Scriptum
Moment prallte eine Riesenwelle breitseitig gegen das Boot. Die Brücke erzitterte,
alle griffen Halt suchend um sich. Reilly nutzte die Chance. Er schoss auf Plunkett zu, drückte dessen Hand mit der Waffe
gegen das Steuerpult, versetzte ihm einen Aufwärtshaken und entriss ihm die Waffe. Plunkett holte wütend aus, doch Reilly
wehrte den Schlag ab und schmetterte dem Killer den Pistolenlauf gegen die Stirn. Stumm sackte Plunkett in sich zusammen.
Reilly stopfte sich die Pistole in den Gürtel, schnappte sich eine Schwimmweste, schnallte sie rasch um und lief aufs Deck.
Mit voller Wucht traf ihn der Wind und schleuderte ihn wie eine Puppe gegen das Brückenhaus. Er richtete sich auf und zog
sich mühsam an der Reling entlang, bis er die verschwommene Gestalt des Monsignore ausmachen konnte, der sich zielstrebig
zum Vordeck kämpfte, wo die Kanone angebracht war. Dazwischen aufgewühltes Meer.
Er versuchte, die Augen mit der Hand abzuschirmen, und konnte einige hundert Meter entfernt die heftig schlingernde
Savarona
entdecken.
Reilly erstarrte. Auf dem Deck unterhalb des Ruderhauses erschien eine kleine Gestalt, die sich verzweifelt an die Reling
klammerte.
Das konnte nur Tess sein.
Tess eilte durch den Niedergang. Sie konnte kaum noch klar denken, das Blut pochte ihr in den Ohren. Fieberhaft überlegte
sie, wo sie die Axt gesehen hatte.
Da, an der Wand neben der Kombüse.
Binnen Sekunden hatte sie eine Schwimmweste umgeschnallt, tief Luft geholt und sich für das gewappnet, was nun kam. Sie riss
die wasserdichte Tür auf, trat über die Schwelle und stürzte sich in das entfesselte Unwetter.
Vance würde sich nicht aus dem Cockpit trauen, das stand für sie fest. Sie umklammerte die Axt mit einer Hand, hielt sich
mit der anderen fest und tastete sich vorsichtig über das Hauptdeck, wobei sie einige Rettungsringe löste und über Bord warf.
Vielleicht würden sie den Tauchern helfen.
Eine riesige Welle brach sich am Bug. Tess schlang die Arme um die Reling, bevor die Wasserwand sie mit voller Wucht traf
und das ganze Deck überflutete. Tess spürte, wie das Deck unter ihr wegsackte, als die
Savarona
vom Wellenkamm kippte und schwer ins Tal prallte. Sie stemmte sich hoch und sah durch die Strähnen, die ihr im Gesicht klebten,
den Falken, der wild über dem Deck hin und her schwang. Sie rutschte zum Fuß des Krans, wo das Drahtseil über die Winde lief,
und schaute zum Ruderhaus hoch.
Durch die Gischt war Vance’ besorgtes Gesicht zu erkennen. Tess nahm allen Mut zusammen, hob die Axt und schwang sie mit voller
Kraft gegen das straffe Seil. Die Axt prallte ab und rutschte ihr fast aus der Hand. Vance stürzteaus dem Ruderhaus, gestikulierte und riss entsetzt den Mund auf, doch das Heulen des Windes übertönte seine Stimme. Tess holte
erneut aus. Eine Faser riss, dann noch eine, während sie immer wieder mit der Axt gegen das Stahlseil hieb.
Vance sollte die Figur nicht bekommen. Nicht so. Nicht um diesen Preis. Sie war eine Närrin gewesen, ihm überhaupt eine Chance
zu geben. Es war an der Zeit, den Schaden wieder gutzumachen.
Die letzte Faser riss, und als die
Savarona
sich unvermittelt nach Backbord neigte, stürzte der Falke ins Meer.
Tess zog sich Stück für Stück über das schiefe Deck, geduckt, damit Vance sie nicht bemerkte. Sie warf einen raschen Blick
nach hinten und sah die Bojen aus dem schäumenden Wasser auftauchen. Atemlos wartete sie, ob der Falke noch daran befestigt
war, und seufzte erleichtert, als sie die geschwungene braune Form zwischen den Ballons der Bojen aufragen sah.
Ihr Hochgefühl verflog rasch. Ein Stakkato kleiner Explosionen erschütterte die
Savarona
. Tess ging in Deckung. Das Patrouillenboot hatte das Feuer auf sie eröffnet.
Reilly stürzte durch Gischt und Sturm hinter De Angelis her.
Die
Karadeniz
kämpfte um ihre Position, während die Besatzung des Rettungsboots einen der ausgesetzten Taucher in ein festes Schlauchboot
hievte und der andere sich verzweifelt an eine Schwimmweste klammerte, bis sie auch ihn geborgen hatten.
Schließlich erreichte der Monsignore das Vordeck. Binnen Sekunden hatte er sich zwischen den halbrunden, gepolsterten Schulterstützen
positioniert. Er löste die Sperreder Furcht einflößenden Waffe, schwang sie herum, zielte auf das Tauchschiff und feuerte eine Salve 2 3-mm -Brandgeschosse ab.
«Nein!», brüllte Reilly und kletterte über das Geländer auf das Geschützdeck. Trotz des
Weitere Kostenlose Bücher