Scream
Ruhestand lebt, dachte Jack und beschloss, diesen Victor im Auge zu behalten.
Er sah ihn hinter einem schwarzen Transporter verschwinden. Eine Tür wurde aufgeschoben und wieder zugezogen. Danach war nur noch der Wind zu hören.
»Sie sehen gut aus, Jack«, stellte Alan fest. »Gesund und kräftig. Der Nordosten scheint Ihnen gutzutun. Nur, dass Sie wieder im Spiel sind, verwundert mich einigermaßen.« Alans Tonfall ließ Besorgnis anklingen. »Als ich das letzte Mal von Ihnen gehört habe, waren Sie noch Schreiner in Colorado. Warum haben Sie den Job aufgegeben?«
Jack wäre liebend gern mit dem herausgerückt, was er von Fletcher wusste, doch stattdessen fragte er nur: »Wie kommt’s, dass Sie hier sind?«
»Sie haben gerade einen Experten für Fingerabdrücke getroffen. Er ist jetzt in einem dieser beiden Transporter, die vollgestopft sind mit neuester Technologie, und wir stehen hier, zwanzig Schritt vom Tatort eines Serienkillers entfernt, der das Zeug hat, die neue Nummer eins des Schwerverbrechens zu werden.« Alan sprach höflich und freundlich. »Und da fragen Sie, warum ich hier bin?«
»Ich kann mich nicht erinnern, die ISU eingeschaltet zu haben.«
»Sie haben Kontakt mit einem unserer Leute aus dem Labor aufgenommen. Ich war zufällig gerade zur Stelle und habe Ihren Namen gehört. Und als man mir sagte, in welcher Sache Sie ermitteln, habe ich mir ein paar Informationen beschafft und mich auf den Weg gemacht.«
»Die ISU hält sich seit einiger Zeit raus aus Ermittlungen. Sie hat nur noch beratende Funktion.«
»Das ist richtig.«
»Trotzdem haben Sie und Ihre Leute den weiten Weg hierher auf sich genommen. Warum? Aus lauter Güte und Barmherzigkeit?«
»Wollen Sie mir sagen, ich brauchte eine Einladung, um einem alten Freund zu helfen?«
»Ich bin nicht Ihr Freund, und Sie haben hier nichts verloren. Packen Sie Ihre Sachen zusammen und verschwinden Sie.«
Alan verzog keine Miene. »Sie sind ebenso wenig zuständig.«
»Stimmt. Wenden Sie sich an den leitenden Ermittler, an Bill Duffy. Er wird Ihnen dasselbe sagen. Auf Wiedersehen.«
Jack drehte sich um und ging. Alan rief ihm nach: »Moment. Warten Sie.«
Alan ergriff Jacks Oberarm und stellte sich vor ihn. »Seien Sie nicht so stur und hören Sie mir eine Minute lang zu, ja?«
Jack starrte ihm in die Augen und versuchte, seine Wut im Zaum zu halten.
Alan steckte beide Hände in die Taschen und suchte nach Worten. »Vor sieben Jahren … es war ein Fehler von mir, dass ich Sie nach dem Fall Slavitt auf Hamilton angesetzt habe«, sagte Alan. »Ich war mir … über das Ausmaß Ihrer Probleme nicht im Klaren, wusste aber sehr wohl, dass Sie psychisch angeschlagen waren, und habe Sie trotzdem mit der Sache beauftragt. Warum? Weil Sie der beste Profiler waren, den ich hatte. Ich konnte mir sicher sein, dass Sie den Kerl zur Strecke bringen. Was Ihnen ja auch gelungen ist. Trotzdem, es war ein Fehler.
Was Ihnen widerfahren ist … Wir waren damals noch nicht entsprechend ausgebildet und haben alle Warnsignale übersehen. Aber inzwischen hat sich einiges geändert. Wir legen großen Wert auf psychologische Betreuung, arbeiten bei Fallanalysen nur noch im Team und sind, wie Sie richtig bemerken, nur noch beratend tätig. Wir sorgen dafür, dass unsere Leute ausreichend Zeit zur Erholung haben und so weiter und so fort. All das sind Maßnahmen, um zu verhindern, dass die Belastungen für den Einzelnen zu groß werden.«
Jack hörte kaum zu. Er hatte Duffy im Auge, der unweit neben einem neutralen Fahrzeug stand und sich mit einem Zivilbeamten unterhielt.
»He, Jack, hören Sie mir eigentlich zu? Ich versuche, Ihnen etwas klarzumachen, und Sie sind mit Ihren Gedanken woanders.«
Jack schaute Alan ins Gesicht.
»Was mit Amanda passiert ist …« Alan stockte und holte Luft. »Ich gebe mir die Schuld daran. Ich hätte Sie zurückpfeifen müssen. Aber im Nachhinein weiß man ja immer alles besser.«
Amandas Namen ausgesprochen zu hören ließ Jacks Wut überkochen. Er ballte seine Fäuste und sah sich schon auf Alan eindreschen. Du verlogenes Stück Scheiße …
Vorsicht.
Lynch räusperte sich. »Mich belastet diese Schuld schon viel zu lange … sie nagt an mir. Um Himmels willen, ich hatte schon meinen zweiten Herzinfarkt.«
»Ja, ich erinnere mich, Ihr Gewissen hat Sie so sehr gequält, dass Sie mich unmittelbar nach der Beisetzung meiner Frau geschasst haben. Aber was soll’s –«
»Hey, damit eines klar ist: Die Entscheidung,
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