Scream
Nachrichtensender sagen das Gleiche. Natürlich wird man jetzt die Fälle in San Diego und in Newton miteinander vergleichen.«
»Und der Sandmann füttert sie mit Informationen.«
»Vielleicht.«
»Nicht nur vielleicht. Das tut er mit Sicherheit. Er kontrolliert die Medien und sucht Aufmerksamkeit. Und dann, wenn alle Welt auf ihn blickt, lässt er das Programm auffliegen. Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
»Wer weiß?«
»Ich bin schon ziemlich lange im Geschäft, Victor. Ich weiß, wie der Hase läuft. Es würde mich nicht wundern, wenn er inzwischen herausgefunden hat, dass wir in der Stadt sind.«
Alan hatte den Eindruck, als schnürte sich ihm der Magen zu. Er nahm am Tisch Platz und versuchte zu essen. Ihm war übel.
»Gibt es Fortschritte im Fall Graves?«, erkundigte sich Dragos.
»Wir haben nur noch wenige Unterlagen darüber, konnten aber eine Liste der Ärzte und Krankenschwestern zusammenstellen. Sie wohnen über das ganze Land verstreut. Dieser Roth war der Einzige mit hiesigem Wohnsitz.«
»Haben die jüngsten Obduktionen irgendwas Neues ergeben?«
»An der Frauenleiche wurde ein Fingerabdruck sichergestellt«, antwortete Alan und klärte Dragos über Einzelheiten auf. Vor rund drei Stunden hatte Wilson, der Pathologe aus Boston, das Gesicht von Mrs. Beaumont mit einem Metalldampf-Gaslaser abgetastet und unter dem linken Jochbein einen vollständigen latenten Abdruck entdeckt. Zurzeit wurde im AFIS – der Datenbank für Fingerabdrücke – nach Übereinstimmungen gesucht. Sobald ein Ergebnis feststand, würde er, Alan, über eine geschützte Verbindung mit dem Computer, der neben ihm auf dem Tisch stand, davon in Kenntnis gesetzt werden.
»Wir dürften bald mehr wissen«, meinte Lynch. »Wie ist’s bei dir gelaufen? Hast du irgendeine interessante Spur aufgetan?«
»Mehr als eine. Du warst keine zehn Minuten weg, als Casey einen Pager angesteuert und vier-eins-eins eingegeben hat – zum zweiten Mal an jenem Abend. Das erste Mal war’s eine Viertelstunde vor unserem Eintreffen. Ich vermute, es handelt sich um einen Code.«
»Wofür?«
»Keine Ahnung. Der Pager ist auf einen Mann aus Freeport, Maine, namens Parker Davis registriert. Sagt dir der Name irgendwas?«
Lynch dachte nach und schüttelte den Kopf.
»Wir haben seine Adresse über Cellular One ausfindig gemacht. Allerdings nur eine Postfachadresse. Ein Computercheck seiner Sozialversicherungsnummer spuckte den Namen eines Burschen aus Chicago aus, der schon über dreißig Jahre tot ist.« Dragos trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. »Sieht so aus, als will uns da jemand seine Identität verheimlichen.«
»Was ist passiert, nachdem Jack diese Nummer gewählt hat?«
»Ich habe die ganze Zeit mit einem Fernglas auf der Lauer gelegen, leider ohne Restlichtverstärker. Ein paar Minuten später kam ein Typ von hinten um die Hausecke, von oben bis unten in Schwarz. Ein piekfeiner Pinkel. Die beiden haben miteinander geredet, aber aus irgendeinem Grund hat mein Richtmikrophon kein Wort aufschnappen können. Es war nur ein Rauschen zu hören. Wie dem auch sei, Casey und der Typ sind dann zu Burke und einem Schnüffler namens Duffy in den Transporter gestiegen. Dieser Typ in Schwarz … Er sieht nicht wie jemand aus, der von hier stammt.«
»Wo ist er jetzt?«
»Spurlos verschwunden. Ist mir durch die Lappen gegangen, aber ich bin sicher, er taucht wieder auf.«
Alan biss einen Happen von seinem Bagel ab. Dragos beobachtete ihn und schien amüsiert zu sein.
»Rate mal, wer Casey nach dem Feuerwerk in der Parish Road angerufen hat?«
»Rück schon raus damit.«
»Miles Hamilton.«
Alan hätte fast seine Kaffeetasse fallen lassen. Er starrte auf seine zitternde Hand und stellte die Tasse zurück auf den Untersetzer. Dragos verschränkte die Hände hinterm Kopf, lehnte sich zurück und grinste.
»Das war gestern Abend um Viertel vor zehn«, berichtete Dragos. »Wir haben den Anruf zurückverfolgen können. In die geschlossene Psychiatrie des North Carolina State Hospitals. Unsere Nachfrage ergab, dass Miles Hamilton eigentlich mit einem seiner Anwälte telefonieren wollte. Er strengt nämlich eine Wiederaufnahme seines Verfahrens an.«
»Wie bitte?«
»Ja, es scheint, dass irgendwelche Rechtsverdreher Interesse an ihm gefunden haben. Anrufe, Sitzungen, das volle Programm. Der Krankenhausleitung schmeckt das überhaupt nicht, aber der Chef will sich mit niemandem anlegen. Hat Hamilton nicht das FBI zu verklagen
Weitere Kostenlose Bücher