SdG 05 - Der Tag des Sehers
Wahnsinn und Tod über deine Armee gebracht. Dieser Tag hätte mit einer Niederlage enden können.«
Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Ich hadere nicht mit der Notwendigkeit«, sagte er.
»Mir scheint … du tust es doch.«
»Krieg hat seine Notwendigkeiten, Korlat, und das habe ich immer verstanden. Ich habe den Preis immer gekannt. Aber heute – vorhin – ist mir noch etwas anderes klar geworden. Krieg ist kein natürlicher Zustand. Krieg ist eine Belastung, und eine verdammt ungesunde noch dazu. Indem wir uns seinen Regeln unterwerfen, geben wir freiwillig unsere Menschlichkeit preis. Erzähle mir nichts von gerechten Gründen, von würdigen Zielen. Wir alle löschen Leben aus. Wir sind allesamt Diener des Vermummten.«
»Die Frauen des Toten Samens hätten Hunderte getötet, vielleicht sogar Tausende, Elster – «
»Und ich habe zu meiner Zeit das Gleiche befohlen, Korlat. Was für einen Unterschied gibt es also zwischen uns?«
»Du fürchtest dich nicht vor den Fragen, die auf solche Taten folgen«, sagte sie. »Diejenigen, die du dir freiwillig selbst stellst. Vielleicht betrachtest du das als selbstzerstörerische Unbarmherzigkeit, aber ich betrachte es als Mut – als wirklich außergewöhnlichen Mut. Ein weniger tapferer Mann hätte meinen Lord diese ungehörige Aufgabe allein bewältigen lassen.«
»Das sind sinnlose Worte, Korlat. Die Armee, die da drüben steht, ist Zeuge geworden, wie ihr Kommandant mehrere Morde begangen hat – «
Korlats gezischte Erwiderung erschütterte ihn zutiefst. »Wage es nicht, sie zu unterschätzen!«
»Sie zu untersch – «
»Ich habe inzwischen viele von deinen Soldaten kennen gelernt, Elster. Sie sind keine Narren. Vielleicht können viele von ihnen – wenn nicht die meisten – ihr vollstes Verständnis nicht mit Worten ausdrücken, aber verstehen tun sie dennoch. Glaubst du nicht, dass sie alle – jeder Soldat, jede Soldatin, auf seine oder ihre Weise – schon einmal eine ähnliche Entscheidung treffen mussten, wie du sie heute Morgen getroffen hast? Dass sie alle schon einmal an einem Wendepunkt in ihrem Leben gestanden haben? Und sie alle spüren die Narbe noch immer in ihrem Innern.«
»Ich kann wenig – «
»Elster, hör mir zu. Sie sind Zeugen geworden. Sie haben gesehen – und sie haben Bescheid gewusst. Verdammt, ich weiß das, denn ich habe dasselbe gespürt. Sie haben für dich gelitten. Mit jedem brutalen Hieb haben sie gespürt, wie die alten Wunden in ihrem Innern vor Mitgefühl vibrieren. Kommandant, deine Scham ist eine Beleidigung. Leg sie ab, oder du wirst deinen Soldaten eine Wunde zufügen, die tiefer ist als alle anderen.«
Er starrte zu ihr hinunter. »Wir sind kurzlebige Wesen«, sagte er nach einer langen Pause. »Unseren Leben fehlt diese Komplexität.«
»Bastard. Erinnere mich daran, mich nie wieder bei dir zu entschuldigen.«
Er warf noch einmal einen Blick auf die malazanischen Legionen. »Ich fürchte mich immer noch davor, ihnen aus der Nähe in die Gesichter zu sehen«, murmelte er.
»Die Distanz zwischen dir und ihnen hat sich bereits geschlossen, Elster. Deine Armee wird dir bis in den Abgrund folgen, solltest du es befehlen.«
»Und das ist der erschreckendste Gedanke, der heute ausgesprochen wurde.«
Sie antwortete nicht.
Ja, Krieg ist eine Belastung – bis zum Äußersten. Hart, aber einfach. Es ist kein Ort für Menschlichkeit, oh nein, ganz und gar nicht. »Dujek war nicht erfreut«, meinte er.
»Dujek will seine Armee am Leben erhalten.«
Sein Kopf ruckte herum.
Ihre Augen musterten ihn, kühl und abschätzend.
»Ich habe kein Interesse daran, mir seine Autorität anzueignen–«
»Das hast du gerade getan, Elster. Zum Abgrund mit Laseens Furcht vor dir, aber gerade eben ist die natürliche Ordnung wiederhergestellt worden. Mit Dujek konnte sie umgehen. Deswegen hat sie dich degradiert und ihm den Oberbefehl übertragen. Bei den Göttern, manchmal kannst du verdammt schwer von Begriff sein.«
Er starrte sie finster an. »Wenn ich so eine Bedrohung für sie bin, warum hat sie mich dann nicht – « Er unterbrach sich, klappte den Mund zu. Oh, beim Vermummten. Fahl. Darujhistan. Es ging ihr gar nicht darum, die Brückenverbrenner ins Verderben zu schicken. Sie wollte mich vernichten.
»Sei vorsichtig mit deinem Vertrauen, mein Liebster«, sagte Korlat. »Es könnte sein, dass dein Glaube an die Ehre gegen dich eingesetzt wird.«
Er spürte, wie er innerlich zu Eis erstarrte.
Oh, beim
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