Scream
zu spüren.
Ein schwacher Piepton ließ ihn aufmerken. Er richtete sich auf und lauschte. Piep-piep-piep, gleichmäßig pulsierend.
Jack drehte sich um. Burke kniete neben dem Bett. Jack bemerkte, dass die Matratze entfernt worden war, und sah auf dem Lattenrost ein Notebook mit aufgeklapptem Bildschirm liegen, eines jener neuen, extrem dünnen und superleichten Modelle. Ein Verbindungskabel reichte von der Modemschnittstelle zur Telefondose in der Wand gleich neben dem Kopfteil des Bettes. Vor der Dose lag ein Gewirr aus bunten Drähten, die mit den Zündkapseln auf den orangefarbenen Sprengstoffbarren verbunden waren.
Der Bildschirm war dunkel, doch das Notebook piepte, und sein CD-Laufwerk schien in Betrieb zu sein, denn das kleine Kontrolllicht leuchtete grün. Offenbar versuchte der Computer, die eingelegte CD zu lesen.
Burke nestelte an den Drähten herum. Jack glaubte spüren zu können, wie sich seine Kopfhaut zusammenzog und auf dem Rücken tausend Nadelstiche brannten. Ihm war wie in jener Nacht vor einem Monat zumute, als er eingekeilt unter dem Wagen steckte. Wenn die Bombe hier jetzt detonierte –
Plötzlich setzte der Piepton aus. Das Kontrolllicht erlosch.
Die Zeit schien stillzustehen. Jack verkrampfte sich in Erwartung einer Explosion, entspannte sich dann aber, als diese ausblieb.
»Der Akku ist leer«, sagte Burke.
Jacks Hals fühlte sich trocken und wie eingeschnürt an. Er versuchte, sich zu konzentrieren. Der Schlüssel zu dem, was im Kopf des Killers vorgehen mochte, musste irgendwo in diesem Zimmer zu finden sein.
Du hast etwas hier zurückgelassen, etwas, womit ich dich überführen kann.
»Wo ist die Frau?«, fragte Jack.
»Nebenan, im Ankleidezimmer. Wir haben sie dorthin tragen müssen, um die Matratze abdecken zu können. Es scheint, dass sie erwürgt worden ist.«
Jack nahm den Helm ab. Die Luft war kühl und feucht; sie roch kupfrig und nach Salz.
»Was zum Teufel treiben Sie da?«, rief Burke. Er hatte sich aufgerichtet.
»Ich ziehe das Ding aus.«
»Sind Sie wahnsinnig?«
»Die Gefahr ist vorbei.«
»Von wegen, wenn ich den Sprengstoff bewege, könnte er hochgehen. Möglich auch, dass noch eine zweite Bombe irgendwo im Haus versteckt ist. Haben Sie mir draußen eigentlich zugehört?«
»Der Tatort muss jetzt untersucht werden.«
»Von der Spurensicherung kommt niemand hier herein.«
»Ich werde es selbst tun.«
»Sie? Haben Sie eine Ahnung, wie lange das dauert?«
»Mit einem Partner würde es schneller gehen.«
»Nehmen Sie endlich Vernunft an!«
»Womöglich bietet sich keine zweite Chance, und das wissen Sie.«
Burke war sichtlich verärgert. »Sie sind ein verdammter Sturkopf.«
»Ich werde noch eine Weile hier sein. Geben Sie mir Ihre Handynummer, ich rufe Sie an, sobald ich fertig bin.«
Jack zog die Handschuhe aus und wischte sich mit der Hand über das schweißnasse Gesicht. Durch das Fenster kam eine Brise frischer Meeresluft und kühlte seine Haut.
Burke hob den Helm vom Kopf. Er starrte auf die Bombe und schien nachzudenken. Schließlich blickte er auf.
»Na schön, fangen wir gleich hier an«, meinte er. »Da, wo sich das perverse Schwein anscheinend gesuhlt hat.«
III
Am frühen Nachmittag kehrte Jack nach Hause zurück. Ein Team der Spurensicherung hatte sich inzwischen im Haus der Dolans eingefunden. Burke war mit der entschärften Bombe auf dem Weg nach Boston.
Jack war erschöpft und hielt sich nur noch dank letzter Spuren von Koffein und Adrenalin aufrecht. Sein Magen knurrte vor Hunger. Er ging in die Küche und durchsuchte den Kühlschrank. Plötzlich und ohne ersichtlichen Grund sah er sich im Geiste durch die Hintertür seines früheren Hauses in Virginia treten und Amanda am Küchentisch sitzen, bekleidet nur mit einem seiner Hemden, verführerisch aufgeknöpft bis zum Bauchnabel, die langen Haare hochgesteckt und mit einem Gummiband zusammengefasst. Sie stand auf, kam auf ihn zu und zog an seiner Krawatte. »Bring mich nach oben, Daddy. Lass uns für Nachwuchs sorgen.«
Jack schloss die Kühlschranktür. Es war zum Ersticken still in seiner Wohnung.
Solche Momente, in denen Szenen aus der Vergangenheit in ihm aufstiegen, häuften sich seit einem Monat und zehrten an seinen Nerven. Jeder Versuch, diese Erinnerungen gar nicht erst aufkommen zu lassen, war vergebens. Anfangs hatte er sie mit Whisky zu vertreiben versucht, doch der Alkohol führte ihn auf noch düstere Bahnen.
Er schaute sich in der Küche um, seiner neuen
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