Scream
Sie freizustellen, wurde nicht von mir, sondern von meinen Vorgesetzten getroffen. Und ich betone Freistellung, mit allem, was dazugehört: Lohnfortzahlung plus Garantie auf volle Rentenbezüge. Wer, glauben Sie, hat sich dafür eingesetzt? Wer hat dafür gesorgt, dass die Rechnung für Ihre sechs Monate im Krankenhaus bezahlt wurde? Ihre Versicherung war das nicht.«
»Ich hoffe, das hat Ihr Gewissen erleichtert.«
Alan kniff die Brauen zusammen. »Vielleicht sollte ich Ihnen mal ein paar Fakten vor Augen fuhren. Ich habe den Pressefotografen nicht mit bloßen Händen umzubringen versucht. Aber wir mussten dafür geradestehen. Raten Sie mal, wer zur Kasse gebeten wurde, wer dafür gesorgt hat, dass es nicht zum Prozess kam und Ihr Name nicht in die Schlagzeilen geriet? Sie können von Glück sagen, nicht wegen versuchten Mordes vor Gericht gestellt worden zu sein. Und was Ihre sonstigen außerberuflichen Aktivitäten angeht – ach, darüber will ich gar nicht urteilen, aber die Betroffenen haben Nachforschungen angestellt und Dinge zutage gefördert, die Sie ziemlich schlecht aussehen lassen. Trotzdem habe ich mich schützend vor Sie gestellt, dafür könnten Sie mir ein bisschen dankbar sein.«
Jack staunte, wie unverfroren Alan log. Er staunte, war aber nicht überrascht. Zu täuschen und zu betrügen lag diesem Kerl im Blut.
Jack wäre am liebsten gegangen. Lynch hatte hier ohnehin keine Befugnisse, und mit ihm zu reden war sinnlos. Doch das Wissen um seine Absichten hielt Jack zurück.
Vorsicht, meldete sich wieder eine Stimme, die wie die von Fletcher klang.
»Glauben Sie mir, ich bin hier, um zu helfen. Ich will helfen«, fuhr Alan fort. »Sie nutzen bereits unsere Ressourcen, also arbeiten wir praktisch zusammen. Ich würde mir auch gern von Ihnen sagen lassen, wie ich am besten helfen könnte.«
Jack ließ sich mit seiner Antwort Zeit. »Sie haben mich überzeugt, Alan.«
»Gut. Womit fangen wir an?«
»Ich werde morgen Vormittag im Rahmen einer Pressekonferenz mitteilen, dass das FBI meine Ermittlungen unterstützt. Sie können dann den Journalisten Ihre Ansichten über den Sandmann vortragen.«
Jack bemerkte, dass Alans Gesicht eine Spur bleicher wurde und seine Augen bedrohlich aufblitzten. Doch dann hatte er sich schnell wieder gefasst und seine altbewährte steinerne Miene aufgesetzt.
»Die halbe Welt wird zusehen. Es könnte Ihr großer Auftritt sein, Alan.«
»Sie wollen den Killer doch wohl nicht provozieren. Im Ernst, ich finde, Sie sollten im Umgang mit den Medien eher zurückhaltend sein.«
»Wieso?«
»Weil sie über ein paar unschöne Dinge aus Ihrer Vergangenheit informiert sind«, antwortete Alan ruhig und gelassen. »Sie wollen doch wohl nicht, dass auch der Rest bekannt wird, oder?«
»Soll das eine Drohung sein?«
»Ich beschäftige mich mit Tatsachen, und Tatsache ist, dass es Ihnen nicht recht wäre, wenn ich der Presse Rede und Antwort stünde. Es wäre also das Beste, wenn ich in diesem Fall hinter den Kulissen bliebe.«
»Bevor Sie gehen, möchte ich Ihnen Folgendes mit auf den Weg geben. Falls Sie noch einmal bei dem Spielchen, das Sie mit mir zu treiben versuchen, den Tod meiner Frau erwähnen, sollten Sie sich vorher mit Ihrer Unfallversicherung in Verbindung setzen und sicherstellen, dass die Policen bezahlt sind, denn wenn Sie anschließend wieder zu sich kommen, werden Sie sich in einem Krankenhausbett wiederfinden. Haben wir uns verstanden, Widerling?«
»Schön zu sehen, dass Sie doch ganz der Alte geblieben sind«, sagte Alan und ging.
Bill Duffy kam auf Jack zu. In seinem Mundwinkel wippte eine unangezündete Zigarette.
»Was haben Sie denn mit dem angestellt? Der Typ macht ein Gesicht, als wären ihm die Nüsse in einen Schraubstock geraten.«
XXXIX
Der Transporter war zu einer Überwachungsstation ausgebaut. Er enthielt zwei Faxgeräte, Telefonanschlüsse mit der neuesten Verschlüsselungstechnologie und zwei Computer, die mit dem F BI -Labor vernetzt waren. Victor Dragos saß hinter dem Fahrersitz auf einem kleinen Sofa aus schwarzem Leder und hielt einen Telefonhörer am Ohr. Auf seinem Gesicht spiegelte sich das fahle graue Licht der Computerbildschirme.
Alan zog die Tür hinter sich zu und nahm ihm gegenüber auf einem Sessel Platz, während sich draußen die Sprengstoffspezialisten auf ihren Einsatz vorbereiteten.
Mit seinem breiten Kreuz, den sorgfältig gekämmten dünnen Haaren und dem breiten Dauergrinsen im Gesicht sah Dragos aus wie der
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