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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
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dich so entsetzt, gesprochen haben, und dir dann ein rasches Ende gewähren. Da du unser Gefangener bist, ist das unser Recht. Und vielleicht wirst du schließlich doch noch von deiner Nemesis verschont.« Er sah Bruth und die anderen an. »Ist das annehmbar?«
    »Ja«, sagte Dujek grollend, den Blick auf Elster geheftet.
    »Einverstanden«, sagte Bruth.
    Anaster machte einen verzweifelten Versuch, einem der Tiste Andii neben ihm den Dolch zu entreißen, doch er wurde ohne Mühe abgewehrt. Daraufhin brach der Junge weinend zusammen und sank auf die Knie; sein dürrer Leib wurde von Schluchzern geschüttelt.
    »Am besten schafft ihr ihn fort«, sagte Anomander Rake und betrachtete die gebrochene Gestalt. »Das ist kein Theater.«
    Das war für alle Anwesenden offensichtlich.
    Elster lenkte sein Pferd an Dujeks Seite.
    Der alte Mann nickte ihm grüßend zu und murmelte dann: »Das war verdammtes Pech.«
    »Das war es.«
    »Aus der Ferne hat es ausgesehen – «
    »Es hat schlimm ausgesehen, Hohefaust, weil es schlimm war.«
    »Verstehe. Elster, ich kann deinen … deinen Gnadenakt nachvollziehen. Rakes Schwert … aber, verdammt noch mal, hättest du denn nicht warten können?«
    Erklärungen und vernünftige Rechtfertigungen schwirrten Elster durch den Kopf, doch er sagte nur ein einziges Wort. »Nein.«
    »Hinrichtungen erfordern bestimmte Vorgehensweisen – «
    »Dann degradiert mich, Hohefaust.«
    Dujek zuckte zusammen, schaute weg. Er seufzte schwer. »So habe ich das nicht gemeint, Elster. Ich kenne die Bedeutung dieser Vorgehensweisen gut genug – und vor allem auch den wahren Grund für ihre Existenz. Wenn man bei besonders brutalen Taten die Erfordernisse teilt – «
    »Verringert das die persönlichen Kosten, ja«, beendete Elster leise den Satz. »Anomander Rake hätte ganz sicher kein Problem damit gehabt, seiner legendären Liste diese paar Seelen hinzuzufügen. Doch stattdessen habe ich sie genommen. Ich habe seine persönlichen Kosten verringert. Eine dürftige Leistung, zugegeben, und eine, um die er mich nicht gebeten hat. Aber es ist geschehen. Es ist erledigt.«
    »Das ist alles andere als erledigt«, knurrte Dujek. »Ich bin dein Freund – «
    »Nein.« Bei uns besteht kein Risiko, dass wir die Klingen kreuzen, also gibt es hier auch nichts zu teilen. »Nein«, wiederholte er. Diesmal nicht.
    Er konnte beinahe hören, wie Dujek mit den Zähnen knirschte.
    Korlat gesellte sich zu ihnen. »Das ist schon ein merkwürdiger junger Mann, dieser Bursche namens Anaster.«
    Die beiden Malazaner drehten sich bei diesen Worten zu ihr um.
    »Überrascht Euch das?«, fragte Dujek.
    Sie zuckte die Schultern. »In der Dunkelheit seiner Seele lag vieles verborgen, Hohefaust. Mehr als nur das Gesicht eines Soldaten. Er konnte es nicht ertragen, seine Armee anzuführen. Konnte es nicht ertragen, den Hunger mit anzusehen, den Verlust und die Verzweiflung. Und war daher entschlossen, sie in den Tod zu schicken, in die absolute, endgültige Vernichtung. Es sollte ein Akt der Barmherzigkeit sein. Um die Leidenden zu erlösen.
    Was ihn selbst betrifft – nun, er hat Verbrechen begangen, die nur mit dem Tode bestraft werden können. Eine Hinrichtung durch die Überlebenden unter seinen Opfern. Aber er sucht nicht einfach nur den Tod – er sucht mehr, etwas anderes. Er sucht nach Verdammnis als Strafe. Ewig währende Verdammnis. Einen solchen Selbsthass kann ich nicht ergründen.«
    Aber ich kann es, denn ich fühle mich, als ob ich selbst am Rand dieses steilen Abhangs herumtorkele. Noch ein Fehltritt … Elster blickte hinüber zu den malazanischen Legionen, die immer noch auf dem entfernten Hügelkamm standen. Ihre Rüstungen und Waffen blitzten in der Sonne auf und ließen seine Augen tränen.
    Dujek lenkte sein Pferd weg, ritt wieder zu Artanthos, Bruth und Kallor hinüber.
    Elster blieb allein mit Korlat zurück.
    Sie streckte den Arm aus, berührte seine gepanzerte Hand.
    Er konnte ihr nicht in die Augen sehen, sondern musterte weiterhin die reglos dastehenden Reihen seiner Soldaten.
    »Mein Liebster«, murmelte sie. »Diese Frauen – sie waren weder schutzlos noch hilflos. Die Macht, derer sie sich bedient haben, kam aus dem Chaos-Gewirr. Der erste Angriff meines Lords hätte sie eigentlich vernichten müssen; stattdessen hat er sie nur für kurze Zeit betäubt. Sie hatten schon wieder angefangen, sich zu erholen. Und wenn ihre Macht wieder erwacht wäre, hätten sie die Verwüstung entfesselt. Hätten

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