Scudders Spiel
sich, holte tief Atem, brachte ein schiefes Lächeln zuwege. »Aber als Realität gespielt. Würdest du nicht auch sagen?«
Er ließ die Waffe langsam sinken, lehnte sich gegen die Wand. Seine Hände zitterten, sein ganzer Körper. Draußen fing ein Lautsprecher an zu lärmen.
»Scudder, Scudder Laznett? Hier spricht Ev Scannel. Ich weiß, daß Sie da drinnen sind, Scudder. Ich weiß es, weil Ihr Junge es mir gesagt hat.«
Der alte Mann stieß sich von der Wand ab, richtete sich auf. Er war wieder der alte, wachsam und ruhig. »Laß die Tür weit offen, wenn du gehst! Ich muß den Treppenabsatz überblicken können.«
»Aber …«
»Allmächtiger Gott, Junge, tu, was ich dir sage! Du würdest mir nur im Wege sein. Siehst du das nicht?«
Draußen eiferte der Lautsprecher weiter. »Scudder? Jetzt sind Sie dran, wissen Sie das? Ihr Junge hat gute Arbeit geleistet. Wir wissen alles über die Bomben, die Sie da drinnen verstaut haben. Ich sage Ihnen, Scudder, Ihr Junge hat richtig gute Arbeit geleistet …«
Pete blickte von seinem Vater zum Fenster und wieder zurück. Scudder hatte recht, hier gab es nichts mehr für ihn zu tun. Vielleicht unten in der Zufahrt … Er ging zur offenen Tür, wandte sich noch einmal zurück. »Mutter ist in der Küche. Ich versuchte sie zu überreden, daß sie …«
»Laß sie in Ruhe!« Scudder stand am vergitterten Fenster und spähte hinab. Die Zufahrt war hinter der Ecke des Hauses außer Sicht. »Maudie ist in Ordnung. Sie weiß, was sie zu tun hat.«
Ja. Sie hatte auch ihre Spiele. Andere Spiele. Pete verließ ihn, ging schnell den Korridor entlang und lief die Treppe hinunter. Er war nicht bei Sinnen – zumindest hätte er nicht bei Sinnen sein sollen … Oder was hätte er sein sollen? In der Eingangshalle verhielt er. Vielleicht sollte er noch einmal versuchen, mit seiner Mutter zu sprechen. – Nein, wenn er überhaupt gebraucht wurde, dann draußen vor dem Haus. Er ging zur Tür, öffnete sie und trat hinaus auf die überdachte Veranda.
Ein betäubender Lärmstoß schlug ihm entgegen: »Halt, Mister! Ich sagte, halt! Bleiben Sie stehen!«
Er beschirmte die Augen gegen die Sonne. Auf der Zufahrt standen zwei gelbe Polizeiwagen vor den Kiefern. Zwei? Er ging langsam die Stufen hinunter auf sie zu.
»Halt, habe ich gesagt!«
Er blieb nicht stehen. »Sie sind ein Haufen Scheiße, Ev Scannel.«
Scannel saß im vorderen Wagen, das Mikrofon an den Lippen. Ein zweiter Mann, der an dem zweiten Wagen lehnte, richtete sich auf und trat ihm entgegen. »Das reicht.« Seine Stimme, unverstärkt, verschaffte sich in der Stille mit Leichtigkeit Gehör. »Ich bin Leutnant Harker. Peter Laznett?«
»Der bin ich.« Gott sei Dank. Pete eilte auf ihn zu. »Tut mir leid, ich hätte das nicht sagen sollen. Nur …«
»Sie haben verdammt recht, daß Sie es nicht hätten sagen sollen.«
Leutnant Harker war groß, in einem hellen sommerleichten Anzug, mit anliegendem, eingeöltem Haar und hagerem, wettergegerbtem Gesicht. In der hohlen Hand hielt er eine Zigarette, die er fallen ließ und mit dem Absatz im Kies zertrat, als Pete ihn erreichte. »Ist Ihr Vater dort drinnen?«
»Ja. Im Obergeschoß.« Pete zeigte hinauf. »In dem Zimmer dort um die Ecke.«
Harker blickte hinauf, versuchte die Situation abzuschätzen. »Wird er Schwierigkeiten machen?«
»Ich weiß nicht. Kommt darauf an. Er …«
Auf dem Dach des vorderen Wagens, nahe bei ihren Köpfen, schmetterte Scannels Lautsprecher von neuem los: »Scudder? Ich habe jetzt Ihren Jungen hier draußen, Scudder. Was Sie treiben, gefällt ihm genauso wenig wie mir. Also, geben Sie auf, Mann! Sie zappeln im Netz, Scudder, und wissen es selbst. Kommen Sie zur Vernunft und tun Sie sich selbst einen Gefallen …«
Pete wartete, bis die Echos verhallt waren, wandte sich zu Harker. »Glauben Sie, dieser fette Esel hilft der Sache?«
Harker sah ihn aus schmalen Augen an. »Ich habe etwas gegen Ihre Wortwahl, Laznett.«
»Zum Teufel mit meiner Wortwahl! Sie sehen so gut wie ich, daß es ein persönlicher Groll ist. Wenn Sie meinen Vater ohne Aufhebens da herausholen wollen, werden Sie ihm diesen Mann aus dem Genick nehmen müssen.«
Der Leutnant tastete seine Taschen ab, fand eine Packung Zigaretten, klopfte eine heraus, zündete sie an. Er betrachtete Pete durch eine blaue Rauchwolke, dann beugte er sich zum Fenster des vorderen Wagens. Er und Scannel sprachen längere Zeit mit gedämpften Stimmen. Schließlich trat er zurück, und
Weitere Kostenlose Bücher