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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
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hinüber. »Bei den Eiern des Vermummten, Mädchen, was – «
    »Na was wohl! Sie sind über uns hinweggefegt, durch das Tor, die Türme hoch, über die verdammten Mauern.« Ihr Kopf zuckte zurück, als hätte sie gerade einen unsichtbaren Hieb abbekommen. Eine merkwürdige Ruhe lag plötzlich in ihrem Blick. »Wir haben um jeden Raum gekämpft. Mann gegen Mann. Ein Domänenser hat mich zu fassen gekriegt – « Ein erneutes Zucken durchlief ihren Körper. »Aber der Schweinehund hat mich am Leben gelassen. Also hab ich ihn gesucht und zur Strecke gebracht. Komm, gehen wir!« Sie fuchtelte mit ihrem linkshändig geführten Dolch vor Grantl in der Luft herum, als sie weitereilten, besprühte seine Brust und sein Gesicht mit Gallenflüssigkeit und wässriger Scheiße. »Ich habe ihm das Innerste nach außen gekehrt, und verdammt will ich sein, wenn er nicht gebettelt hat.« Sie spuckte aus. »Aber mir hatte das auch nichts genützt – wieso sollte es ihm dann was nützen? Was für ein Idiot! Was für ein erbärmlicher, winselnder …«
    Grantl, der hinter ihr herrannte, brauchte ein paar Herzschläge, bis er begriff, was sie da sagte. Oh, Stonny …
    Ihre Schritte wurden plötzlich langsamer, ihr Gesicht blass. Sie drehte sich um und sah ihn voller Entsetzen an. »Das hier sollte doch ein Kampf sein. Ein Krieg. Dieser Schweinehund – « Sie lehnte sich gegen die Mauer. »Oh, ihr Götter!«
    Die anderen rannten weiter, zu benommen, um zu bemerken, dass einer von ihnen stehen geblieben war – oder vielleicht auch schon zu abgestumpft, um sich darum zu kümmern.
    Grantl trat zu ihr. »Du hast ihm das Innerste nach außen gekehrt, wie?«, fragte er sanft, wagte jedoch nicht, die Hand auszustrecken und sie zu berühren.
    Stonny nickte, die Augen fest zugekniffen; sie atmete in rasselnden, keuchenden Zügen.
    »Hast du mir ein bisschen was von ihm übrig gelassen, Schätzchen?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Schade. Aber egal, ein Domänenser ist so gut wie der andere.«
    Stonny trat einen Schritt vor, drückte ihr Gesicht an seine Schulter. Er schlang die Arme um sie. »Komm, machen wir, dass wir hier wegkommen, Schätzchen«, murmelte er. »Ich habe ein sauberes Zimmer, mit einer Waschschüssel und einem Ofen und einem Krug voller Wasser. Es ist nicht allzu weit von der Nordmauer entfernt und daher sicher; es liegt am Ende eines Korridors, und es gibt nur einen Weg hinein. Ich stelle mich vor die Tür, Stonny, so lange du willst. Niemand wird an mir vorbeikommen. Das verspreche ich dir.« Er spürte, wie sie nickte, und umfasste sie etwas tiefer, um sie hochzuheben.
    »Ich kann laufen.«
    »Na klar, aber die Frage ist, ob du das auch willst, Schätzchen?«
    Nach einem langen Augenblick schüttelte sie den Kopf.
    Grantl hob sie mühelos hoch. »Mach ein Nickerchen, wenn du willst«, sagte er. »Bei mir bist du sicher.«
    Er stieß sich von der Mauer ab und setzte sich in Bewegung. Stonny kauerte sich in seinen Armen zusammen, presste ihr Gesicht gegen seine Tunika, und der grobe Stoff wurde an dieser Stelle immer feuchter.
    Hinter ihnen starben die Scalandi zu Hunderten; die Grauen Schwerter und die Capanthall richteten ein wahres Gemetzel unter ihnen an.
    Er wollte dort hinten sein. In der ersten Reihe. Ein Leben nach dem anderen auslöschen.
    Ein Domänenser war nicht genug. Tausend würden nicht genug sein.
    Später.
    Er fühlte, wie er innerlich kälter wurde, als hätte sein Blut sich verändert, wäre nun etwas anderes, das in einem unerbittlichen Kreislauf durch seine Adern floss und seine Muskeln mit einer merkwürdigen, nicht nachlassenden Kraft versorgte. So etwas hatte er noch nie gespürt, doch er war über den Punkt hinaus, an dem er darüber nachgedacht hätte. Es gab keine Worte dafür.
    Ebenso wenig – das sollte er bald entdecken –, wie es Worte für das gab, was aus ihm werden und was er tun würde.
     
    Die Vernichtung der K’Chain Che’Malle durch die Kron T’lan Imass und die untoten Ay hatte den Septarchen und seine Streitkräfte in Unordnung gebracht, genau wie Brukhalian es vorausgesagt hatte. Die daraus resultierende Verwirrung und Unbeweglichkeit hatten Schild-Amboss Itkovian ein paar weitere Tage für seine Vorbereitungen auf die bevorstehende Belagerung beschert. Jetzt jedoch war die Zeit der Vorbereitungen vorbei, und es oblag Itkovian, sich als Befehlshaber um die Verteidigung der Stadt zu kümmern.
    Es würden keine T’lan Imass und keine T’lan Ay zu ihrer Rettung kommen. Und es

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