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Scream

Scream

Titel: Scream Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Mooney
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auf seinem Bett. Er hatte den Kopf zur Seite geneigt und wirkte, als schämte er sich. Temple hatte sich auf das Fensterbrett gesetzt und sah aus wie Erics älterer Bruder. Auf der anderen Seite des Bettes befand sich die Großmutter.
    Jack stand am Fußende. Sein Kopf war voll von fremden Stimmen, und seine Erinnerungen kehrten zu jenem Tag in Vermont zurück, als er einen ähnlichen Raum betreten hatte, um mit Darren Nigro zu reden.
    »Hi, Eric.« Er versuchte, seine Stimme neutral zu halten. »Mein Name ist Jack Casey.«
    Der Junge rührte sich widerstrebend. Sein Gesicht war vom Schlaf und den Medikamenten aufgedunsen und zeigte Abdrücke von den Falten des Kissens. Jack dachte: Ein elfjähriger Junge, der eigentlich Baseball spielen sollte, liegt nun hier im Krankenhaus, mit Medikamenten vollgepumpt und Opfer eines gewalttätigen Vaters, und er ist gezwungen, mit dem grausamen Tod seiner Eltern fertig zu werden.
    »Erkennst du meine Stimme wieder?«
    Keine Reaktion.
    »Hat Dr. Temple dir gesagt, wer ich bin?«
    Eric richtete seinen Blick auf das Abzeichen an Jacks Gürtel. »Sie sind Polizist.« Seine Stimme war so brüchig wie Eierschalen.
    »Ja, aber nicht jetzt.« Jack nahm das Abzeichen vom Gürtel und warf es Duffy zu, der neben der Tür stand. Er hatte auch schon Jacks Pistole.
    Eric war sichtlich verwirrt. »Was meinen Sie damit?«
    »Ich habe mein Abzeichen abgelegt, das heißt, ich stehe hier nicht als Polizist vor dir. Ich bin wie du, jemand, der weiß, wie du empfindest.« Jack trat einen Schritt näher. Eric rückte von ihm ab. Vorsichtig. »Ich habe vor nicht allzu langer Zeit meine Frau verloren. Ich habe sie sehr geliebt und war sehr unglücklich. Ich fühlte mich schuldig.«
    Jack ließ dem Jungen Zeit, um seine Worte verarbeiten zu können. Nach einer Weile fragte Eric: »Wie ist sie gestorben?«
    »Sie wurde getötet.«
    »Wie?«
    »Das ist nicht so wichtig. Wichtig ist, wie ich mich fühlte, und das war ganz ähnlich, wie du dich jetzt fühlst. Ich war ganz durcheinander, wütend und voller Angst. Mutterseelenallein. Ich habe mit Männern wie Dr. Temple darüber gesprochen, und das hat mir geholfen.«
    »Fühlen Sie sich jetzt besser?«
    Sag ihm die Wahrheit, Jack.
    »Ja. Über Kummer und Probleme zu reden hilft.«
    So wie es dir geholfen hat, mit Taylor darüber zu reden. Warum sagst du ihm das nicht?
    »Sie wollen mit mir über meine Eltern sprechen«, sagte Eric. »Über das, was passiert ist.«
    »Ja.«
    »Ich … ich erinnere mich kaum noch.«
    »Erzähl mir, woran du dich erinnerst.«
    Eric sah seine Großmutter an. »Nur zu, mein Liebling«, ermunterte sie ihn. »Sprich mit ihm. Ich bin ja bei dir.«
    Jack musterte die alte Frau und dachte: Lange wird sie nicht mehr leben, und dann muss der Junge allein klarkommen. Wo wird er dann sein?
    Nirgendwo. Einsam. Auf sich allein gestellt mit sich und seinen Problemen.
    Für Jack war es geradezu unmöglich, den Jungen anzusprechen, ohne sich selbst zu sehen, damals vor sieben Jahren. Oder ohne an Darren Nigro zu denken, an dessen verstümmelte Hand, mit der er die Decke übers Gesicht gezogen hatte.
    Erics schmächtigen Körper und das verängstigte, gequälte Gesicht vor Augen, fühlte sich Jack von schrecklichen Erinnerungen heimgesucht, die ihn wütend machten.
    Temple musterte ihn mit neugierigen Blicken.
    »Werden Sie mit mir schimpfen, wenn ich mich nicht erinnern kann?«, fragte Eric.
    »Nein, natürlich nicht.«
    Was mochte ein Junge, der von seinem Vater misshandelt worden war, von den Versprechungen eines Erwachsenen halten?
    »Also gut«, stimmte Eric zu.
    »Darf ich mich aufs Bett setzen?«
    »Ja.«
    Die plötzliche Nähe eines Fremden ließ den Jungen verkrampfen. Mit beiden Händen umklammerte er die Bettdecke.
    »Erzähl mir, woran du dich erinnerst«, bat Jack.
    »Ich weiß nicht. Es ist alles wie durcheinandergewürfelt und schwer zu beschreiben.«
    »Als ob jemand durch sämtliche Fernsehkanäle zappt.«
    Erics Miene entspannte sich ein wenig. »Ja, so ungefähr.«
    »Das ist normal.«
    »Wirklich?«
    »Absolut. Pass auf, wir machen Folgendes: Ich stell dir Fragen, und du antwortest darauf, so gut du kannst. In Ordnung?«
    Der Junge nickte.
    »Prima. Fangen wir mit deinem Dad an. Ich habe gehört, du wolltest das Wochenende mit ihm verbringen.«
    »Ja.«
    »Wann ist er gekommen, um dich abzuholen?«
    »Eigentlich wollte er schon Donnerstagabend kommen, nach meinem Basketballspiel, aber er musste noch arbeiten. Ich bin in der

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