Scream

wird, deinem Pseudonym in Colorado. Hamilton weiß jetzt Bescheid. Deine Tarnung ist aufgeflogen.«
    Wahrscheinlich hatte der Hinweis auf seinen angenommenen Namen in dem Karton gesteckt, der vom Sandmann gestohlen worden war. Der Sandmann wird Hamilton darüber informiert haben, dachte Jack. Aber in dem Karton war nichts gewesen, was Claybrooks Aufenthaltsort verraten hätte – jedenfalls nichts, woran sich Jack erinnern konnte. Damit war also nicht erklärt, wie Hamilton erfahren hatte, wo sie sich versteckt hielt. Gab es etwa im Zeugenschutzprogramm eine undichte Stelle?
    »Warum glaubst du, dass Hamilton für ihr Verschwinden verantwortlich ist?«, wollte Jack wissen.
    »Der Kerl ruft dich auf deinem Handy an, das auf einen anderen Namen angemeldet ist, und du fragst warum? Jack, du hast in dem Fall ermittelt und müsstest es besser als jeder andere wissen, wozu er imstande ist und was er im Schilde führt.«
    »Hamiltons Anwälte haben schon vor Jahren ihr Mandat niedergelegt, als die Familien der Opfer erfolgreich auf Schadenersatz geklagt haben. Er ist pleite.«
    »Nicht mehr«, entgegnete Mike seltsam zurückhaltend. Er sah aus, als hätte er einen grauenvollen Unfall vor Augen.
    »Was ist?«
    Mike blinzelte nervös und wich Jacks Blicken aus. »Ich wollte dir das eigentlich nicht sagen.«
    »Was?«
    »Hamilton hat eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt.«
    Jack war wie vom Donner gerührt. Beide schwiegen. Es war nur der Regen zu hören, der aufs Dach prasselte.
    »Er lässt sich von handverlesenen Anwälten vertreten«, berichtete Mike. »Jetzt, da die Kronzeugin verschwunden ist, überwiegen anscheinend wieder die Zweifel an den Indizien, und es heißt, dass der Richter dem Antrag wohl stattgeben wird.«
    »Es sei denn, ich trete als Zeuge auf.«
    »Ja, du bist der Einzige, der ihm einen Strich durch die Rechnung machen kann.«
    Im Geiste hörte Jack Türen zuschlagen und Riegel ins Schloss fallen. Er versuchte, einen Gedanken zu fassen, was ihm aber nicht gelang. Er stand auf schwachen Beinen da und starrte zum Fenster hinaus.
    Er fühlte sich in die Enge getrieben. Hamilton wusste von dem Sandmann und kannte seine, Jacks, Adresse. Verdammt. Untertauchen war nicht möglich, nicht jetzt, da der vierten Familie der Untergang drohte.
    »Ich gehe.«
    »Du wirst von Hamilton nicht bekommen, was du dir erhoffst.«
    »Ich muss es trotzdem versuchen.«
    Mike musterte Jacks Gesicht. Dann wurde sein Blick hart und kalt. »Amanda wird nicht aus ihrem Grab steigen und dir Absolution erteilen. Denk daran, wenn du ihm in die Augen siehst.«

XLIII
    Frisch rasiert – das Gesicht war noch gerötet – betrat Alan Lynch das Wohnzimmer seiner Hotelsuite. Der Schreck fuhr ihm durch alle Glieder, als er Victor Dragos vor sich sah. Er saß am Frühstückstisch über einer Portion Eier Benedict und las Stephen Coveys Die 7 Wege zur Effektivität. Neben ihm stand ein silberner Servierwagen.
    Dragos blickte auf. »Morgen, AI. Während du noch unter der Dusche warst, habe ich uns schon mal ein Frühstück bestellt. Nimm dir einen Teller und lang zu.«
    »Seit wann bist du hier?«
    »Seit zwanzig Minuten. Du brauchst ziemlich lange für deine Morgentoilette. Alles okay?«
    »Ich habe dich nicht anklopfen hören.« Und erinnere mich, abgeschlossen zu haben, fügte Alan im Stillen hinzu.
    »Hab ich auch nicht. Du siehst ziemlich übernächtigt aus. Schlecht geschlafen?«
    »Geht so.«
    »Ich hoffe, das hat nichts mit mir zu tun. Mache ich dich nervös?«
    »Quatsch.«
    »Weshalb klemmst du dann einen Stuhl unter die Klinke, wenn du ins Bett gehst?«
    Alan verzog das Gesicht.
    Dragos lachte. »Entschuldige. Sollte nur ein kleiner Scherz sein.«
    Alan füllte seinen Teller. Er hatte zwar keinen Hunger, wusste aber, dass er etwas essen musste.
    »Du hast das Feuerwerksspektakel verpasst«, meinte Dragos. »Sieht man nicht alle Tage, dass ein Haus nach dem anderen in die Luft fliegt. Und ich bin verdammt nahe dran gewesen. War ganz schön aufregend.« Dragos stieß einen Pfiff aus. »Siebzehn Tote. Ich habe unter einer Veranda einen entdeckt, dem beide Beine abgerissen waren. Er sah sich offenen Auges verbluten.« Er stieß die Gabel in ein halbes pochiertes Ei. »Kein besonders schöner Tod. Versteht sich, dass ich aus lauter Mitleid ein bisschen nachgeholfen habe.«
    Alan hatte am Abend die Nachrichten gesehen. »CNN behauptet, der Bombenleger von San Diego und unser Sandmann seien ein und dieselbe Person.«
    »Die regionalen