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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Herrschenden Rang erreicht hatte. Der Unterschied war der: Während Rath’Fener den Ehrgeiz hatte, vor dem Eber-Umhang zu knien und demütig den Titel eines Destriant anzunehmen, der so lange nicht mehr vergeben worden war, hatte Karnadas dies bereits erreicht.
    Karnadas hätte Rath’Fener in die Schranken weisen können, indem er einfach seine eigene Position in der Hierarchie der Sterblichen enthüllt hätte. In die Schranken weisen? Ich könnte den Bastard mit einer einzigen Geste absetzen. Doch Brukhalian hatte ihm diese süße Offenbarung verboten. Und in dieser Hinsicht ließ sich das Todbringende Schwert auch nicht beeinflussen. Dies war nicht der rechte Zeitpunkt für einen solchen Spielzug, hatte Brukhalian gesagt. Geduld, Karnadas, die Zeit wird kommen …
    Aber das war nicht leicht zu akzeptieren …
    »Ist es eine angenehme Nacht, Destriant?«
    »Ah, Itkovian, ich habe Euch in diesem Zwielicht gar nicht gesehen. Heute Nacht wütet der Sturm des Ebers. Aber sagt, wie lange steht Ihr schon da, Schild-Amboss?« Wie lange starrst du deinen Hohepriester schon an – auf diese kalte, verschlossene Weise, die so typisch für dich ist? Düsterer Itkovian, wirst du jemals dein wahres Seihst enthüllen?
    Es war unmöglich, in der Dunkelheit den Gesichtsausdruck seines Gegenübers zu erkennen. »Erst wenige Augenblicke, Destriant.«
    »Findet Ihr etwa keinen Schlaf?«
    »Nicht wenn ich ihn suche.«
    Karnadas musterte den Schild-Amboss in seinem blauen, gepanzerten Wappenrock unter dem grauen Regenumhang und den bis zum Handgelenk reichenden Stulpenhandschuhen, die jetzt vom Regen schwarz und glitschig waren, und nickte langsam. »Mir war nicht klar, dass es schon so bald dämmern wird. Glaubt Ihr, Ihr werdet lange unterwegs sein?«
    Itkovian zuckte die Schultern. »Wohl kaum, wenn sie tatsächlich in großer Zahl den Fluss überquert haben. Wie auch immer, ich muss mich auf zwei Flügel beschränken. Sollten wir auf mehr stoßen als auf Kundschafter-Trupps, werden wir die ersten Schläge gegen die Domäne führen.«
    »Endlich«, sagte der Destriant, dann verzog er das Gesicht, als eine neue Windböe über die Brustwehr strich.
    Einige Zeit blieb es still.
    Schließlich räusperte sich Karnadas. »Was, wenn ich fragen darf, hat Euch dann hier heraufgeführt, Schild-Amboss?«
    »Das Todbringende Schwert ist von dem letzten Treffen zurückgekehrt und möchte jetzt mit Euch sprechen.«
    »Und er sitzt geduldig da und wartet, während wir hier ein bisschen plaudern?«
    »Ich denke schon, Destriant.«
    Die beiden Grauen Schwerter wandten sich der Wendeltreppe im Innern des Turms zu. Begleitet von Wasserfäden, die an den Wänden hinunterrannen, stiegen sie die schlüpfrigen, ausgetretenen Stufen hinab. Drei Absätze tiefer konnten sie ihren Atem sehen. Vor dem Eintreffen der Söldnerkompanie, waren diese Unterkünfte fast ein Jahrhundert lang praktisch nicht bewohnt worden. Die Kälte, die in die alte Festung und ihre dicken Mauern eingesickert war, widersetzte sich allen Bemühungen, sie zu vertreiben. Das Bauwerk war eines der größeren von Capustan und eines der ältesten; es war sogar älter als die Daru-Festung, die jetzt der Knecht genannt wurde und in der der Maskenrat residierte. Nur Fürst Jelarkans Palast war noch älter. Und der ist nicht von Menschenhand erbaut worden, oh nein, ganz sicher nicht. Das schwöre ich bei Feners struppigem Buckel.
    Als sie den Erdboden erreicht hatten, stieß Itkovian die quietschende Tür auf, die direkt in die große Rundhalle führte. In dem riesigen, kaum möblierten Zimmer stand das Todbringende Schwert Brukhalian allein und reglos vor dem Kamin; trotz seiner enormen Größe und Statur hatte er beinahe etwas Geisterhaftes. Er wandte den beiden Neuankömmlingen den Rücken zu, über den sein langes, welliges schwarzes Haar fast bis zu den gegürteten Hüften fiel.
    »Rath’Trake glaubt«, sagte der Kommandant mit grollender Stimme, ohne sich umzudrehen, »dass auf der Ebene westlich der Stadt unwillkommene Eindringlinge aufgetaucht sind. Dämonische Erscheinungen.«
    Karnadas öffnete die Spange seines Umhangs und schüttelte das Wasser ab. »Rath’Trake, habt Ihr gesagt. Ich muss zugeben, ich verstehe den plötzlichen Anspruch des Tigers auf wahre Göttlichkeit nicht. Dass der Kult eines Ersten Helden es geschafft hat, sich den Weg in einen Rat der Tempel zu bahnen – «
    Brukhalian drehte sich langsam um, heftete den Blick seiner sanften braunen Augen auf den

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