Science - Fiction Kurzgeschichten (German Edition)
wusste war, dass der Rat bereits erste Vorkehrungen getroffen hatte, um die Macht der Armee deutlich einzuschränken, sobald das Raumschiff sicher gestartet war. Mit diesem Wissen blieb Professor Baltor nichts weiter übrig, als dem ungerechten Treiben der Soldaten machtlos zuzusehen und auf einen schnellen Start zu hoffen.
Es kam der Tag der Abreise. Die Gewinner der Auslosung waren alle an Bord gebracht worden. Bis auf ein paar wenige Ausnahmen, die es nicht unversehrt durch die Massen geschafft hatten. Die Soldaten hatten sämtlich Tore geschlossen und waren mit an Bord geeilt. Jetzt lag zwischen den tausenden, aufgebrachten Bürgern und dem Raumschiff selbst nur noch der Zaun, der unter Strom gesetzt wurde, um zumindest einen gewissen Schutz bieten zu können. Durch riesige Lautsprecher wurden die immer aggressiver werdenden Demonstranten dazu aufgerufen, »den Ort schnellstmöglich zu verlassen, da die Zündung der Triebwerke kurz bevor stand«.
Im Raumschiff selbst ertönte die Durchsage, dass sich jeder Passagier für den Start vorbereiten sollte, wie es in den kleinen Begleitheften, die jeder bei Betreten des Raumschiffes ausgehändigt bekam, beschrieben wurde.
Professor Baltor und seine Frau Tessa hatten sich dafür in ihren Wohnraum zurückgezogen und sich wie empfohlen auf das Bett gelegt und mithilfe von drei verschiedenen Gurten fest angeschnallt.
»Bequem ist das ja nicht«, stöhnte Tessa und versuchte sich eingeengt von den Gurten ein wenig Platz zu verschaffen.
Ein lautes Geräusch durchfuhr das gesamte Raumschiff. Es war die gewaltige Laderampe, die nun hochgefahren wurde.
»Es geht gleich los«, sagte Professor Baltor und krallte sich in die schmale Matratze unter ihm.
»Ich habe Angst«, flüsterte Tessa mit zittriger Stimme.
»Es wird alles gut gehen«, versicherte ihr Professor Baltor.
Mit einem Mal durchfuhr das Raumschiff eine anhaltende Vibration. Alles was lose herumlag fiel auf den Boden. Tessa drückte sich immer fester an ihren Mann. Die Schreie der Demonstranten erstarben unter dem Lärm der aufheulenden Triebwerke. Die Vibrationen wurden immer stärker. Das Raumschiff drohte auseinanderzubrechen noch bevor es überhaupt gestartet war. Langsam aber stetig spürte Professor Baltor wie sich der gewaltige Koloss vom Boden erhob und die Geschwindigkeit allmählich zunahm. Sie wurden immer schneller und schneller. Der Druck, der auf den Passagieren lastete, presste sie auf ihre Betten.
Tessa hatte ihre Augen fest zusammengekniffen. Die Vibrationen hielten immer weiter an. Der Lärm war kaum mehr auszuhalten. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis endlich…. Stille.
Tessa öffnete vorsichtig ihre Augen. Das Raumschiff vibrierte nicht mehr. Nur ein leises und tiefes Brummen war noch zu hören. Sie sah zu ihrem Mann.
»Haben wir es geschafft?«, fragte sie aufgeregt.
»Ja, das haben wir«, bestätigte Professor Baltor zufrieden. Er war im Weltraum. Die künstliche Schwerkraft funktionierte, die Triebwerke für den Start haben ihre Arbeit bravourös erledigt und konnten nun Platz machen für den Ionenantrieb, der das Raumschiff die restliche Strecke beschleunigen würde. Alles schien perfekt zu laufen.
»Sehr geehrte Damen und Herren«, ertönte auf einmal die Stimme von Ratsherrn Norum durch die Lautsprecher. »Ich freue mich Ihnen allen mitteilen zu können, dass uns ein erfolgreicher Start geglückt ist.«
Die anhaltenden Jubelschreie und der Applaus drangen bis in den Wohnraum von Professor Baltor. Tessa liefen einzelnen Tränen über ihr Gesicht. Die Erleichterung schien für alle überwältigend zu sein.
»Wir werden jetzt für viele Monate gemeinsam auf diesem Raumschiff sein«, fuhr Ratsherr Norum fort. »Ich bitte daher jeden einzelnen Passagier um Nachsicht für seine Mitreisenden. Bleiben Sie freundlich und zuvorkommend. Helfen sie, wenn Hilfe benötigt wird. Halten sie als Gruppe und als Volk zusammen. Denn nur so werden wir stark genug sein, um auf einem fremden Planeten zu überleben.«
Wieder Jubelrufe und Applaus. Jeder an Bord lauschte den Worten des Ratsherrn und ließ sich durch sie beflügeln.
»Wir haben unseren geliebten Planeten zurückgelassen, weil unsere Vorfahren und dessen Vorfahren unkorrigierbare Fehler gemacht hatten. Lasst uns nun alles dafür tun, um diese Fehler nicht ein weiteres Mal zu begehen. Lasst uns alles dafür tun, damit der dritte Planet, unsere neue Heimat, ein besseres und schöneres zu Hause für unsere Kinder und Kindeskinder
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