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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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verurteilt, genau wie es in anderen Städten der Fall war. Bei diesem Konflikt geht es um Informationen, oder genauer gesagt, um falsche Informationen. Die Priester betreiben eine Kampagne der Täuschung. In der Pannionischen Domäne herrscht trotz all der Gesetze und der Ordnung, die es dort geben soll, eine Willkürherrschaft, die von einem außergewöhnlichen Maß an Grausamkeit den eigenen Leuten gegenüber geprägt ist. Zweifellos habt Ihr schon Geschichten von den Tenescowri gehört, jener Armee des Sehers, die nur aus Habenichtsen und Verlassenen besteht – und nichts von alledem, was ihr über sie gehört habt, ist übertrieben. Es sind Kannibalen, Schänder der Toten – «
    »Die Kinder des Toten Samens.« Ein Mann, der sich jetzt nach vorn beugte, hatte das gesagt. »Ist das wirklich wahr? Ist das denn überhaupt möglich? Dass Frauen auf die Schlachtfelder ausschwärmen und Soldaten besteigen, deren Leichen noch nicht kalt – «
    Keruli machte ein düsteres Gesicht und nickte. »Unter den Jüngsten, die zu den Tenescowri gehören … ja, da sind die Kinder des Toten Samens. Ein einmaliger Beweis dessen, was möglich ist.« Er machte eine kurze Pause und fuhr dann fort. »Die Domäne hat ihre geheiligten Gläubigen, die Bürger der ursprünglichen pannionischen Städte, denen all die Rechte und Privilegien gewährt werden, von denen die Priester sprechen. Niemand anders kann diese Bürgerrechte erlangen. Nicht-Bürger sind weniger als Sklaven, denn sie sind Gegenstand – das Ziel – jeder nur vorstellbaren Grausamkeit, ohne Hoffnung auf Barmherzigkeit oder Gerechtigkeit. Sich unter die Tenescowri zu mischen, ist ihr einziger Ausweg, die Möglichkeit, mit der Unmenschlichkeit umzugehen, die ihnen aufgebürdet wurde. Sollte die Domäne diese Stadt unterjochen, dann werden sämtliche Bürger Saltoans aus ihren Heimen vertrieben und ihres ganzen Besitzes beraubt werden. Man wird ihnen Nahrung und sauberes Wasser verweigern. Barbarei wird der einzige Pfad sein, der ihnen noch offen steht – als Mitglieder der Tenescowri.
    Ihr Herren und Herrinnen, wir müssen diesen Krieg mit der Waffe der Wahrheit kämpfen, wir müssen die Lügen der pannionischen Priester offen legen. Dies erfordert eine ganz besondere Art von Organisation ebenso wie die aufmerksame Beobachtung der Feinde und die Verbreitung selbst erfundener Gerüchte. Aufgaben, in denen Ihr Euch alle auszeichnet, meine Freunde. Das gemeine Volk selbst muss die Priester aus Saltoan vertreiben. Und zu diesem Entschluss muss es gebracht werden, aber nicht mit Fäusten und Knüppeln, sondern mit Worten.«
    »Wieso seid Ihr so sicher, dass es klappen wird?«, wollte ein Bandenführer wissen.
    »Euch bleibt gar nichts anderes übrig, als dafür zu sorgen, dass es klappen wird«, erwiderte Keruli. »Wenn Ihr scheitert, werdet Ihr zusehen müssen, wie Saltoan an die Pannionier fällt.«
    Keruli redete weiter, doch Grantl hörte nicht mehr zu. Aus halb geschlossenen Augen musterte er den Mann, der sie angeheuert hatte. Ein Zwischenhändler hatte den Kontrakt in Darujhistan vermittelt. Grantl hatte seinen neuen Herrn das erste Mal frühmorgens vor dem Sorgentor gesehen, zum vereinbarten Zeitpunkt kurz vor ihrem Aufbruch. Keruli war zu Fuß gekommen, in den Gewändern, die er auch jetzt anhatte. Der Wagen war nur wenige Augenblicke nach Kerulis Eintreffen geliefert worden, von einem örtlichen Verleiher. Keruli war rasch eingestiegen, und von jenem Augenblick an hatte Grantl seinen Herrn auf dieser langen, ermüdenden Reise nur noch zweimal gesehen – und mit ihm gesprochen.
    Ich war zu dem Schluss gekommen, dass er ein Magier ist. Aber jetzt glaube ich, er ist eher ein Priester. Ich frage mich nur, vor welchem Gott er wohl niederkniet? Es gibt keine offensichtlichen Hinweise. Ich vermute, dass das allein schon genug aussagt. Es gibt überhaupt nichts Offensichtliches an Keruli, vielleicht mit Ausnahme der unerschöpflichen Schatztruhe, mit deren Hilfe er seine Großzügigkeit finanziert. Hat es in Darujhistan in letzter Zeit irgendwelche neuen Tempel gegeben? Kann mich nicht erinnern – oh doch, da ist einer, im Gadrobi-Viertel. Der ist Treach geweiht, wobei ich allerdings nicht verstehe, wieso irgendjemand daran interessiert sein sollte, den Tiger des Sommers anzubeten –
    »-Morde.«
    »Die letzten beiden Nächte ist es allerdings ruhig gewesen.«
    Die Herren und Herrinnen unterhielten sich miteinander. Keruli schwieg, doch er beobachtete alles sehr

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