so deformiert wie sie, und sie dürfen auch als asexuelles Ebenbild der Terraner auftreten.
Nano aus Heft 718 zum Beispiel ist eine hochqualifizierte Mathematikerin, außerdem hat sie eine erfolgreiche Karriere als Leistungssportlerin hinter sich. Sie entspricht optimal dem PR-Typus des geistig und körperlich durchtrainierten Akteurs, auch ein Mann könnte so charakterisiert werden: Helden der PR-Serie sind sexuell neutral.
Andererseits ist Nayn, ein anderer weiblicher Charakter aus Heft 718, mit ihren drei Begleiterinnen explizit in einer „Geheimmission der Frauen“ (Hefttitel) unterwegs, sie kommen von dem „Planeten der Frauen“ (Ovarons Planet), wo alle Männer an einer geheimnisvollen Krankheit gestorben sind, um Ersatzmänner zu suchen. Dieses Heft (718) dokumentiert die Anstrengung, auch Frauen führende Rollen einzuräumen. In einem Augenblick des Zweifels am Erfolg des Raubzugs wird der
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