Scream
diesem Abend in der Parish Road zugetragen hatte. Jack sah ein Haus nach dem anderen in die Luft fliegen, sah, wie der Transporter von der Straße abhob, Szenen, die erst Stunden zurücklagen und so roh waren wie eine frische Wunde. Dann dachte er an den Augenblick, als Fletcher ihm das Handy gereicht und er gefürchtet hatte, Taylor sei verletzt oder gar tot.
Er schloss die Augen und nahm sie in den Arm. Gott sei Dank. Gott sei Dank, dass sie lebte.
Er drückte sie fest an sich, ungeachtet seiner schmerzenden Rippen, nahm den Duft ihrer Haut und Haare in sich auf und verspürte das Verlangen, mit ihr unter die Decke zu schlüpfen und ihren warmen Körper auf seiner Haut zu fühlen.
Taylor rückte von ihm ab und wischte sich die Augen trocken. »Warum hast du mich nicht angerufen?«
»Ich weiß, das hätte ich tun sollen. Verzeih.«
»Und ich dachte schon …«
»Tut mir leid. Es war alles zu viel für mich.« Jack dachte an Bob Burke auf der Intensivstation, behandelt von einem Neurologen aus Boston. Bob würde für den Rest seines Lebens dahinvegetieren und künstlich beatmet und ernährt werden müssen. Den Jungen Eric Beaumont hatte man mit hoch dosierten Psychopharmaka ruhiggestellt.
Er starrte auf Taylor. Sie ist die Nächste.
»Was?«, fragte sie. »Was geht dir durch den Kopf?«
»Du und Rachel, ihr müsst von hier fort.«
»Das will ich aber nicht.«
»Taylor –«
»Wir werden hierbleiben, hier in diesem Haus.«
»Das ist zu gefährlich.«
»Hier sind wir sicher, das hast du selbst gesagt. Und mit dem Personenschutz –«
»Nicht nach dem, was heute Abend passiert ist.«
»Jack –«
»Bitte, Taylor. Mir zuliebe.«
Sie schlang ihre Arme um seine Brust. Ein heftiger Windstoß fuhr durch die Fenster. Sie drehte sich um, warf einen Blick auf den Balkon und schaute dann wieder auf den Fernseher mit seinen tonlosen Schreckensbildern. Laut klatschte der Regen auf die Balkondielen.
»Wo könnten wir denn hin?«
»Ronnie kennt ein Versteck für euch, wo ihr vor dem Sandmann sicher seid.«
»Wo?«
»Ich weiß es selbst nicht, und das ist auch besser so.«
Sie sah ihn an, verärgert, wie es schien. »Bleiben wir wenigstens in Kontakt?«
»Nein. Zuerst muss ich ihn stellen.«
»Warum du? Setz doch diesen anderen auf ihn an, den Profiler, der, wie du sagst, in die Stadt gekommen ist. Soll er ihn dingfest machen.«
»Kommt nicht in Frage, Taylor.«
»Warum nicht? Warum willst du alles riskieren, Jack?«
Er wusste nichts darauf zu antworten und konnte nur sagen: »Ich muss es tun.«
»Soll heißen, du willst es nicht anders.«
»Von wollen kann gar keine Rede sein, Taylor.«
»Und ich will mich nicht verstecken und womöglich aus den Nachrichten erfahren müssen, dass du tot bist.«
»Dazu wird es nicht kommen.«
Mit Blick auf den Fernseher sagte Taylor: »Ach ja? Woher nimmst du diese Gewissheit, nach dem, was heute geschehen ist?«
»Ich habe die besten Leute an meiner Seite. Wir machen Fortschritte –«
»Was soll ich tun, wenn dir etwas zustößt. Du bist mein -« Sie schluchzte.
»Ich werde ihn stellen, Taylor. Das verspreche ich dir.«
»Und wenn du selbst dabei draufgehst, nicht wahr?«
Jack streckte wieder die Arme nach ihr aus, doch sie hatte sich umgedreht und eilte aus dem Zimmer. Er hörte, wie sie mit wütenden Schritten über die Treppe nach oben stürmte.
Den Speicher hatte Taylor zu einem Arbeitsraum ausbauen lassen. Jack zog sich dorthin zurück. Die Tür ließ er angelehnt; er wollte hören können, ob sie womöglich zu ihm heraufkäme.
Zuerst rief er das Reisebüro an und buchte einen Flug. Dann führte er ein längeres Telefonat mit Daniel Voyles, dem Leiter der psychiatrischen Anstalt für Schwerverbrecher am North Carolina State Hospital.
Jack legte den Hörer auf die Gabel zurück. Er stand auf, drehte sich um und fuhr vor Schreck zusammen. Am Türrahmen lehnte Mike Abrams. Er trug Jeans, ein T-Shirt und Turnschuhe.
Seine Miene verriet, dass er das ganze Gespräch mitbekommen hatte.
Er kam ins Zimmer und machte die Tür leise hinter sich zu. Für das einzige Licht sorgte eine Lampe auf Taylors Schreibtisch. Der Raum war überdeckt mit lang gezogenen Schatten.
»Hamilton kennt den Namen der vierten Familie«, sagte Jack unumwunden.
»Lass mich raten. Er wird dir den Namen nur dann nennen, wenn du ihn persönlich aufsuchst.«
»So ungefähr.«
»Und du glaubst wirklich, dass er das tut, wenn du jetzt nach sieben Jahren – oder wie viele sind’s? –
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